Was der Brics-Gipfel in Kazan für die Weltordnung bedeutet

Moschee mit Brics-Banner im Vordergrund

Kazan. Foto: Irzhanova Asel, shutterstock

Die Brics-Gipfeltreffen werden professioneller und international immer bedeutender. Welche Signale gingen vom 16. Gipfel im russischen Kazan aus? Eine Nachlese.

In der bundesrepublikanischen Presse wurde der 16. Brics-Gipfel im russischen Kazan vor allem als Propagandaschau des russischen Präsidenten Wladimir Putins abgetan. Das hat den angenehmen Nebeneffekt, dass das hiesige Publikum das Gefühl bekommt, als drehe sich die ganze Welt immer noch um die eigenen erratischen Stimmungslagen.

Doch es trifft die Sache nicht. Denn die neun Länder, die etwa 45 Prozent der Weltbevölkerung stellen, sind mittlerweile auch wirtschaftlich so bedeutend, dass es immer öfter der Westen sein wird, der sich Ignoranz nicht mehr leisten kann.

Zudem hängt der Erfolg der Brics-Gruppe nicht von vermeintlichen oder wirklichen Propagandaerfolgen einzelner Mitglieder ab, sondern davon, wie gut es den derzeit neun Ländern gelingt, ihre ganz praktischen Probleme miteinander politisch zu lösen und so nicht nur teure und unnötige Waffengänge zu vermeiden, sondern auch ihre Attraktivität als Partner für den Globalen Süden zu steigern.

Und da hat der Gipfel von Kazan eine ordentliche Bilanz vorzuweisen.

Indien und China

Pünktlich zum Gipfel hatten die beiden bevölkerungsreichsten Länder der Welt ihre Grenzstreitigkeiten im Himalaja so weit gemanagt, dass erstmals in fünf Jahren wieder ein direktes Gespräch zwischen dem chinesischen Präsidenten Xi Jiping und dem indischen Ministerpräsidenten Narendra Modi möglich geworden ist.

Damit erobert Delhi einen Teil seiner strategischen Unabhängigkeit zurück. In Washington dürfte mittlerweile klar geworden sein, dass Indien sich nicht gegen China in Stellung bringen lassen wird. Andererseits bedeutet das Rapprochement keineswegs, dass Indien nun völlig abhängig von China wird.

Mit China verzeichnet Indien ein erhebliches Defizit im bilateralen Handel. Doch scheint Delhi in der Lage, die Einfuhren aus China auf das nötige Maß beschränken zu können und kontrolliert zudem strikt die Direktinvestitionen chinesischer Unternehmen.

Die Asia Times resümiert, dass die Aufrechterhaltung der Beziehungen zu China für die wirtschaftliche Entwicklung Indiens entscheidend sei. Indien werde aufgrund der protektionistischen Industrie- und internationalen Handelspolitik der USA keinen bevorzugten Marktzugang, keine Technologie und keine substanziellen Investitionen von den USA erhalten.

Iran und Saudi-Arabien

Obwohl der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman nicht persönlich in Kazan anwesend war und der Beitritt Saudi-Arabiens zu den Brics bisher nicht vollzogen ist, haben Saudi-Arabien und der Iran eine besondere Botschaft nach Russland gesandt.

Nachdem China im Frühling 2023 erfolgreich zwischen beiden Ländern vermittelt hatte, führten sie jetzt erstmals gemeinsame Marinemanöver im Golf von Oman durch. Iranische Medien melden, dass diese Form der Zusammenarbeit fortgesetzt und ausgebaut werden soll.

Auch der Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen steht offensichtlich auf der Agenda.

Ägypten und Äthiopien

Weitgehend unbeachtet von der Weltöffentlichkeit verläuft der Konflikt zwischen den Brics-Mitgliedern Ägypten und Äthiopien. Hierbei geht es vor allem um die Neuverteilung des Nilwassers, die am 13. Oktober mit zehn Jahren Verspätung in Kraft getreten ist und die die alten, noch von den Briten bestimmten Regelungen ablöst. Letztere hatten Ägypten und den Sudan bevorzugt.

Kairo ist vor allem aufgebracht, dass Äthiopien einen großen Staudamm am Oberlauf des Blauen Nils in Betrieb genommen hat. Um Addis Abeba unter Druck zu setzen, baut Ägypten nun seine Truppenpräsenz in Somalia aus.

Dazu nutzt Kairo den Umstand, dass Äthiopien Anfang des Jahres die Nutzung des Hafens in Berbera einschließlich einer militärischen Präsenz mit Somaliland vereinbart hatte. Das war wiederum in Mogadishu auf Widerstand gestoßen, wo man Somaliland die Eigenständigkeit abspricht. Um Äthiopien unter Druck zu setzen, wandte man sich an Ägypten.

Hier hat Kazan keine sichtbaren Fortschritte gebracht. Doch sollte im Rahmen der Brics auch hier eine Vermittlung gelingen, wäre es ein neuer Beweis dafür, dass Konflikte auf dem Verhandlungsweg zu lösen sind. Ein solcher diplomatischer Erfolg würde zudem den Respekt des Globalen Südens für die Brics vertiefen.