Das Rückgrat des polnischen Präsidenten
In Polen wird darüber gestritten, was es bedeutet, dass Andrzej Duda im Weißen Haus stehen musste, während Donald Trump auf seinem Sessel thronte
In Polen haben Experten für Körpersprache und internationale Beziehungen seit Mittwoch Hochkonjunktur: Denn der polnische Staatspräsident Andrzej Duda musste am Dienstag gebückt stehen, während er zusammen mit dem amerikanischen Amtskollegen Donald Trump in Washington einen Vertrag über bilaterale Sicherheitsbeziehungen unterschrieb. Trump thronte dabei auf seinem Sessel am Schreibtisch.
Konkretes wurde nicht festgelegt. Duda wünscht sich ein "Fort Trump" in Polen, eine feste militärische Basis, zum Schutz vor dem russischen Nachbar. Bislang sind eine NATO-Brigade sowie eine amerikanisches Panzerbataillon in Polen stationiert, im Dezember soll mit dem Bau einem US-Antiraketenabwehr-Stützpunkt im nordpolnischen Redzikowo begonnen werden. Doch neben konkreten Zusagen gelten Gesten als wichtig an der Weichsel, vor allem, wenn es um das Verhältnis zu Amerika geht, das das Land als ersten Garant seiner Sicherheit ansieht.
"Das ist eine Beleidigung internationalen Ausmaßes", meint Dr. Janusz Sibora, Fachmann für polnische Diplomatie-Geschichte. Maurycy Seweryn, ein Experte für Körpersprache, sah in der gesamten Mimik und im Auftreten Dudas eine Unterordnung des Polen. Kritiker sahen auch das fehlende Feiern mit Schaumwein auf den Vertrag als Zeichen der Geringschätzung gegenüber dem polnischen Staatsoberhaupt.
Selbstverständlich stürzte sich die Opposition auf das Thema, die behauptete, dass die besonders amerikafreundliche PiS in den USA nicht wirklich geachtet werde. Eine Schande nannte es der Vorsitzende der ehemaligen Regierungspartei "Bürgerplattform" (PO), Gregorz Schetyna.
Nach Angaben des Webportals "Wirtualna Polska" sei jedoch Dudas Gabinettschef Krzysztof Szczerski schuld, er habe kurzfristig den Besuchsplan umgestellt, so dass es zu dem Malheur am Schreibtisch kam. Allerdings ist es fraglich, ob sich das Weiße Haus den Ablauf von einem polnischen Politiker vorschreiben lässt.
Der polnische Außenminister Jacek Czaputowicz konterte. "Es ist eine Ehre an den Schreibtisch zugelassen zu werden, an dem der Regierungschef eines anderen Staates arbeitet."
Die Debatte um Dudas Positur war Auslöser für eine rasche Umfrage, demnach sehen sich nur 36 Prozent von ihrem Staatspräsidenten im Ausland gut vertreten. Duda erfreut sich sonst einer größeren Beliebtheit.
Der ehemalige Außenminister Radek Sikorski, der von 2002 bis 2005 in dem konservativen Thinktank "American Enterprise Institute" wirkte, schätzt Polen derzeit für die USA als "sympathischen Bündnispartner zweiten Ranges" ein.
Schließlich schlug der polnische Präsident via Twitter zurück: "Hohn und Attacken der Rote-Socken-Medien sowie die Kommentare einiger Politiker mit bekannten Ansichten beweisen den Erfolg des Washington-Besuchs." Sonst sei das Treffen mit Schweigen übergangen worden. Auch postete Duda die Einschätzung der Welt, der polnische Präsident, ein promovierter Jurist, habe "Bauernschläue" bewiesen, indem der die Militärbasis "Fort Trump" genannt. Es gebe also auch Komplimente, so der twitternde Nationalkonservative.
"Polnisch-polnische Raufereien" unerwünscht
Der Kabinettschef Krzysztof Szczerski versucht es ebenso mit Humor: Der polnische Präsident habe es so oft gehört, dass "er sitzen wird" (im Gefängnis wegen Verfassungsbruchs), dass er es vorzog, zu stehen.
Doch ganz so humorvoll scheint das Umfeld des polnischen Präsidenten die Kommentare zu dem Foto doch nicht aufzunehmen. So ist nun der weißrussische Journalist Ivan Shyla bei dem Sender Belsat, wo er den Bereich soziale Medien leitete, seinen Job los. Belsat hat seinen Sitz in Warschau, berichtet vor allem über Weißrussland und ist im polnischen Staatssender eingegliedert.
Shyla postete das Foto auf seiner Facebookseite mit der Bemerkung, der polnische Präsident stehe auf dem Foto links. Darauf wurde er von Agnieszka Romaszewska, der Direktorin Belsats aufgefordert, dies wieder zu löschen, da er als Angestellter keine Witze über Polens nationale Sicherheit machen dürfe. Als er ablehnte, wurde er gefeuert.
Sie dulde keine "polnisch-polnische Raufereien", erklärte die Belsat-Direktorin gegenüber den Medien. Shyla sieht eine klare Verbindung zum polnischen Präsidenten, da die Mutter seiner ehemaligen Chefin, Zofia Romaszewska, als Beraterin Andrzej Dudas arbeitet.
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