Dedollarisierung: Der langsame Abschied vom Greenback

Wird zunehmend infrage gestellt: US-Dollar. Bild: Andy Dean Photography/ Shutterstock.com

Der US-Dollar dominiert seit Jahrzehnten. Doch sein Anteil an Währungsreserven sinkt. China treibt die Internationalisierung des Yuan voran. Steht die Weltwährungsordnung vor einem Umbruch?

Der US-Dollar hat jahrzehntelang den internationalen Handel und die globalen Reserven dominiert. Sein Status als wichtigste Reservewährung verschafft den USA erhebliche Vorteile, da sie ihre Defizite leichter finanzieren und wirtschaftlich davon profitieren können, Schulden in ihrer eigenen Währung aufzunehmen.

Der chinesische Yuan (oder Renminbi, RMB) hat in den letzten Jahren zwar an Bedeutung gewonnen, liegt aber noch weit hinter dem Dollar zurück.

Prognosen deuten jedoch darauf hin, dass der Yuan im internationalen Zahlungsverkehr schrittweise zulegen wird, während der US-Dollar zwar dominant bleibt, mittel- und langfristig aber rückläufig sein dürfte. Telepolis hatte wiederholt über die Entwicklung der Dedollarisierung berichtet, auch vor dem Hintergrund von Konsolidierung und Erweiterung der Brics-Staaten.

China hat in den vergangenen Jahren erhebliche Fortschritte bei der Internationalisierung des Yuan gemacht. Dazu beigetragen haben Swap-Vereinbarungen mit verschiedenen Ländern zur Förderung des Handels in Landeswährung sowie die Aufnahme des Yuan in den Währungskorb des IWF im Jahr 2016.

China hat zudem Handelsabkommen mit Energieexporteuren wie Russland und Staaten im Nahen Osten geschlossen, die eine Abwicklung von Energiegeschäften in Yuan ermöglichen.

Der Anteil des Yuan an den globalen Zahlungen ist nach Angaben der Zeitung Global Times kontinuierlich gestiegen und erreichte im Juli 2024 4,74 Prozent, womit er die vierthäufigste Währung im internationalen Handel ist.

Dieser Anstieg ist auf das Bedürfnis zurückzuführen, die Zahlungsoptionen zu diversifizieren und die Abhängigkeit vom volatilen Dollar zu verringern. Dies deckt sich mit Chinas Bemühungen, seine Exposition gegenüber dem US-Dollar im Welthandel zu reduzieren.

Konkrete Beispiele für den Vormarsch des Yuan sind Russland und Saudi-Arabien. Der Handel zwischen China und Russland hat sich in den vergangenen Jahren, insbesondere nach den Sanktionen gegen Russland 2022, stark in Richtung Yuan verlagert.

Yuan für Erdölgeschäfte

Saudi-Arabien vereinbarte während eines Besuchs von Präsident Xi Jinping 2022 die Verwendung des Yuan für Ölgeschäfte. Im November 2023 unterzeichneten beide Länder zudem ein Währungsswap-Abkommen im Wert von 50 Milliarden Yuan (ca. 6,93 Milliarden US-Dollar).

Die BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) sowie die neuen BRICS+-Mitglieder treiben Initiativen voran, um die Dollarabhängigkeit im Handel zwischen ihren Volkswirtschaften zu verringern.

China ist dabei Schlüsselakteur bei der Förderung des Yuan. Wichtige Institutionen in diesem Prozess sind die BRICS New Development Bank (NDB) und die Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB).

Globalisierung der chinesischen Währung

Die Internationalisierung des Yuan ist jedoch an Kapitalverkehrskontrollen gebunden. China benötigt ein Kontrollsystem für den Kapitalverkehr, um seine wirtschaftliche und finanzielle Stabilität zu gewährleisten und die Fähigkeit der chinesischen Zentralbank zur Steuerung der Geldpolitik zu schützen, ohne dem Druck der internationalen Finanzmärkte und dem Risiko von US-Manövern ausgesetzt zu sein, die auf einen finanziellen Zusammenbruch des Landes abzielen.

Obwohl die Verwendung des Dollars als Reservewährung lange Zeit durch die wirtschaftliche Stärke der USA gerechtfertigt war, sei sie heute zu einer großen Gefahr für die Weltwirtschaft geworden, meint der spanische Ökonom Juan Torres López. Er verweist darauf, dass Washington den US-Dollar nach dem Zweiten Weltkrieg aufgrund ihrer wirtschaftlichen Vormachtstellung der USA als internationale Reservewährung durchsetzte.

Auf der Konferenz von Bretton Woods 1944 verpflichteten sie sich, den US-Dollar jederzeit in Gold umzutauschen. Mit dem wirtschaftlichen Erstarken anderer Länder und der steigenden Dollarmenge auf den internationalen Märkten begann der Wert des US-Dollars jedoch zu sinken. 1971 sah sich Präsident Richard Nixon gezwungen, die Goldanbindung des US-Dollars aufzuheben.

Seitdem basiert die Weltleitwährung nur noch auf dem Vertrauen in die US-Notenbank Federal Reserve. Solange der US-Dollar international akzeptiert wird, können die USA praktisch unbegrenzt Geld drucken, sich verschulden und damit kaufen, was sie wollen. Die US-Staatsverschuldung ist von 34,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (PIP) im Jahr 1971 auf 121,6 Prozent Ende 2023 gestiegen. Die Auslandsschulden haben sich seit 2004 sogar vervierfacht.

Wachsender Widerspruch zur realen Wirtschaft

Doch die Verwendung des Dollars entspricht immer weniger dem tatsächlichen Gewicht der US-Wirtschaft. Der Anteil des Dollars an den weltweiten Währungsreserven ist von 70 Prozent vor 20 Jahren auf heute 58 Prozent gesunken.

Trotzdem wird er noch für 40 Prozent des internationalen Handels verwendet, obwohl der Anteil der USA nur rund zehn Prozent beträgt. Vor allem China hat die USA in vielen Wirtschaftsindikatoren überholt. 1970 war das US-BIP noch elf Mal größer als das chinesische, heute nur noch 1,5 Mal.

Torres López ist sich sicher: Die Ausrichtung der Weltwirtschaft an den Interessen einer imperialen Macht wie der USA führt zu Ungleichgewicht und Unordnung. Er argumentiert: In der Zeit der Dollarherrschaft habe es das schlechteste Wachstum der westlichen Volkswirtschaften gegeben, dafür mehr Spekulation, Schulden, Ungleichheit, Finanzkriminalität und Krisen als je zuvor. Von 1970 bis 2017 habe es laut IWF 461 Finanz- und Wirtschaftskrisen gegeben.

Der Autor zitiert den früheren US-Finanzminister John Connally, der 1971 zu den Wirtschaftsministern der anderen westlichen Länder gesagt haben soll: "Der Dollar ist unsere Währung, aber euer Problem."