Datensammler im Stromnetz
Der offizielle Roll Out für die Smart Meter Gateways lässt noch auf sich warten, dennoch beginnt inzwischen die organisierte Sammlung von Verbrauchsdaten im Stromnetz
Noch gibt es keine flächendeckende Sammlung der Verbrauchsdaten der Stromverbraucher, weil der Roll Out für die Smart Meter Gateways noch nicht begonnen hat. Es fehlt bisher die Freigabe eines dritten Smart Meter Gateways durch das BSI. Erst wenn das dritte Gateway zugelassen ist, gilt der Markt als vorhanden.
Für die Netzbetreiber erscheint es jedoch jedoch schon jetzt wichtig, in den Verteilnetzen nicht nur die aktuellen Einspeisungen aus Erneuerbaren zu kennen, sondern auch möglichst detaillierte Verbrauchsdaten zu erhalten. In der Vergangenheit hat man zu diesem Zweck eine Messung an den Ortstnetztrafos heranziehen wollen. Inzwischen hält man diese Daten für zu grob und bewegt sich auf die Endverbraucher zu, indem man jetzt daran geht, die Verbrauchsdaten nach Straßenzügen zu erfassen.
Mit einem neuen Stromsensor will die Netze BW jetzt Echtzeitdaten von der "letzten Meile" erheben. Dieser Stromsensor stammt von Smight, die als EnBW Start-up bezeichnet wird, rechtlich aber offensichtlich nur eine Abteilung der EnBW Energie Baden-Württemberg AG ist und kein rechtlich selbständiges Unternehmen.
Smight wurde in der Vergangenheit erwähnt im Zusammenhang mit dem WLAN-Hotspot-System für den öffentlichen Raum Air Streetlight, Smight Traffic, einem Datensammler zur Verkehrslage in Echtzeit, oder der automatisierten Erfassung der Belegung von Parkplätzen mit Smight Parking. Man kann in Karlsruhe also offensichtlich auf umfangreiche Erfahrungen mit dem Sammeln und Auswerten von Daten zurückgreifen.
Netze BW stattet Ortsnetzstationen mit rund 18.000 Messpunkten aus
Ab 2020 sollen großflächig in 550 Ortstnetzstationen viertelstündlich Echtzeitdaten zur Netzauslastung im Niederspannungsnetz der Netze BW, dem größten Verteilnetzbetreiber in Baden-Württemberg, geliefert werden. Wie lange die Daten gespeichert werden und ob sie künftig, also nach dem Roll Out der Smart Meter Gateways, mit den jeweiligen Kundendaten und deren Verbrauchsmuster abgeglichen werden sollen oder können, ist derzeit nicht bekannt. Man betont, dass jetzt keine Endkundendaten erfasst würden, sondern nur die Daten von Stromkreisen, welche in der Regel mehr als 40 Kunden in einer Straße versorgen.
Konnte man sich in der Vergangenheit auf die Standardlastprofile verlassen, ändern sich inzwischen die Lastprofile in den Verteilnetzen immer schneller, so dass die althergebrachten statistischen Daten nicht mehr wirklich nutzen. Viele Haushalte sind selbst Energieeinspeiser geworden, auf der anderen Seite rechnet man im Zusammenhang mit der politisch gewünschten Elektromobilität mit zahlreichen neuen Großabnehmer.
Bislang galten der Elektroherd und der Durchlauferhitzer im Badezimmer neben der Nachtspeicherheizung zu den größten Verbrauchern in den Haushalten. Wann diese eingeschaltet wurden und für welche Dauer war längst bekannt, auch wenn sich das Nutzerverhalten in den vergangenen Jahren leicht verschob.
Mit der dezentralen Energieeinspeisung aus Photovoltaik, teilweise verknüpft mit privaten Stromspeichern und den Wallboxen/Ladesäulen für die E-Mobile kommen nun jedoch in zunehmendem Maße neue Akteure in die Netze, deren Verhalten bislang weitgehend unbekannt ist und nur teilweise vorhergesagt werden kann.
Von Seiten des Netzbetreibers werden jetzt jeweils aktuelle Daten über die tatsächliche Auslastung benötigt, weil diese letztlich die Grundlage für die Antragstellung zum weiteren Netzausbau bei der Bundesnetzagentur (BNetzA) sind. Ohne Genehmigung durch die BNetzA können die Netzbetreiber ihre Investitionen in einen effizienten und vorausschauenden Netzausbau ihren Kunden nicht berechnen, sondern bleiben auf den Kosten sitzen.
Mit dem unter dem Namen "Smight Grid firmierenden Sensor will man die bestehende Datenlücke schließen, indem man die jeweilige Stromstärke an den einzelnen Abgängen der Ortsnetzstation misst und diese verschlüsselt in Echtzeit über ein nicht näher benanntes Mobilfunknetz an die Smight-Zentrale übermittelt. Dort sollen die Daten auf einer sogenannten IoT-(Internet of Things) Plattform gespeichert und ausgewertet werden.
Anschließend soll sie dem Netzbetreiber in einem Web-Portal zur Verfügung gestellt werden. Mit dem Smight Grid will man das erste am Markt verfügbare Messsystem, das durch die Nutzung von IoT-Technologie großflächig und dauerhaft zur Datengewinnung im Verteilnetz eingesetzt werden kann, entwickelt haben. Mit Hilfe der Installations-App von Smight soll der Installateur vor Ort in maximal 60 Minuten alle Abgänge einer Ortsnetzstation mit Sensoren und einem Gateway ausstatten können. Welche Auswirkungen auf den Netzbetrieb der Ausfall einer Mobilfunkverbindung hat, ist bislang nicht bekannt.
Smight Grid soll künftig auch anderen Netzbetreibern als sogenanntes Full-Service-Produkt angeboten werden, mit dem sie ihr komplettes Verteilnetz schnell und einfach digitalisieren können. Ob sie ihre Netzdaten dann mit der EnBW teilen müssen, geht aus den vorhandenen Unterlagen nicht hervor.
Disclaimer: Christoph Jehle ist Gründungsmitglied der Smart Grids-Plattform Baden-Württemberg
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