Das kalifornische Spektakel
Die mögliche Abwahl des Gouverneurs Kaliforniens wird zum Dauerereignis
Bis Punkt fünf Uhr Ortszeit hatten Anwärter auf das Amt des kalifornischen Gouverneurs am Samstag Gelegenheit, ihren Hut in den Ring zu werfen. Gegen Abend verzeichnete die Verwaltung des Bundesstaats insgesamt 660 potentielle Kandidaten. Bestätigt werden konnten jedoch erst 55 Kandidaturen. Die endgültige offizielle Liste aller Bewerber wird erst am Mittwoch erwartet. Schon seit Tagen geistern zahlreiche Namen potentieller Kandidaten durch die Presse (siehe auch: Terminator-Darsteller Schwarzenegger oder Porno-König Larry Flynt).
Da wäre zum Beispiel der Demokrat und Pornokönig Larry Flynt. Oder auch Angelyne, die wohl grundloseste Berühmtheit Hollywoods. Pornostar Mary Carey will sich ebenso um das höchste Amt des Bundesstaats bewerben wie Tauschbörsen-Gründer Travis Kalanick.
Dann wäre da noch der Sumo-Ringer, der durch das Zerschlagen von Wassermelonen bekannt gewordene Comedy-Künstler Leo Gallagher und der ehemalige Kinderstar Gary Coleman. Der nordkoreanische Präsident gehört trotz anders lautenden Erklärungen nicht dazu. Dafür gibt es eine ganze Reihe von unbekannten Kandidaten wie Georgy Russell oder die 19jährige Liz Swaney. Ach ja, und natürlich Arnold Schwarzenegger.
Seitdem der Terminator-Darsteller am Mittwoch seine Kandidatur verkündet hat, herrscht Aufregung im Westküsten-Staat. Der als Finanzier der Abwahl-Kampagne bekannt gewordene republikanische Gouverneurs-Anwärter Darrell Issa verkündete unter Tränen, nun doch nicht mehr antreten zu wollen - offenbar musste er einsehen, dass er gegen Arnold keine Chance haben würde. Auch der ehemalige Bürgermeister von Los Angeles Richard Riordan zog sich eher unfreiwillig aus dem Rennen zurück.
Für Hektik sorgte die Ankündigung auch bei den Demokraten. Eigentlich wollte die Partei keine prominenten Abwahl-Kandidaten aufstellen, um den derzeitigen Gouverneur Gray Davis nicht in den Rücken zu fallen. Kurzfristig entschloss sich nun dessen Stellvertreter Cruz Bustamante dennoch zur Kandidatur.
Vom Kinderfreund zum Kandidaten
Schwarzenegger setzte für seine Kandidatur auf den Überraschungsmoment. An einer politischen Karriere feilt der Schauspieler indes schon länger. So inszenierte er sich anlässlich des letzten regulären Urnengangs in Kalifornien als Kinderfreund, indem er eine Initiative zur Einrichtung von Nachmittagsbetreuung nach Schulende auf den Wahlzettel brachte. In zahlreichen Fernsehspots verkündete er, die Kinder von der Straße bringen zu wollen. Hollywood kombiniert mit Familiensinn - natürlich gewann er mit diesem Rezept souverän.
Das Problem: Schwarzeneggers Gesetz verpflichtet den Staat zur Nachmittagsbetreuung, schließt aber gleichzeitig Steuererhöhungen zur Finanzierung dieser Maßnahme aus. Letztlich muss das Geld deshalb aus anderen Sozialetats abgezweigt werden. Um Kinder von der Straße zu bringen, müssen somit erst einmal Lehrer auf die Straße gesetzt werden. Schwarzenegger haben solche banalen Details nicht geschadet, und aus der herzerweichenden Kampagnen-Website von damals ist jetzt kurzerhand Arnolds Wahlkampf-Portal geworden.
Der Anti-Politiker
Nun versucht sich die Presse vergeblich daran, ihn zu seinen Wahlkampf-Positionen zu befragen. Schwarzenegger gilt als moderater Republikaner, der mehr Rechte für Homosexuelle befürwortet und sich für strenge Waffengesetze einsetzt. Davon abgesehen weiß man über die politischen Ziele des Action-Stars kaum etwas. Irgendwie will er Kaliforniens horrendes Schuldenproblem lösen. Nur eben nicht mit Steuern, weil das bei den Wählern nicht gut ankommt. Seine Gegner versuchen, diese Richtungslosigkeit zum Thema zu machen. Emsig gräbt man Fakten aus, die Schwarzeneggers politische Kompetenz in Frage stellen sollen - wie etwa die Tatsache, dass er nur bei zwei der letzten acht Wahlen seine Stimme abgegeben hat.
Doch der Kandidat beschränkt sich statt dessen erfolgreich auf die Mittel des Show-Business. Reißt freche Sprüche, zitiert wild aus seinen und anderer Leute Filmklassikern. In einer Wahl, die zum Spektakel geworden ist, inszeniert sich Schwarzenegger als Anti-Politiker. Als jemand, der gar kein politisches Programm braucht, weil diese ja doch nur Papiertiger sind. Das klingt verrückt genug, um anzukommen. Zumindest im Rahmen einer Wahl, bei der die Konkurrenz Pornofilme dreht und Wassermelonen massakriert.
Für den Fall seines Wahlsiegs haben einige Demokraten bereits angekündigt, den Spieß umdrehen zu wollen. Mit einer weiteren Abwahl-Kampagne will man dann den Abwahl-Gewinner wieder aus dem Amt drängen. Gut möglich also, dass uns das kalifornische Spektakel noch eine Weile erhalten bleibt.