"Das ist kein Plan für Fabrikschließungen, das ist ein Sparplan"

Renault Clio TCe 100 Experience (V) Foto: © M 93 / Wikimedia Commons / CC BY-SA 3.0 (DE)

Renault erhält einen Fünf-Milliarden-Kredit, für den der Staat bürgt - 15.000 Arbeitsplätze abbauen will der Autobauer trotzdem

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Heute gab der französische Autohersteller Renault bekannt, dass er von Banken neue Kredite in Höhe von bis zu fünf Milliarden Euro erhält, für die zu 90 Prozent der französische Staat bürgt (vgl. Frankreich gibt Staatskredit für Renault frei). Die Analysten von Goldman Sachs stuften das defizitäre Unternehmen daraufhin von "Neutral" auf "Buy" hoch - und der Aktienkurs stieg zeitweise um über neun Prozent.

Vorher hatte Renault-Präsident Jean-Dominique Senard einen "Sparplan" für das Unternehmen vorgestellt, das bereits vor Beginn des Absatzeinbruchs durch die Coronakrise rote Zahlen schrieb. Dabei betonte der Manager, es handle sich nicht um einen "Plan für Fabrikschließungen". Eine für den Plural gemachte Aussage, die insofern zutrifft, als nur eines der insgesamt 14 französischen Werke zugemacht werden soll: das in Choisy-le-Roi. Bei zwei weiteren gefährdeten Werken in Maubeuge und Douai hatte der französische Staatspräsident als Bedingung für die Milliardenbürgschaft gefordert, dass dort weiter produziert wird.

"Zukunftsplan"

Nun sieht ein mit dem französischen Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire ausgehandelter "Zukunftsplan" vor, dass man dort zukünftig Elektroautos und leichte Nutzfahrzeuge herstellt. Ein weiteres Werk in Flins bei Paris soll ein Recyclingzentrum werden. Und die Fabrik im nordfranzösischen Dieppe bleibt angeblich auch dann bestehen, wenn Renault den Sportwagen Alpine aus seiner Produktpalette streichen sollte.

Auch wenn nur eine Fabrik geschlossen wird, soll sich die Zahl der weltweit etwa 180.000 Beschäftigten um 15.000 verringern. 4600 Stellen davon sollen im Mutterland Frankreich wegfallen, wo die Produktionskapazitäten nur zu etwa 60 Prozent ausgelastet sind. Weitere Entscheidungen werden erst dann fallen, wenn der neue Renault-Generaldirektor Luca de Meo am 1. Juli seinen Posten antritt.

Verstaatlicht und privatisiert

Das 1899 von drei Brüdern gegründete Traditionsunternehmen wurde von 1909 bis 1944 von Louis Renault alleine geführt, der wenig neues selbst erfand, aber viel Fremdes patentieren ließ - darunter die Trommelbremse, den Turbolader, den Sicherheitsgurt und die Zündkerze. Eine echte Erfindung war dagegen der drehbare Geschützturm, mit dem er die französischen FT-Panzer im Ersten Weltkrieg ausstattete. Weniger Glück beschieden war Louis Renault im Zweiten Weltkrieg, wo ihn die deutschen Eroberer 1940 vor die Wahl stellten, mit der Wehrmacht zusammenzuarbeiten oder sein Unternehmen zu verkaufen. Nach dem Machtwechsel 1944 wurde er deshalb eingesperrt und starb vier Wochen später unter nicht ganz geklärten Umständen. Für die damalige französische Staatsführung kam dieser Tod insofern nicht ungelegen, als sie die Firma nun problemlos verstaatlichen könnte.

Ein gutes halbes Jahrhundert später hatte sich der Zeitgeistwind gedreht, und Renault wurde weitgehend privatisiert. Danach kaufte das Unternehmen die rumänische Günstigmarke Dacia und die Automobilsparte des koreanischen Samsung-Mischkonzerns und stieg mit 20 Prozent bei Volvo und mit 44 Prozent bei Nissan ein. Nissan wiederum erwarb 2016 34 Prozent der Anteile von Mitsubishi. Das Bündnis Renault-Nissan-Mitsubishi, von dem man danach sprach, lockerte sich im letzten Jahr durch die Vorgänge um den ehemaligen Manager Carlos Ghosn etwas (vgl. Keiretsu-Killer Ghosn wirft japanischer Justiz Verschwörung vor).

Die Fünf-Milliarden-Bürgschaft für Renault nährt auch in Deutschland die Begehrlichkeiten von Automobilherstellern, die nun mit einem Wettbewerbsnachteil argumentieren können. Ihre politische Einflussnahme läuft unter anderem über den niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil (in dessen Bundesland ein großer Teil der Produktionsstätten des Volkswagen-Konzerns liegt), den bayerischen Landesvater Markus Söder (dem vor allem die Arbeitsplätze bei BMW und Audi interessieren müssen) und den baden-württembergischen Regierungschef Winfried Kretschmann (dessen Heimat neben Mercedes-Benz und Porsche auch zahlreiche Zulieferer beherbergt).

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