Der Krieg im Sudan und der Niedergang der US-Hegemonie

Seite 2: Zurückgesetzte Geschichte

Seit der Unterzeichnung des Sykes-Picot-Abkommens im Jahr 1916 zwischen den alten Kolonialmächten Frankreich und Großbritannien – mit einer geringfügigen, aber immer noch wichtigen Beteiligung des zaristischen Russlands – waren der Nahe Osten und Nordafrika zusammen mit Zentralasien in verschiedene Einflusssphären aufgeteilt. Die globalen Prioritäten waren damals hauptsächlich die des Westens.

Die bolschewistische Revolution von 1917 war ein Wendepunkt in der Weltgeschichte, da sie den Keim für die Möglichkeit eines neuen globalen Blocks legte, der mit der westlichen Vorherrschaft konkurrieren sollte.

Es dauerte Jahrzehnte, bis sich dieser neue Block herausbildete. Im Jahr 1955 wurde der Warschauer Pakt geboren, der die Sowjetunion und ihre Verbündeten gegen die Nordatlantikpakt-Organisation (Nato) – ein westliches Militärbündnis, das sechs Jahre zuvor das Licht der Welt erblickt hatte – vereinte.

Die Rivalität zwischen den beiden Lagern drückte sich in einem erbitterten wirtschaftlichen Wettbewerb, einem politischen Kalten Krieg, einem militärischen Konflikt niederen Grades, Stellvertreterkriegen und zwei eindeutig ideologischen Diskursen aus, die unser Verständnis der Weltpolitik für einen Großteil des 20. Jahrhunderts definierte.

All dies fand Anfang der 1990er-Jahre ein bitteres Ende. Die Nato siegte, während der Warschauer Pakt zusammen mit der UdSSR rasch und auf höchst demütigende Weise zerfiel. Es war "das Ende der Geschichte", erklärte Francis Fukuyama.

Das Zeitalter des westlichen Triumphalismus begann und damit fanden weitere Kolonialkriege statt, zunächst in Panama, dann im Irak, in Serbien, in Afghanistan, erneut im Irak und anderswo.

China spielte bei all dem eine Rolle, zwar noch nicht als wichtiger weltpolitischer Akteur, aber als würdiger Gegner und geschätzter Verbündeter. Der historische Besuch von US-Präsident Richard Nixon in Beijing im Jahr 1972 vereitelte die Bemühungen, den Osten gegen den westlichen Imperialismus, angeführt von den Vereinigten Staaten, zu vereinen.

Diese Reise, die nach Einschätzung des damaligen Botschafters Nicholas Platt "die Welt verändert" haben soll, war tatsächlich folgenreich. Sie war der Anfang vom Ende der Sowjetunion, denn sie verschaffte Washington einen massiven Vorteil und strategischen Auftrieb gegenüber seinen Rivalen.

Doch die Geschichte kehrt sich nun auf eine Weise um, die nur wenige Geopolitiker vorhersehen konnten.

Die neuen Mächte

Der Weg, der vor uns liegt, ist nicht ganz klar. Aber zahlreiche Anzeichen, begleitet von spürbaren Veränderungen, deuten darauf hin, dass sich die Welt wandelt. In einigen Regionen ist diese Metamorphose jedoch deutlicher zu erkennen als in anderen.

Das geopolitische Tauziehen zwischen alten und neuen globalen Rivalen ist am deutlichsten im Nahen Osten und in Afrika zu beobachten, aber natürlich auch in Südamerika, Ostasien und im pazifischen Raum. In jeder dieser Regionen kommt es zu einer Neuordnung der Machtverhältnisse und der Dynamik.

Im Nahen Osten beispielsweise scheint der Iran aus seiner vom Westen auferlegten Isolation auszubrechen, während Saudi-Arabien seinen alten Status als Satellitenstaat infrage stellt.

Der letztgenannte Schritt ist für Washington besonders beunruhigend, da er zwei Schichten westlicher Vorherrschaft im Nahen Osten herausfordert: Die eine, die auf das Sykes-Picot-Abkommen von 1916 zurückgeht und die Region in Teilregionen unter westlichem "Schutz" und Einfluss aufteilte, und die andere, die aus der US-Nato-Invasion im Irak resultiert.

Mit massivem politischem Einfluss, einer ständig wachsenden Militärpräsenz und einer waffenfähigen US-Währung hatte Washington den Nahen Osten viele Jahre lang ohne ernsthafte Konkurrenz beherrscht. Das ist nun nicht mehr der Fall.

Seit Jahren erheben Russland und China Ansprüche in der Region, allerdings mit Mechanismen, die sich vom westlichen Stil des alten Kolonialismus und Neokolonialismus gänzlich unterscheiden. Während die Russen auf ihre lange sowjetische Tradition der Zusammenarbeit zurückgreifen, agieren die Chinesen vor dem Hintergrund einer langen Geschichte des freundschaftlichen Handels und des kulturellen Austauschs.

Jetzt, da Beijing einen offeneren und kompromisslosen Ansatz in der Außenpolitik verfolgen, wird Chinas Status als neue Supermacht seine Effektivität im Nahen Osten in nie dagewesener Weise unter Beweis stellen. In der Tat hat es das bereits getan.

Das jüngste Abkommen zwischen dem Iran und Saudi-Arabien war ein großer Erfolg für das neue, politisch orientierte China, aber der Weg, der vor ihm liegt, ist immer noch sehr schwierig, da die Region voller Wettbewerber und alter und neuer Konflikte ist. Wenn China erfolgreich sein will, muss es sich als neues und besseres Modell präsentieren, das im Gegensatz zur westlichen Ausbeutung und Gewalt steht.

Doch China hat nicht alle Trümpfe in der Hand, denn die USA und ihre westlichen und regionalen Verbündeten üben nach wie vor erheblichen Einfluss aus. Die Vereinigten Arabischen Emirate beispielsweise entwickeln sich zu einem mächtigen Akteur im aktuellen Krieg im Sudan.

Sicher ist, dass die Folgen des derzeitigen Kampfes um Ressourcen, Einfluss und Vorherrschaft wahrscheinlich zu kleineren, wenn auch blutigen Konflikten führen werden, insbesondere in Ländern, die politisch und sozial instabil sind. Der Sudan fällt genau in diese Kategorie, was den derzeitigen Krieg dort besonders alarmierend macht.

Obwohl schon viel über das Gold, das landwirtschaftliche Potenzial und den enormen Rohstoffreichtum des Sudans gesagt und geschrieben wurde, ist der Kampf um den Sudan durch externe Kräfte aufgrund der einzigartigen geopolitischen Lage des Landes im Wesentlichen ein Revierkampf.

Ägypten, Äthiopien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Israel und andere sind allesamt daran interessiert, aus diesem Krieg als Sieger hervorzugehen. Russland beobachtet die Situation von seinen verschiedenen afrikanischen Stützpunkten aus genau.

Die USA, Großbritannien und Frankreich fürchten die schlimmen Folgen eines direkten Eingreifens und den ebenso kostspieligen Preis eines Nicht-Eingreifens. China ist noch dabei, die Herausforderungen und Möglichkeiten zu bewerten.

Der Ausgang des blutigen Krieges im Sudan wird wahrscheinlich nicht nur das politische Gleichgewicht im Sudan selbst, sondern auch die Machtverhältnisse in der gesamten Region neu definieren.