"Das Unheil, das ich angestiftet, leg ich den andern dann zu schwerer Last"

Seite 3: Selbstmord aus Angst vor dem Tod?

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Waren nun auch die Schatzkammern des Königreichs und seine offiziellen WSJ-Herolde vom "Ultrabösen" unterwandert, dass sie jetzt plötzlich Pro-Donald redeten? Einige Tage zuvor schon hatte die der Unterwanderung ebenfalls unverdächtige "Voice of America" (VOA) berichtet, dass die Privatfirma "Crowdstrike", die den Postdiebstahl untersucht und angeblich russische Häscher identifiziert hatte, sich dieser Sache nicht mehr sicher war.

Da im Real Game of Thrones mittlerweile eine Stimmungslage entstanden war, in dem jeder, der es an expliziter Donald-Verachtung fehlen ließ, Gefahr lief, als russischer Agent hingestellt zu werden, kam die Frage auf: Sind jetzt auch schon höchst patriotische Institutionen wie VOA oder WSJ Agenten des Kremls? Oder ist der Bullshit-Detektor in Sachen "Russiagate" jetzt endgültig im roten Bereich gelandet und die ganze Gruselgeschichte fliegt als Operation unter falscher Flagge definitiv auf?

Aber dann müsste die offensichtlich flächendeckende Bespitzelung von Abgeordneten, Senatoren, Ministern und dem gewählten König ebenso zum Thema werden wie die Tatsache, dass Widerstand gegen das Donald-Regime wegen der Errichtung eines autoritären Überwachungs- und Polizeistaats eigentlich zu spät kommt, weil der in Form einer "permanenten Regierung" ja schon längst da ist.

War es dann aber in Ordnung, sich mit den dunklen Künsten des Tiefenstaats zu verbünden, um das Land und die Welt vor Donald zu retten? Auch wenn das Hillary-Lager und einige andere sich mit dieser Idee angefreundet hatten und jedes Mittel akzeptierten, Hauptsache dieser Horror-Clown verschwand von der Bildfläche, kamen angesichts dieser Koalition bei einigen aber auch schwerste Bedenken auf.

Sich zur Rettung von Demokratie und liberalem Rechtsstaat den unsichtbaren Meistern auszuliefern, schien ihnen bei aller Donaldophobie dann doch des Guten zu viel, oder genauer gesagt: wie Selbstmord aus Angst vor dem Tod. Denn Demokratie und Rechtsstaat leben von Transparenz und eine solche können ungewählte, unsichtbare Strippenzieher niemals garantieren.

Einst als das Königreich seine ersten Eroberungen gemacht hatte, die es aber nicht als neo-kolonialen Imperialismus, sondern als Verbreitung von "Demokratie" und "Freiheit" verstanden wissen wollte, kritisierte der mächtige König Stalin, den man zu dieser Zeit noch "Onkel Joe" nannte, diese Verbrämung als "Exzeptionalismus". Als man dann nach dem Zweiten Weltkrieg das Imperium von den bankrotten Briten übernahm, griffen die Geschichtsschreiber die Vokabel regelmäßig auf, um die Außergewöhnlichkeit des Landes zu unterstreichen, bis es dann für König Obama ganz selbstverständlich wurde, vom "exzeptionalistischen" Königreich zu sprechen. Just zu einem Zeitpunkt, als das Ansehen der ersten Demokratie der Welt, die als Fackel der Freiheit allen Menschen ein Vorbild sein wollte, in der Welt auf einen Tiefpunkt gesunken war.

Noch war König Donald gerade mal 100 Tage auf dem Thron und wegen des dauernden Kampfs mit den unsichtbaren Meistern und ihren Herolden war er zum Regieren kaum gekommen, doch das Schauspiel, das er und seine Widersacher der Welt boten, zeugte davon, dass es um das exzeptionalistische Königreich nicht gut bestellt war. Sowohl was die inneren demokratischen Strukturen betraf, wie auch die ökonomische Situation mit gigantischer Überschuldung und die militärische Überdehnung mit 400.000 Soldaten in aller Welt, die nirgends Frieden stifteten, sondern nur Verwüstung und Chaos anrichteten, war das Imperium ganz offensichtlich an sein Ende gekommen.

Die globale "Full Spectrum Dominance" zu erreichen, wie es in den Doktrinen des Pentagon vorgesehen war, hatte die selbsternannte "einzige Supermacht" massiv überfordert. Und so wie einst der römische Imperator Augustus erkannte, dass eine weitere Ausdehnung das Reich zerstören würde, scheint dies auch der jetzige Imperator Donald erkannt zu haben, wenn er sich auf sein Königreich und nicht auf die Weltmacht konzentrieren will.

Auch wenn man sein irres Mauerprojekt zu Mexiko nicht mit dem römischen Limes gegen die wilden Germanen gleichsetzen kann - symbolisch und politisch lag er damit eher auf der Linie des "vernünftigen" Augustus als auf der des "verrückten" Romanzünders Nero, mit dem man ihn dauernd verglich. Wie aber eine solche Selbstbehauptung durch Selbstbegrenzung gelingen könnte, und ob ausgerechnet König Donald, den man auch das "Trumpeltier" nannte, die Wende von unipolarer Hegemonie zu multipolarer Balance hinbekommen würde, das schien doch sehr ungewiss. Doch dass aber eine solche Wende kommen musste, war sicher, ganz gleich wie Donalds Kampf um den Thron ausgehen würde.