Dekarbonisierung noch nicht in Sicht

Seite 2: Von der Klimaabgabe zur Kapazitätsreserve

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In Deutschland blicken wir auf die Querelen um eine Kohleabgabe zurück, die sich dann die "Kapazitätsreserve" verwandelte. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel brachte die Klimaschutzabgabe auf alte Kohlekraftwerke erstmals im März ins Spiel, da das schwache Emissionshandelssystem bisher keinen Anreiz schafft, Kraftwerke mit besonders schlechter Klimabilanz abzuschalten. 22 Millionen Tonnen Kohlendioxid sollten auf diesem Weg eingespart werden.

Gegen den Vorschlag regte sich sofort heftiger Protest aus den Reihen der CDU, von Seiten der Braunkohlewirtschaft als auch von Seiten der Gewerkschaften IGBCE und Ver.di - letztere vor allem vertreten durch ihren Vorsitzenden Frank Bsirske. Die Bundesregierung vereinbarte mit den Stromkonzernen MIBRAG, RWE und Vattenfall letztlich die Überführung von älteren Braunkohlekraftwerken in eine Kapazitätsreserve. Die Kraftwerksblöcke, die zwischen Oktober 2016 und Oktober 2019 vom Netz gehen sollen, sollen dabei noch für Notfälle zur Verfügung stehen. 2,7 GW sind bisher für die staatlich finanzierte "Reserve" vorgesehen, das sind die Blöcke Jänschwalde F und E, Frimmersdorf P und Q, Niederaußem E und F, Neurath C und Buschhaus D.

Die schwedische Regierung hat das Konzept des Divestments wohl falsch verstanden. 2014 beschloss sie, dass die Zukunft des Staatskonzerns Vattenfall im Bereich der erneuerbaren Energien liegen sollte. Die jetzigen Ausstiegspläne aus der deutschen Braunkohlesparte bedeuten jedoch keineswegs, dass die Lausitzer Braunkohle im Boden bleibt.

Geboten für das deutsche Braunkohlegeschäft des schwedischen Staatskonzerns haben die tschechischen Energieversoger CEZ und EPH, der tschechische Milliardär Petr Kellner und die deutsche Steag. Ebenfalls geboten hatte Greenpeace Nordic mit dem ausdrücklichen Ziel, die Braunkohlesparte in eine Stiftung zu überführen und diese dann abzuwickeln. Greenpeace hatte vorgerechnet, dass die neue Stiftung für die Übernahme der Braunkohlealtlasten 2 Milliarden Euro bekommen sollte, anstatt dafür zu zahlen - und wurde vom Bieterverfahren wegen fehlender Ernsthaftigkeit ausgeschlossen.

Bei allen weiteren Interessenten ist davon auszugehen, dass sie das Braunkohlegeschäft weiter betreiben, die Förderung vielleicht sogar noch erweitern wollen. Besonders die tschechischen Bieter dürften an neuen Brennstoffquellen für ihre Kohlekraftwerke interessiert sein.