Das "gelungene Sparprogramm" in Griechenland
Seite 2: Sozialhilfen für Minister, Streichungen für Bürger
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Rania Antonopoulou, die Vize-Ministerin für Arbeit und Soziales, arbeitete und lebte mit ihrem Mann bis zum Wahlsieg von Syriza in den USA. Im Januar 2015 wurde sie zur Abgeordneten gewählt, verlor den Parlamentssitz jedoch bei den vorgezogenen Neuwahlen im September 2015.
Sie behielt ihr Ministeramt trotzdem. Papadimitriou dagegen wurde im November 2016 ins Amt berufen. Das Paar verfügt über ein Jahreseinkommen von 450.000 Euro, knapp 2,8 Millionen Euro Rücklagen, eine Eigentumswohnung in New York, eine 300 Quadratmeter Wohnraum und 180 Quadratmeter weitere Räume umfassende Villa nebst Swimmingpool auf der Insel Syros und eine Eigentumswohnung im Athener Vorort Glyfada. Trotzdem meinten die beiden, dass es angebracht wäre, für die im Zentrum Athens befindliche Mietwohnung 1000 Euro Beihilfe zu beantragen.
Die entsprechenden Beihilfen sind eigentlich für Politiker gedacht, die entweder als Abgeordnete oder als Minister in Athen dienen, und dort über keinerlei Unterbringungsmöglichkeit verfügen. Antonopoulou kassierte insgesamt 23.000 Euro, welche praktischerweise von einem zu ihrem Ministerium gehörenden Ausschuss genehmigt wurden.
Antonopoulou hatte sich in ihrem Antrag als ständig in New York Lebende deklariert. Ob sie angab, dass sie im Raum Attika über Wohnungseigentum verfügt, ist nicht bekannt. Allein dies hätte eine Zahlung von Beihilfen ausschließen müssen. Am Samstag kursierten entsprechende Veröffentlichungen in der Presse. Alle, Regierungsabgeordnete und Opposition gaben sich überrascht von so viel Frechheit. Tatsächlich jedoch wurde die entsprechende, gesetzlich verankerte Regel während der Krise vom Parlament verabschiedet.
Sie wurde als Gesetz 4336/15 am 14. August 2018 als Teil der Bedingungen für den dritten Kreditvertrag von den Fraktionen Syriza, Unabhängige Griechen, Nea Dimokratia, Pasok und To Potami verabschiedet. Jenes Gesetzespakets also, das seinerzeit von der Kreditgebertroika auferlegt wurde. Interessant ist, dass das Gesetz 4336/15 unter anderen auch von Antonopoulou unterzeichnet wurde.
Papadimitriou und Antonopoulou haben als Minister zahlreiche Leistungskürzungen für Bürger zu verantworten. Sie sitzen an Schlüsselpositionen, in denen über das Schicksal der Rentner, der Angestellten und der Freiberufler entschieden wird. Der resultierende Aufschrei in der Bevölkerung war entsprechend groß.
Antonopoulou, die ihre Bereitschaft zur Rückzahlung der Beihilfen signalisierte, sah keinen Grund von sich aus zurückzutreten. Ihr "Rücktritt" erfolgte, als Premierminister Alexis Tsipras mitteilte, er würde den gegenständlich niemals vorliegenden Rücktritt annehmen. Tsipras versäumte es nicht, die Regeln des Gesetzes 4336/15 "auf Anordnung des Premierministers außer Kraft" zu setzen.
Er fand jedoch kein Wort zur Erklärung dafür, dass durch das entsprechende Gesetz eine vorherige, seit den Neunzigern geltende Regel auf Minister und Mietwohnungen ausgeweitet wurde. Bis zum August 2015 hatten auswärtige Parlamentarier nämlich lediglich einen Anspruch auf vier Übernachtungen pro Woche innerhalb der Sitzungsperiode des Parlaments. Dieses hatte seinerzeit für die Übernachtungen Mengenrabatte bei Athener Hotels ausgehandelt.
Die Aufregung der Opposition über die Ministerin ist jedoch alles andere als berechtigt. Bis auf die damals nicht im Parlament vertretene Union der Zentristen, haben sämtliche die Sparmaßnahmen befürwortende Parteien entsprechenden Regeln mit ihrem Votum zugestimmt. Schließlich setzt die Nea Dimokratia die vom EU-Parlament als Abgeordnete der Partei bezahlte Maria Spyraki in Athen als Pressesprecherin der Partei ein.
Weitere Sparmaßnahmen …
An anderer Stelle "spart" der Staat jedoch, wo er kann. Künftig sollen nach dem Willen der Regierung auch Obdachlose Steuern und Sozialabgaben zahlen. Es betrifft die Straßenverkäufer des von Journalisten kostenlos erstellten Magazins Sxedia. Das Magazin wird von Obdachlosen vor allem im Großraum Athen verkauft.
Mit dem Erlös können sie einen Teil ihres Lebensunterhalts bestreiten. Bei jedem Verkauf geben sie ihren Kunden eine Rechnung, wodurch die Mehrwertsteuer und weitere mit dem Periodikum zusammenhängende Abgaben erfasst werden. Doch das ist dem Staat nicht genug. Er möchte, dass die Obdachlosen zusätzlich 26 Prozent an die Versicherungsanstalt für Freiberufler abführen.
Finanzminister Euklid Tsakalotos musste zudem eingestehen, dass der von ihm als Lösung propagierte Kampf gegen Steuerflucht schwieriger als erwartet ist. Der Staat hat für die Finanzknappheit ein altes Mittel gefunden, 250.000 Freiberufler sollen für die nächsten dreizehn Monate doppelte Sozialabgaben zahlen.