Das seidene Band des Dschihad
- Das seidene Band des Dschihad
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Burka, Niqab und Kopftuch sind nicht Ausdruck eines weiblichen religiösen Kleidungsstils, sondern die Insignien des fundamentalistischen Islams
Nachdem sich die Aufregung um die Silvesternacht in Köln, Hamburg und diversen anderen Städten gelegt hat, erhitzt die sogenannte Burka-Debatte die Gemüter. Diese flammt immer wieder auf. Aktuell erhält sie neue Nahrung durch die Ankündigung des Berliner Kultursenators Klaus Lederer (Die Linke), das seit 10 Jahre geltenden Kopftuchverbot für Lehrerinnen an Berliner Schulen juristisch überprüfen zu lassen sowie durch das Verbot des Königs von Marokko, dort mit Burkas zu handeln - weil diese von "Banditen" bei Straftaten missbraucht würden.
Ein Blick in die Geschichte zeigt, wie eng das Eine - die Orgie sexueller Gewalt in Köln und anderen Städten Silvester 2015/16 - und das Andere - der Zwang zur Verhüllung von Frauen - miteinander verknüpft sind. "Ehrbare" und "nicht ehrbare", "Heilige" und "Hure", danach werden Frauen im binären Denken traditionell geprägter Muslime sortiert: Die devote, züchtig gekleidete Frau wird - bei entsprechend wohlfeilem Verhalten - geachtet, alle anderen gelten als Freiwild.
Deutsche muslimische Intellektuelle fordern Verschleierungsverbot
Hierzulande wurde und wird allerdings primär nicht über die Burka diskutiert, jene Form der Ganzkörper-Verschleierung, die Frauen nicht einmal einen Schlitz für die Augen, also zumindest freie Sicht, erlaubt, sondern über diverse Formen der Verschleierung, vom islamischen Kopftuch, dem Hijab, über den Burkini bis hin zu Niqab oder anderen langen Gewändern, im arabischen Raum Djellaba genannt, aber eben auch über die Burka. Unter diesen Begriff wurden alle anderen Formen subsumiert, und die "Burka-Debatte" wurde das Schlagwort für diese Auseinandersetzung.
Wobei in Deutschland Frauen in Burka sehr selten zu sehen sind. Das könnte sich aber ändern, wie viele säkulare Musliminnen und Muslime befürchten. Denn die anderen Formen sind immer häufiger zu beobachten, und auch die Trägerinnen werden immer jünger. Selbst im Kindergarten sind unterdessen schon Mädchen mit Kopftuch zu sehen. Also liegt die Vermutung nahe, dass auch die Form der Verschleierung radikaler werden könnte. Noch radikaler.
Muslimische oder muslimisch sozialisierte Intellektuelle wie die Kölner SPD-Politikerin Lale Akgün, die Rechtsanwältin Seyran Ateş, die Soziologin Necla Kelek, die Ex-Muslimin Sabatina James, der Psychologe Ahmad Mansour, die Publizisten Tibi Bassam und Hamed Abdel Samad, der Vorsitzende der kurdischen Gemeinde in Deutschland, Ali Ertan Toprak - sie alle sprechen sich für ein Verbot der muslimischen Verschleierung von Frauen und Mädchen aus.
Uneinigkeit besteht in Bezug auf den Hijab, das islamische Kopftuch, sofern es von erwachsenen Frauen getragen wird. Einigkeit besteht darin, dass Minderjährigen grundsätzlich das Tragen von Kopftüchern in der Schule und in allen öffentlichen Gebäuden, Behörden, Gerichten, etc. verboten werden sollte. Lale Akgün beispielsweise spricht sich dafür aus, dass dieses Verbot auch für erwachsene Frauen gelten sollte.
Während z.B. Ahmad Mansour es erwachsenen Frauen - auch in Ausübung eines Berufes im öffentlichen Dienst - zugestehen möchte, selbst zu entscheiden, ob sie ein Kopftuch tragen oder nicht, befürchten Akgün und andere, dass dies, vor allem bei Lehrerinnen, ein völlig falsches und fatales Signal an die muslimischen Schülerinnen senden könnte.
Einig sind sich indes alle Genannten darin, dass die verschiedenen Formen der Verschleierung von Frauen, auch das muslimische Kopftuch, nichts mit der Religion an sich zu tun haben, sondern Ausdruck einer traditionalistischen bis radikalen Auslegung des Islams sind. In nicht muslimischen oder muslimisch-geprägten Gesellschaften tragen die wenigsten Musliminnen irgendeine Form der Verschleierung. Die Schätzungen liegen bei 10 - 20%.
Frauen finden in der Öffentlichkeit nicht statt
Was das Problem schon andeutet: Wenn auch in der Vergangenheit die Assoziation der Frau mit Kopftuch unser westliches Bild des Islams prägte, entsprachen die Frauen, auch gläubige Musliminnen, dem in der Realität in der überwiegenden Mehrheit überhaupt nicht. Doch immer mehr Frauen in immer längere Gewänder gehüllt, und das Gesicht immer mehr verdeckt, sind unterdessen in bundesdeutschen Innenstädten zu beobachten. D.h., die Zahl derer, die sich verhüllen, nimmt zu, und Schätzungen von gestern müssen morgen nicht mehr gültig sein.
Das westlich geprägte Bild vom Islam, dem verschleierte Frauen immanent sind, führt dazu, dass diese Tatsache nicht als Problem erachtet wird, sondern als Ausdruck von Religionsfreiheit. Die zu akzeptieren und zu gewährleisten es gelte. So sieht es z. B. der Berliner Kultursenator Klaus Lederer, der das Kopftuchverbot an Schulen als "Verstaatlichung der Persönlichkeit" betrachtet. Lederer beruft sich dabei auf das Urteil der Bundesgerichtshofs, demzufolge ein pauschales Kopftuchverbot an bundesdeutschen Schulen nicht verfassungskonform sei.
Die Bundesrichter kamen zu dem Schluss, dass für ein solches Verbot "eine hinreichend konkrete Gefahr der Beeinträchtigung des Schulfriedens oder der staatlichen Neutralität" gegeben sein müsse.
Genau diesen Frieden sehen viele, wie auch die genannten muslimischen Intellektuelle, in Gefahr. Denn mit der Freiheit ist das so eine Sache, zumindest was die Freiheit, auch die des Kleidungsstils, von muslimischen Frauen angeht. Immer häufiger erleben muslimische Frauen und Mädchen oder solche, die dafür gehalten werden, dass sie von - vorwiegend jungen - Männern, wegen ihres Kleidungsstils gemaßregelt werden. In Großstädten sprechen Betroffene sogar von No-Go-Areas, die zu betreten ihnen unmöglich sei.
Was betroffene Frauen und Mädchen als No-Go-Areas empfinden, wird von der Mehrheitsgesellschaft, dem linken und liberalen Teil zumal, gern als Multi-Kulti-Viertel verherrlicht. Dass diese angeblich kulturelle Vielfalt Frauen in der Öffentlichkeit systematisch ausschließt, wird dabei übersehen - oder billigend in Kauf genommen.
Frauen kommen in dieser Welt entweder gar nicht vor, in den berühmten orientalischen Teehäusern z.B., oder als Dienerin, gewöhnlich in den Haushalten versteckt, denen es großzügig gestattet wird, Einkäufe zu erledigen, die Kinder zur Schule zu bringen oder abzuholen. Diese zur Aufrechterhaltung des Familienlebens notwendigen Gänge außer Haus erledigen sie verhüllt, und zwar angefangen beim Hijab bis hin zu Niqab oder Djellaba.
Verschleierte Lebenswelten
In vielen Geschichten muslimischer Frauen und Mädchen ist zu lesen: "Am Tag, als meine Mutter mir den ersten Tampon brachte, brachte sie mir auch das Kopftuch." Viele von ihnen sind genau in diesen romantisierten Multi-Kulti-Vierteln groß geworden.
Sie durften nicht am Schwimmunterricht teilnehmen, bei Klassenfahrten waren sie grundsätzlich krank, und nicht wenige von ihnen wurden und werden verheiratet, bevor sie erste sexuelle Erfahrungen machen (können). Seyran Ateş und Sabatina James bekommen viele solcher Geschichten zu hören - und haben sie selbst erlebt.
In Rezept-Gruppen in sozialen Netzwerken posten muslimische Frauen sensationelle Fotos von reich gedeckten Tafeln. Mit dem Zusatz: "Mal sehen, was uns die Männer übrig lassen." Weil nämlich nicht alle zusammen die von den Frauen und Mädchen hergestellten Köstlichkeiten verspeisen werden, sondern zunächst einmal die Männer. Die Frauen und Kinder müssen sich dann teilen, was übrig bleibt. Still und unauffällig, damit die Männer nicht durch die Anwesenheit der Frauen und Kinder belästigt werden.
Allen denjenigen, die sich ein, wenn auch fiktives, so dennoch authentisches Bild über verschleierte weibliche Lebenswelten machen möchten, sei der Film Das Mädchen Wadjda empfohlen. Die Rede hier ist nicht vom tiefsten Anatolien, dem Iran oder Saudi Arabien, sondern von Berlin, Hamburg, Köln, Dortmund.
Hijab und Niqab dienen dabei nicht dazu, muslimischen Frauen Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen, sondern Ziel ist es, sie von der Mehrheitsgesellschaft auszuschließen. Das funktioniert von beiden Seiten: So ist es Frauen mit Niqab z.B. schlicht unmöglich, unterwegs mal eben schnell einen Tee zu trinken oder sich gar in öffentlichen Lokalitäten zu verabreden, im Kindergarten ein Schwätzchen mit den Eltern der anderen Kinder zu halten oder mit dem Paketboten zu flirten. Von der Mehrheitsgesellschaft wiederum werden sie als Fremdkörper wahrgenommen - und entsprechend behandelt.
Um es klar zu sagen: Das ist nicht der typische muslimische Lebensstil, sondern der in traditionalistischen Familien und Communities praktizierte. Den Communities, die auch den Nährboden für die Radikalisierung Jugendlicher bilden, die in den Dschihad ziehen, wie Ahmad Mansour in seinem Buch "Generation Allah" schreibt. Und gerade säkulare Muslime, vor allem Musliminnen, warnen davor, dass sich dieser Lebensstil ausweiten könnte.