Das Ende des Pumpspeicherwerks Atdorf im Hotzenwald

Grafik: Schluchseewerk AG

Nachdem der Partner RWE schon vor drei Jahren ausgestiegen war hat jetzt auch der EnBW-Konzern das Projekt beerdigt

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Als dritte Anlage der zur Schluchseewerk AG zählenden Hotzenwaldgruppe im Südschwarzwald wurde das Pumpspeicherwerk Atdorf bereits in den 1970er-Jahren im Auftrag des damals noch in Freiburg im Breisgau ansässigen Unternehmens konzipiert.

Die konkrete Planung wurde jedoch immer wieder verschoben und jetzt offensichtlich endgültig gestoppt. Das mag von Einsprüchen aus dem Bereich des Umweltschutzes ausgelöst worden sein, welche die Auflagen für die Realisierung des Pumpspeicherwerks in unwirtschaftliche Höhen getrieben haben könnten. Das Ende hat jedoch nicht zuletzt mit den Änderungen in der Erzeugerstruktur der Elektrizitätsversorgung zu tun. Wo bislang nur wenige zentrale Großkraftwerke ihre Stromerzeugung einspeisten, wird dies inzwischen von tausenden Kleinerzeugern geleistet.

Die Schluchseewerk AG in Kürze

Die Schluchseewerk AG wurde im Jahre 1928 gegründet. Ihr Hauptsitz befand sich bis 2006 in Freiburg und wurde dann nach Laufenburg am Hochrhein verlagert. Die Geschichte der Pumpspeicherwerke der Schluchseewerk AG begann noch zu Zeiten des EnBW-Vorgängerunternehmens Badenwerk mit Inbetriebnahme der Oberstufe Häusern als erster Einheit der dreistufigen Kraftwerkskaskade zwischen Schluchsee und Rhein im Jahre 1931. Über die weiteren Kraftwerke Witznau und Waldshut erreicht das Wasser nach etwa 27 Kilometern und 600 Metern Fallhöhe den Hochrhein.

Später folgten in der sogenannten Werksgruppe Hotzenwald das Kavernenkraftwerk Säckingen mit dem Eggbergbecken als Speichersee und das Kavernenkraftwerk Wehr mit dem Hornbergbecken als Oberwasser und dem Wehrabecken im Tal der Wehra. Die Schluchseewerk AG betreibt in Ergänzung die Schaltanlage Kühmoos und bewirtschaftet daneben noch ein gutes Dutzend Stauräume und hat die technische und kaufmännische Betriebsführung des Rheinkraftwerks Albbruck-Dogern inne, dessen Stauraum das PSW Waldshut als Unterwasser nutzt.

Die bestehenden Pumpspeicherkraftwerke im südlichen Schwarzwald und im Hotzenwald wurden ursprünglich errichtet, um den nicht benötigten Nachtstrom aus den thermischen Großkraftwerken zu speichern und ihn zur mittäglichen Verbrauchsspitze zurückzugewinnen. Spätestens seit sich der Stromerzeugungsverlauf dank einer zunehmenden Zahl an PV-Anlagen hin zu einer Angebotsspitze am Mittag entwickelt hat, ist der Bedarf zur Abdeckung der früheren mittäglichen Kochspitze entfallen.

Ursprünglich waren die Pumpspeicherkraftwerke der Schluchseewerk AG als Gegenpart der großen thermischen Kraftwerke errichtet worden. Aufgrund der im südlichen Schwarzwald und dem Hotzenwald verfügbaren Fallhöhen war die Topografie hier für den Bau von Pumpspeicherkraftwerken besonders gut geeignet. Daher hatte sich auch die RWE, an der Schluchseewerk AG von Anfang an beteiligt und eigene Hochspannungsleitungen zur Anbindungen an ihr vorwiegend in NRW bestehendes Netz errichtet.

Pumpspeicherwerke als Minutenreserve beim Ausfall von Großkraftwerken

Solange noch zentrale Großkraftwerke betrieben werden, ist die sogenannt Minutenreserve einer der wichtigen Einsatzbereiche der bestehenden Pumpspeicherkraftwerke. Mit der Minutenreserve kann genau die Zeit überbrückt werden, die benötigt wird, um ein großes Ersatzkraftwerk hochfahren zu können. Da mit den Windkraftparks, wie sie vorwiegend in der Nord- und Ostsee errichtet werden und den Höchstspannungsgleichstromtrassen wie SuedLink und SuedOstLink vergleichbare zentralistische Strukturen etabliert werden, wird bei einem Ausfall einer dieser Trassen in jedem Falle eine Nutzung der in Pumpspeicherkraftwerken gespeicherten Energie benötigt. Kein anderer Kraftwerkstyp kann so schnell hochgefahren werden, wie die dafür ausgerüsteten Wasserkraftwerke. Das Pumpspeicherwerk Atdorf hätte sogar über neun Stunden die benötigte Leistung bereitstellen können, als deutlich länger als für das Hochfahren eines Reservekraftwerks benötigt würde.

Da es sich bei den auch als Antriebsmotoren für die Pumpen genutzten Generatoren um sogenannte Synchrongeneratoren handelt, können diese im Leerlauf, also wenn sie weder die Pumpen antreiben, noch Strom erzeugen auch im sogenannten Phasenschieberbetrieb eingesetzt werden. Dieser dient zur Kompensation von Blindleistung. Mit chemischen Stromspeichern lässt sich diese Aufgabe nicht erfüllen.

RWE Power AG steigt aus der Planung des PSW Atdorf aus

Der Widerstand von Landschafts- und Naturschützern gegen die Realisierung eines dritten PSW im Hotzenwald wurde mit jedem Anlauf für dieses Projekt größer. PSW haben es in Deutschland auch dann schwer, wenn sie deutliche geringere geplante Leistungen haben. Ein Beispiel dafür ist die ebenfalls gescheiterte Planung des Werks Johanniszeche.

Besonders viele Widerstände wurden im Rahmen des dreiwöchigen Erörterungstermins zum Planfeststellungsverfahren zum PSW Atdorf laut. Die mit 50 Prozent an der Schluchseewerk beteiligte Essener RWE Power AG hat sich dann im Jahre 2014 aus dem Projekt verabschiedet. Der ebenfalls mit 50 Prozent beteiligte EnBW-Konzern mit seiner Tochter Energiedienst Holding AG im Schweizer Laufenburg hat das Projekt noch drei Jahre weiter geführt.

In der vergangenen Woche haben sowohl die Energiedienst Holding als auch der Mutterkonzern EnBW ihren Ausstieg aus dem Projekt Atdorf bekannt gegeben. Man hat die bislang aufgelaufenen Vorlaufkosten im zweistelligen Millionen-Bereich als verloren erklärt. Als Grund für die Aufgabe des Projektes Atdorf nennt die Energiedienst: ″Aufgrund des energiewirtschaftlichen Marktumfelds und der zeit- und kostenintensiven Nacharbeiten, die nach dem Erörterungstermin nötig wären, hat sich der Standort Atdorf für dieses Neubauprojekt als ungeeignet herausgestellt″.

Die EnBW erklärte im Zusammenhang mit der Absage des Projektes Atdorf, dass man beabsichtige, das Thema Stromspeicher weiter voranzubringen. So wolle man das Thema PSW weiterverfolgen. Dies gelte für das im Bau befindliche Obervermuntwerk II (der Vorarlberger Illwerke, dessen Inbetriebnahme für 2018 geplant ist oder das Werk Forbach, das eine bestehende EnBW-Anlage erweitern soll.

Daneben wolle man jedoch im Bereich Stromspeicherung einen neuen Schwerpunkt setzen: EnBW arbeite daher weiter an ihren Kooperationen zu neuen Speichertechnologien. Dazu zähle die gemeinsam mit Bosch laufende Entwicklung eines Lithium-Ionen-Speichers am Kraftwerksstandort Heilbronn sowie das Energiemanagement-Pilotprojekt, das gemeinsam mit ALDI Süd durchgeführt wird.

Letztverbraucherabgaben bei Energiespeichern

Sicher nicht völlig bedeutungslos bei der Aufgabe des Projektes Atdorf dürften die doppelten Letztverbraucherabgaben für Speicherkraftwerke sein. Da die Kraftwerke als Letztverbraucher gelten, muss für den eingesetzten Pumpstrom alle Letztverbraucherabgaben bezahlt werden. Diese werden dann jedoch ein zweites Mal für die erzeugte Strommenge fällig. Diese Doppelbelastung wird nur für die Energiespeicher fällig. Sie betrifft neben den PSW übrigens auch die Power-to-Gas-Technik, mit welcher regenerativer Strom zur Zwischenspeicherung zur Erzeugung von Gas eingesetzt werden kann.