Datenschutzbeauftragte lehnen das zweite Antiterrorpaket der Bundesregierung ab

Scharfe Kritik an der vom Bundeskabinett gebilligen Gesetzesvorlage

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Allmählich wird die Kritik am forschen Vorgehen der Bundesregierung, was die neue Gesetze zur angeblichen Terrorismusbekämpfung anbelangt, schärfer. Die Deutsche Vereinigung für Datenschutz bezeichnete die im zweiten Antiterror-Paket vorgesehenen Maßnahmen letzte Woche als die Grundlagen für einen Geheimdienststaat, auch andere Bürgerrechts- und Datenschutzorganisationen warnten gestern vor einem Überwachungsstaat. Auch dem baden-württembergischen Justizminister Ulrich Goll gehen manche Änderungen zu weit.

Die Datenschutzbeauftragten von Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen-Anhalt, Thürigen und Schleswig-Holstein haben in einer gemeinsamen Presseerklärung das vom Bundeskabinett heute verabschiedete Sicherheitspaket II (Kabinett beschließt Schilys Anti-Terror-Paket) trotz einiger Korrekturen zum ursprünglichen Entwurf als "unter rechtsstaatlichen Aspekten nicht akzeptabel" bezeichnet.

Die geplanten Maßnahmen schießen nach ihrer Ansicht "weit über das Ziel einer angemessenen und zielorientierten Reaktion auf die Terroranschläge vom 11. September hinaus". Ohne wirkliche Begründung für die neuen Kompetenzen der Polizei und der Geheimdienste zu geben, was bestehende Vollzugsdefizite oder Sicherheitsgewinne früherer Antiterrorgesetze betrifft, seien verfassungsrechtliche Bindungen einfach nicht beachtet worden.

Kritisiert wird insbesondere, dass das BKA ohne nähere Begründung Daten erheben kann, was zu "Vorfeldermittlungen des BKA ohne justizielle Aufsicht führt, die deutlich über die vom Grundgesetz zugelassene unterstützende Zentralstellenfunktion hinausgehen". Durch die neuen Ermittlungsbefugnisse würde das Trennungsgebot zwischen Polizei und Geheimdiensten verletzt, die Auskünfte bei vielen Behörden und Unternehmen auch ohne einen strafrechtlichen Verdacht einholen dürfen. Bei der Aufnahme biometrischer Merkmale in Ausweisen bleibe offen, wie diese gesammelt werden. Der Nutzen sei nicht dargelegt worden.

Überdies werde "in einer Vielzahl von ausländerrechtlichen Bestimmungen ohne Nachweis der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der nicht deutschen Mitbürger eingegriffen." Entschieden lehnen die Datenschutzbeauftragten die Weitergabe der manchmal lebensbedrohlichen Informationen aus Asylanträgen an die Geheimdienste ab.

Die Datenschutzbeauftragten fordern, dass der Bundestag das Sicherheitspaket gründlich unter die Lupe nehmen soll. Eventuell müssten wirklich eilige Teile vorgezogen werden, um in Ruhe über die verfassungsrechtlich bedenklichen Maßnahmen beraten zu können. Die Beratungen im Bundestag und im Bundesrat über das erste Sicherheitspaket, das Änderungen im Vereinsrecht und im Strafgesetzbuch vorsieht, dürften noch im November abgeschlossen werden.