Datenleck oder Hackerangriff? Angaben von BSW-Mitgliedern landen bei Correctiv

Feste Führung, lockerer Datenschutz? Sahra Wagenknecht. Bild: penofoto, Shutterstock.com

Partei reicht Anzeigen wegen Datenschutzverletzung ein. Correctiv hatte Mitglieder angeschrieben. Gegenseitige Vorwürfe von Partei und Presseunternehmen.

Die Partei Bündnis Sahra Wagenknecht – Vernunft und Gerechtigkeit (BSW) ist nach eigenen Angaben möglicherweise erneut Ziel eines Hackerangriffs geworden. Unmittelbarer Nutznießer scheint das in der Vergangenheit aus Bundes- und Landesmitteln sowie Ministerien mitfinanzierte Medienunternehmen Correctiv – Recherchen für die Gesellschaft gGmbH zu sein.

Der Vorstand des BSW gab bekannt, dass personenbezogene Daten von Newsletter-Abonnenten in die Hände der investigativen Journalisten der GmbH Correctiv gelangt sein könnten. Diese Informationen wurden dem Vorstand durch den Pressesprecher der Partei "Bündnis Sahra Wagenknecht" am selben Tag übermittelt.

Correctiv will über 70.000 Datensätze verfügen

Correctiv hatte zuvor angegeben, über einen Datensatz zu verfügen, der rund 70.000 Personen betrifft und neben persönlichen Kontaktinformationen auch codierte Mitgliederlisten, Zusagen zu einer Wahlparty sowie Details zu Landesbeauftragten und Unterstützern in verschiedenen Bundesländern umfasst. Unklar ist, welchen journalistischen Wert die personenbezogenen Daten haben.

Die genauen Umstände, wie Correctiv an diese Daten gekommen ist, sind bislang unklar, da die Organisation die Daten nicht vorlegen wollte. Auf der Seite des Medienunternehmens heißt es:

In der Datei, die der Redaktion vorliegt, stehen rund 70.000 Personendaten. Darunter finden sich Mitgliederlisten und Angaben zu Unterstützern und sogenannten "Landesbeauftragten". Die jüngsten Daten stammen aus dem Juni dieses Jahres und konnten zu dem Zeitpunkt weiterhin über die Webseite heruntergeladen werden. Ein Informant bestätigt CORRECTIV gar, dass das Leck trotz öffentlicher massiver Berichterstattung nach dem ersten Vorfall im März nicht geschlossen wurde. CORRECTIV kann dies nicht unabhängig überprüfen.

Die baden-württembergische Datenschutzbehörde teilt mit: Im März habe der Verein sie unterrichtet. Daraufhin habe sie Informationen von diesem angefordert. Die Rückmeldung allerdings habe Fragen offengelassen, "insbesondere hinsichtlich der Ursache der Datenpanne", sodass man erneut an den Verein herantreten sei. Das Verfahren laufe noch. Montagabend sei erneut eine Datenpannen-Meldung vom Verein eingegangen, hierzu lasse sich noch nichts Weiteres sagen.

Das BSW betont, dass nach aktuellem Kenntnisstand wahrscheinlich nur die E-Mail-Adressen sowie Vor- und Nachnamen der Betroffenen, jedoch keine Adress- oder Kontodaten, vom Datenleck betroffen seien. Unmittelbar nach Bekanntwerden des Vorfalls informierte der Verein alle relevanten Behörden, einschließlich der Staatsanwaltschaft und der zuständigen Datenschutzbehörde, und leitete Untersuchungen ein, um die Sicherheit der Mitglieder- und Unterstützerdaten zu gewährleisten.

BSW will Maßnahmen ergriffen haben

Zudem wurden bereits Maßnahmen ergriffen, um die Sicherheit der IT-Infrastruktur zu überprüfen und zu verstärken. Das BSW rät seinen Mitgliedern und Unterstützern, in der nächsten Zeit besonders wachsam zu sein, insbesondere im Umgang mit ungewöhnlichen E-Mails, der Nutzung von Passwörtern und der Weitergabe von vertraulichen Informationen an Dritte.

Die Organisation Correctiv nutzt die Daten nach Angaben des BSW aktuell, um Betroffene direkt zu kontaktieren und mit Fragen zu konfrontieren. Die Pressestelle des BSW wird zentral Stellung beziehen und empfiehlt den Betroffenen, im Zweifel auf eine Antwort an Correctiv zu verzichten oder eine mögliche Antwort mit der Pressestelle abzustimmen. Correctiv dazu:

Correctiv hat am Montag mehr als 150 Personen kontaktiert, die im neuen Datenleck auftauchen und sie gefragt, ob sie bereits vor unserer Anfrage an die Partei über den Datenabfluss informiert worden waren. Die ersten antworteten bis heute Morgen. Über den BSW-Newsletter wurde über eine allgemeine Datenpanne informiert.

Der Fall ist gleichsam Gegenstand eines Kampfes um das Narrativ zwischen BSW und Correctiv. Das Medienunternehmen spricht von einem Datenleck und macht der Partei Vorwürfe; die Partei sprecht von einem Hackerangriff und beschuldigt Correctiv.

Bereits im März sollen Informationen von 35.000 Unterstützern und Interessenten des BSW offenbar in unbefugte Hände geraten sein. Damals waren neben Namen auch konkrete Zahlungsinformationen betroffen.

Vor den Landtagswahlen kommt das BSW als Newcomer derzeit in Sachsen auf 13,4 Prozent der Stimmen und damit auf Platz drei; in Thüringen auf 18,2 Prozent und ebenfalls auf Platz drei; in Brandenburg auf 17 Prozent und Platz vier. Bundesweit liegt das BSW derzeit bei 7,9 Prozent.