Das Establishment hinter den Rechtspopulisten
Steve Bannon will in den Medienkrieg ziehen. Das Geld hierfür kommt von den reaktionärsten Kräften in der US-Finanzoligarchie
Es läuft derzeit nicht gut für die extreme Rechte in den USA. Nach seiner skandalösen Gleichsetzung von Nazis mit antifaschistischen Demonstranten ist Präsident Trump weitgehend isoliert (Donald Trump allein Zuhaus?). Steve Bannon, der wichtigste Vertreter der Alt-Right-Bewegung im Weißen Haus, musste seinen Hut nehmen, um den Präsidenten zu entlasten (Weißer Nationalist fliegt aus Weißem Haus).
Die zuvor großspurig angekündigten landesweiten Aufmärsche der Rechten entpuppten sich nach dem Rechtsterror in Charlottesville als ein totales Fiasko. In Boston etwa rotteten sich einige Dutzend Rechtsextremisten zusammen - und sahen sich einer antifaschistischen Massendemo vom mehr als zehntausend Menschen gegenüber.
Dennoch gabt sich Steve Bannon nach seinem Rausschmiss aus dem Weißen Haus äußerst kämpferisch, wie Buchautor Josh Green nach einem Gespräch mit dem neu-alten Chef der Breitbart-News erläuterte: "Bannon klang, als ob der 40 Red Bulls konsumiert hätte. Er ist ein Tiger, der aus dem Käfig gelassen wurde."
Aus dem Umfeld des Rechtspopulisten hieß es, dass er nun seine Medienmaschine ausbauen werde, um das Weiße Haus und die Republikaner von rechts massiv unter Druck zu setzen. Ein Kamerad Bannons prahlte gegenüber Medienvertretern: "Steve hat nun seine Fesseln abgelegt. Er wird die Nuklearoption ziehen. Ihr habt keine Ahnung. Das wird jetzt verfickt schlimm werden."
Breitbart News sollen nun Trump von rechts flankieren und alle Kräfte massiv unter Sperrfeuer nehmen, die sich der rechtsextremistischen Agenda in den Weg stellen. Er werde in den "Krieg" für Donald Trump ziehen, kündigte der Chef des rechtsextremen Nachrichtenportals an. Er verlasse das Weiße Haus, um "für Trump und gegen seine Gegner zu kämpfen - im Kapitol, in den Medien und im Unternehmerlager", so Bannon wörtlich.
Es stellt sich nun die simple Frage, woher Bannon das Geld für seinen "Krieg" nehmen will. Wer finanziert die extremistische Rechte in den USA, die nicht nur gegen Minderheiten hetzt, sondern auch die breite Ablehnung des Establishments und der Finanzeliten in der Bevölkerung populistisch bedient? Offensichtlich sind es die reaktionärsten Kräfte innerhalb des Establishments und der Finanzoligarchie der USA - und hier sind ja tatsächlich die Parallelen zum historischen Aufstieg des "Nationalsozialismus" unübersehbar.
Hedge-Fonds-Manager und Milliardär" Robert Mercer will mit Bannon einen rechten Fernsesender aufbauen
Bannon habe kürzlich eine Audienz bei dem Hedge-Fonds-Manager und "Megaspender" Robert Mercer erhalten, um das weitere Vorgehen auszuloten, wurde berichtet. Der Milliardär schätze den Rechtsextremisten, weil er "Ergebnisse liefert", bemerkte ein Insider gegenüber der Washington Post, deshalb investiere er gerne große Summen in Unternehmungen, an denen Bannon beteiligt sei, da "dieses Geld gut ausgegeben scheint".
Trotz aller Nähe zwischen dem Finanzspekulanten und dem Rechtsextremisten seien "solche Treffen sehr selten", berichtete eine Quelle aus dem Umfeld Bannons gegenüber Newsweek. Die Finanziers der extremen Rechten agieren offensichtlich vorsichtig und ziehen es vor, im Hintergrund zu bleiben. Ihr Firmenimperium, Renaissance Technologies, hat aber während des Wahlkampfes über das PAC (Political Action Committee) "Make America Number 1" Millionenbeträge in die Wahlkampagne Trumps gepumpt. Rebekah Mecer, die Tochter des Oligarchen, habe laut Insiderinfos durch persönliche Interventionen nach dem Wahlsieg dafür gesorgt, dass Bannon ins Weiße Haus als "Chefstratege" einziehen konnte.
Insgesamt habe Mecer 22,5 Millionen in die Republikaner während Wahlkampagne 2016 investiert, hinzu kämen seine Finanzspritzen für Breitbart und Bannon. Der Mercer-Klan habe überdies die Strategie der berüchtigten Koch-Brüder kopiert - zweier reaktionärer Milliardäre, die kurzfristige "Investitionen" in rechte Politiker und Kampagnen mit langfristigen ideologischen Investments kombinierten. Doch zugleich waren den Mercers die Koch Brüder schlicht nicht rechts genug. Das Koch-Netzwerk sei "hoffnungslos verweichlicht bei Themen wie Migration und Handel", so die Sicht der neureichen Oligarchen, die "hungrig waren, ihre eigene, härtere Ideologie zu propagieren", indem sie nicht nur Breitbart, sondern Dutzende weiterer rechtsextremer Projekte und Institutionen finanzierten.
Zudem sind die Mercers schlicht Miteigentümer des Breitbart News Network, das sie mit Finanzzuweisungen über Wasser halten. Bei dem Treffen zwischen Robert Mercer und seinem - nun ja - Angestellten Bannon soll konkret ein neues Medienprojekt diskutiert worden sein: eine rechtsextreme TV-Station, die mit den Geldern des Hedge Fonds aufgebaut werden solle, berichtetenInsider.
Somit entstünde in den USA ein gut finanziertes extremistisches Fernsehnetzwerk, das rechts der berüchtigten Fox-News des reaktionären Milliardärs Rupert Murdoch angesiedelt wäre. Mercer habe versprochen, sowohl Trump wie auch Bannon zu unterstützen. Der Finanzoligarch verschaffe "Breitbart den finanziellen Treibstoff, um zu operieren und zu expandieren", erklärte die Journalistin Jane Mayer, die das Mercer-Imperium schon länger beobachtet.
Wer ist Robert Mercer?
Somit stellt sich eine simple Frage: Wer ist Robert Mercer? Ein genauer Blick hinter die gut ausstaffierten Kulissen der Manege, in der rechtsextreme Schreihälse ihren Hass auf Minderheiten herausschreien und sich als aufrechte Kämpfer gegen das Establishment positionieren, scheint angebracht. Wer ist der "reichste, verschwiegene, geheimnisvolle und reaktionärste" Bloomberg-Republikaner der USA, der die Alt-Right-Bewegung und die Breitbart News des Steve Bannon finanziert?
Mercer ist ein wandelndes Klischee - alles, was an Vorurteilen über Oligarchen im öffentlichen Diskurs zirkuliert, scheint er zu bestätigen. Der Informatiker Mercer war ein Angestellter des IT-Konzerns IBM, der sich mit Spracherkennung befasste, als er ein lukratives Jobangebot von James Simons, dem Gründer des Hedgefonds Renaissance erhielt. Unter Ausnutzung seiner Kenntnisse über Algorithmen konnte Mercer eine steile Karriere bei Renaissance absolvieren, dessen spekulative Investmentfonds sagenhafte Profite von bis zu 80 Prozent jährlich erzielten.
Der verschwiegene Hedgefonds Renaissance, in dem Wall Street und IT-Industrie verschmolzen, wurde von Insidern als das "kommerzielle Gegenstück zum Manhattan Projekt" bezeichnet. Der geschlossene Spekulationsfonds Medallion, an dem sich nur die Eigentümer von Renaissance beteiligen konnten, galt als die die "größte Geldmaschine der Welt". An Steuerhinterziehung grenzende Steuertricks, die Gegenstand einer Untersuchung des US-Senats waren, haben die Profite mit mathematischer Genauigkeit arbeitenden Spekulationsmaschiene Renaissance weiter gesteigert, indem kurzfristige Spekulationen als langfristige Investments ausgegeben wurden.
Mercer ist - genauso wie viele verarmte rechtsextreme Milizionäre in den USA - ein Waffennarr, der auf seinem Anwesen in Long Island einen privaten Schießstand unterhält. Überdies ist er Eigentümer von Centre Firearms, eines Unternehmens, das sich damit bürstet, "das größte private Lager von Maschinengewehren" in den USA zu unterhalten. Hinzu kommen noch dutzende Villen und protzige Yachten, mit denen die Mercers ihren Reichtum zur Schau stellen. 2013 musste die Tower Brigde in London hochgezogen werden, um das knapp 100 Meter lange Schiff passieren zu lassen. Gegenüber dem New Yorker versicherte aber Bannon, dass die Mercers, trotz all ihres Luxus, "die gewöhnlichste Mittelklassenfamilie sind, die du jemals treffen wirst".
Robert Mercer gilt überdies als krankhaft geizig. 2013 verklagten ihn einige Angestellte, da er ihre Überstunden nicht auszahlen wollte und ihre Löhne wegen angeblicher Verfehlungen willkürlich kürzte. Unter anderem beschuldigte er ein Hausmädchen, eine Shampooflasche nicht ausgewechselt zu haben, die nur noch zu einem Drittel voll war.
"Er will, dass alles in sich zusammenfällt"
Hinzu kommt seine Unfähigkeit, soziale Beziehungen einzugehen. Er gilt als ein Misanthrop, der keinen Blickkontakt aufrecht erhalten könne und die Nähe von Katzen der Nähe von Menschen vorziehe. Bei seiner Übernahme des CEO-Postens von Renaissance soll er seinen Angestellten mitgeteilt haben, dass er froh wäre, "durchs Leben zu gehen, ohne irgendetwas zu irgendwem sagen zu müssen". Mitarbeiter haben gegenüber dem New Yorker erklärt, dass für Mercer die Gesellschaft und die Menschen an und für sich keinen Wert haben:
"Bob glaubt, dass menschliche Wesen keinen inneren Wert haben als den, welcher durch ihr Einkommen ausgedrückt werde. Eine Katze hat Wert, weil sie den Menschen Vergnügen bereite. Aber wenn jemand auf Stütze angewiesen sei, dann habe er einen negativen Wert. Wenn er tausendmal mehr verdiene als ein Schullehrer, dann ist er auch tausendmal mehr wert. Er denkt, die Gesellschaft steht derzeit auf dem Kopf, weil die Regierung den Schwachen helfe, stark zu werden, und die Starken schwach mache, indem sie ihnen Geld durch Steuern wegnehmen."
Mercer, der sein Geld schnell durch Finanzmarktspekulationen gemacht hat, habe keine richtige "Beziehung zur Gesellschaft", erklärte die Quelle gegenüber dem New Yorker. Ein weiterer ehemaliger Mitarbeiter erklärte, dass es letztendlich eine implizite apokalyptische Todessehnsucht sei, die Steve Bannon und Robert Mercer so gut harmonieren lässt:
"Bob denkt, je weniger Regierung, desto besser. Er freut sich, wenn die Leute der Regierung nicht trauen. Und wenn der Präsident ein Spinner ist? Er findet das total gut. Er will, dass alles in sich zusammenfällt."
Damit befindet sich der Finanzoligarch ganz auf der Linie des Rechtsextremisten Bannon, der ebenfalls ein reinigendes Stahlgewitter herbeisehnt, in dem die dekadente US-Gesellschaft durch Blut, Schweiß und Tränen geläutert werde.
Und selbstverständlich handelt es sich bei diesen brandgefährlichen rechten Fieberträumen, diesem "wenn auch alles in Scherben fällt", nur um den ideologischen Fallout des eingestandenen Krisenprozesses, in dem sich der Spätkapitalismus befindet. Der Faschismus als Krisenideologie kommt gerade in solchen Subjekthülsen wie Mercer und Bannon zu sich selbst.
Die dem widerspruchszerfressenen Kapitalverhältnis innewohnenden autodestruktiven Tendenzen, die in der gegenwärtigen Krise zunehmen, beseelen auch dessen innerlich ausgebrannte Charaktermasten, die als hohle Subjekte den Automatismus uferloser Akkumulation auf den Finanzmärkten optimieren. Das große schwarze Loch im Inneren, Spiegelbild der seelischen Verheerungen, die den Subjekten die leere Realabstraktion Wert zugefügt hat, soll im Tod überwunden werden. Die Gesellschaft jenseits des Werts ist wertlos, sie kann weg. Bevor das Kapital überwunden wird, soll lieber die Welt vergehen. Das ist die innere Irrenlogik des Faschismus des 21. Jahrhunderts.
Robert Mercer ist eines der seelenlosen Maschinenmonster, die der Spätkapitalismus an der Nahtstelle zwischen IT-Industrie und Finanzmärkten hervorbringt. Ein megareicher und innerlich ausgebrannter Mann, voller Hass auf alles, was nicht Wert ist: Dies ist die Geldbasis des neuen amerikanischen Rechtsextremismus. Seine Todessehnsucht speist sich aus den unerträglich zunehmenden Widersprüchen des Spätkapitalismus. Die Antwort des Faschismus auf diese Widersprüche ist aber nicht der Kampf um die Überwindung des Kapitals, sondern letztendlich die Flucht in den Tod als Erlösung: Das "Viva la Muerte" des spanischen Faschismus machte dies noch explizit.
Ähnlich verhält es sich mit dem Todeskult des Islamismus als einer dem islamischen Kulturkreis eigenen Form von Klerikalfaschismus. Gerade dieser Todeskult bringt Bannon und Mercer auf einen Nenner - sie sind die Taliban der Main- und der Wall Street.