Der Wettlauf ums Geld
Eine amerikanische Website verrät, wer wieviel an welchen Präsidentschaftskandidaten überwiesen hat
Ganz gleich, wer im November zum US-Präsidenten gewählt wird, eines steht jetzt schon fest: noch nie war die Schlacht ums Weiße Haus so teuer wie heuer. Fragt sich bloß, wer das alles bezahlen soll. Denn anders als etwa in der Bundesrepublik Deutschland haben die Kontrahenten kaum Zugriff auf Parteikassen und öffentliche Gelder. Die Lösung sind Spenden, am besten von Privatpersonen, denn offiziell ist es Unternehmen verboten, mittels Geld Einfluss zu nehmen auf das politische Geschehen der Vereinigten Staaten. Allerdings dürfen auch Privatpersonen nicht unbegrenzt großzügig sein: Seit der Gesetzesreform von 2002 sind maximal 95.000 US-Dollar innerhalb von zwei Jahren (das entspricht dem Abstand zwischen zwei bundesweiten Wahlen) erlaubt; davon dürfen maximal 2.000 US-Dollar direkt an den jeweiligen Kandidaten überwiesen werden.
Das ist ein Finanzierungsmodell, das neugierig macht auf die Identität der Spender. Sagte sich eine Künstlertruppe aus New York und verwandelte die Information über die Zuwendungen in anschauliche Landkarten. Der Clou an der Website namens Fundrace - was übersetzt soviel bedeutet wie "Wettlauf ums Geld" - sind jedoch nicht die bunten Karten, sondern die Suchfunktionen. So kann man bei der so genannten Nachbarschaftssuche sowohl nach Adressen als auch nach Namen suchen und beispielsweise im Handumdrehen herausfinden, in welchen Gebäuden von Los Angeles die größten Spendenpakete geschnürt werden und dass Barb(a)ra Streisand im aktuellen Wahlkampf gleich 7 Kandidaten unterstützt. Als nächstes kann man dann prüfen, wie es um die politische Ausrichtung ihrer Nachbarn steht. Und so weiter und so weiter.
Ein aufschlussreicher Zeitvertreib, der mehr und mehr Amerikaner in den Bann schlägt. Wobei sich zahlreiche Spender nicht im Klaren waren darüber, dass die Angaben zu ihrer Person derart aufbereitet an die Öffentlichkeit gelangen würden. Melissa Kramer aus Dayton, Ohio, zum Beispiel ist ganz und gar nicht froh darüber, als Unterstützerin des Demokraten General Wesley Clark geoutet zu werden, wohnt sie doch in einer Nachbarschaft, wo es zum guten Ton gehört, Bush-Cheney-Sticker aufs Auto zu kleben.
Die Publikation all dieser Daten ist jedoch völlig legal, schließlich sind Angaben über Name, Beruf und Anschrift der Spender öffentlich zugänglich. Seit der Gesetzesnovelle müssen insbesondere Spenden über 200 US-Dollar persönlich zugeordnet werden können. Doch Fundrace geht noch weiter und listet auch kleinere Beträge auf.
GrassRoots, FatCats, Unternehmen und Branchen
In der Kandidaten-Rangliste kann man dann sehen, wer die meisten Spenden kassiert hat. Und nicht nur das, denn die Macher der Website unterscheiden die Spenden nach drei Kriterien: Der "GrassRoots Index" gibt Auskunft darüber, wer bundesweit die meisten Kleinbeträge bekommt; der "Devotion Index" zeigt an, wer wiederholt zu Spenden und zu finanziellen Opfern inspiriert. Der "FatCats Index" schließlich verrät, wer die dicksten Spendenpakete bekommt. Das Überraschende daran: George W. Bush führt nur in zwei Kategorien, denn wenn es um größere Spendenbeträge geht, hat John Kerry die Nase vorn. Wer darüber hinaus wissen will, wie die Kandidaten die Wahlkampfspenden ausgeben, kann sich eine Liste der dicksten Hotelrechnungen oder die Ausgaben für Flugtickets ansehen.
Natürlich ist Fundrace.org nicht die einzige Website ihrer Art. Mit der Herkunft von Spendengeldern beschäftigt sich zum Beispiel auch die Seite mit dem sprechenden Namen opensecrets (offene Geheimnisse). Da kann man zwar nicht so bequem herausfinden, welchen Präsidentschaftskandidaten die Nachbarn unterstützen, dafür erfährt man umso mehr über die Spendenpraxis großer Unternehmen und ganzer Industriezweige.
Einem Gesetz namens Tillman Act zufolge ist es seit 1907 zwar verboten, mittels Geld Einfluss zu nehmen auf die Politik, allerdings gibt es diverse legale Möglichkeiten, dieses Gesetz zu umgehen. Eine Variante besteht darin, Spenden an ein so genanntes "Political Action Committee", kurz "PAC" genannt, zu überweisen. Zwar ist die Summe, die ein PAC weiterreichen darf, per Gesetz beschränkt, die Zahl der PACs jedoch ist unbegrenzt. Mit anderen Worten: im Zweifelsfall muss die Spende eben auf mehrere PACs verteilt werden.
Freilich lohnen sich solche Ausgaben nur, wenn am Ende auch der gewünschte Kandidat ins Amt gewählt wird. Um sich nach beiden Seiten hin abzusichern, überweisen mehr und mehr Firmen sowohl an die Republikaner als auch an die Demokraten erkleckliche Beträge - so spendete die Firma Microsoft im Wahljahr 2002 etwas mehr als vier Millionen US-Dollar, davon flossen rund 60 Prozent an die Republikaner und etwa 40 Prozent an die Demokraten.
Man kann von dieser Spendenpraxis halten, was man will, eines machen die Websites jedenfalls deutlich: Für deutsche Internetnutzer ist es ungleich einfacher herauszufinden, wie Microsoft und andere US-Firmen den Wahlkampf in den Vereinigten Staaten finanziell unterstützen als herauszubekommen, in welcher Weise deutsche Firmen wie Siemens hiesige Parteien sponsern.