Das Schlamassel der Geldpolitik
Seite 2: Beatmung mit billigem Geld
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Um die wirtschaftliche Depression im Griff zu behalten ist immer billigeres Geld in allen entwickelten Volkswirtschaften zum bedeutendsten Schmiermittel des gesamten wirtschaftlichen Gefüges geworden. Für die Realwirtschaft ist es existenziell.
Für die Unternehmen sind niedrige Realzinsen ein wichtiger Faktor. Kreditfinanzierte Investitionen können dadurch rentabler werden. Wegen ihrer rückläufigen Investitionstätigkeit verlieren diese, die Investitionskosten senkenden Effekte des billigen Geldes, jedoch immer weiter an wirtschaftlicher Bedeutung für die Unternehmen.
Viel entscheidender sind niedrige Zinsen inzwischen bei der Beschaffung von Fremdkapital und für die Schuldentragfähigkeit der Unternehmen. Denn die Unternehmen finanzieren sich zum überwiegenden Teil – in Deutschland sind es knapp 70 Prozent – über Fremdkapital.
Besonders wichtig sind die niedrigen Fremdkapitalkosten für geschwächte Unternehmen, die um ihr wirtschaftliches Überleben kämpfen. Wegen der seit Jahrzehnten sinkenden Fremdkapitalkosten gelingt es vielen dieser technologisch meist stagnierenden Zombieunternehmen in vielen Fällen sogar, Gewinne zu erwirtschaften und sich über die dann bereitwilligere Kreditgewährung der Banken auch langfristig über Wasser zu halten.
Die Realwirtschaft hängt jedoch nicht nur am Tropf geldpolitischer Stimulierung. Sie ist in zunehmenden Maß auch von fiskalischer Stimulierung abhängig geworden. Obwohl der amerikanische Staat seit 2008 die Staatschulden jedes Jahr um gewaltige 7,5 Prozent des BIP steigert und dieses Geld in die Wirtschaft pumpt, wächst die US-Wirtschaft dennoch nur um durchschnittlich um etwa 1,5 Prozent des BIP pro Jahr.
In der Eurozone erreichte das durchschnittliche jährliche Wirtschaftswachstum im gleichen Zeitraum sogar nur weniger als ein Prozent des BIP. Um dies zu erreichen, mussten sich die Euroländer um etwa 3,5 Prozent des BIP in jedem Jahr zusätzlich verschulden.
So sorgen die Staaten für gewaltige schuldenfinanzierte Transferleistungen in die Sozialsysteme und an die Bürger, so dass der private Konsum – trotz real stagnierender oder gar sinkender Erwerbseinkommen – auf einem hohen Niveau gehalten werden kann.
Hohe Unternehmenssubventionen, die ebensowenig durch staatliche Einnahmen gedeckt sind, halten sonst unprofitable Unternehmen am Leben und ermöglichen den besser aufgestellten Unternehmen Preissenkungen, die wiederum die Nachfrage stärken.
Um die zombifizierte Realwirtschaft über Wasser zu halten, sind niedrige Realzinsen unabdingbar. Im Zielkonflikt zwischen Preisstabilität und der Stabilität der Gesamtwirtschaft, können die Zentralbanken gar nicht anders, als sich für niedrige Zinsen entscheiden. Im Zweifel müssen sie die Inflation – wie bisher – tolerieren. Das gilt umso mehr in Anbetracht der in den USA und in Europa herannahenden Rezession.