Deine Viren und du

Forscher stellen eine Methode vor, die anhand eines Tropfen Blutes herausfindet, mit welchen Viren sich ein Mensch im Laufe seines Lebens angesteckt hat

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Wenn sich ein Patient heute auf das Vorhandensein eines Virus in seiner Blutbahn testen lassen will, muss der Arzt zunächst eine Idee haben, um welche Art es sich handeln könnte. Dann wird die Probe auf eben diese Art getestet. Ist das Ergebnis negativ, weiß man zwar, dass dieses Virus im konkreten Fall keine Rolle spielt - aber mehr auch nicht.

Dagegen mutet "VirScan" geradezu revolutionär an, das Forscher der Harvard Medical School und des Brigham and Women's Hospital jetzt in Science vorstellen. Das Verfahren basiert auf einer Genom-Datenbank aller menschlichen Viren - jedenfalls der bekannten. Daraus haben die Forscher gewissermaßen einen Honigtopf erzeugt, an den die im zu untersuchenden Blut vorhandenen Antikörper andocken.

Virionen des Epstein-Barr-Virus. Bild: Liza Gross. Lizenz: CC-BY-SA-2.5

Nun muss man nur noch nachsehen, wo überall Antikörper angekoppelt haben, um herauszufinden, gegen welche Virenarten diese der Körper des Patienten gebildet hat. Das Verfahren weist also nicht nur akute Infektionen nach, sondern jede einzelne Virus-Infektion, die ein Mensch im Lauf seines Lebens durchgemacht hat. Zudem würde es im Massen-Einsatz nicht mehr als 25 Dollar pro Patient kosten.

Das ist klinisch sehr spannend. Denn jeder virale Infekt hinterlässt seine Spuren im Körper und in dessen Immunsystem. Man weiß zum Beispiel, dass eine latente Herpes-Infektion Mäuse gegen bestimmte Bakterien schützt. Auch bei der Entstehung von Diabetes des Typs 1, Magenentzündungen oder Asthma scheinen vorausgegangene Virus-Infektionen eine Rolle zu spielen. Die Mediziner haben nun ein effizientes Mittel, um solchen Verbindungen nachzuspüren, die anders gar nicht herauszufinden sind.

Interessant ist aber auch, wie sich Virusinfektionen über die Population verteilen. Bei Kindern war die Virenlast bis zum Alter von zehn Jahren vergleichsweise niedrig - wobei sich die Verursacher von Ringelröteln und Drei-Tage-Fieber recht häufig zeigten.Im Mittel hatten sich die 569 Probanden mit zehn verschiedenen Virenarten angesteckt. Bei fünf Testpersonen fanden die Forscher aber 62 Infektionen, bei zweien sogar 84. Nicht überraschend: im Blut von HIV-Infizierten ließen sich im Mittel mehr Virenarten nachweisen als bei Nicht-HIV-Trägern.

Die Forscher verglichen außerdem die Virenlasten von Probanden aus Thailand, Südafrika und Peru mit denen amerikanischer Versuchspersonen. Es gab dabei keinen Fall, wo die US-Probanden mehr Viren ausgesetzt gewesen waren als die anderen drei Gruppen. Zu den am häufigsten gefundenen Viren gehörten:

Beim Poliovirus entdeckten die Forscher Antikörper, die sich nach Impfungen gebildet hatten. Die Prozentsätze liegen hier wie auch bei den Grippeviren niedriger, als nach den Durchimpfungsraten zu erwarten wären - offenbar ist der Test für durch Impfungen entstandene Antikörper weniger empfindlich. Auch besonders kleine Viren wie das JC-Virus waren im Ergebnis unterrepräsentiert.

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