"Der Wunsch nach Homogenität ist problematisch"
Im Telepolis-Salon sprach Frau Prof. Dr. Ursula Münch über die gefährlichen Tendenzen der Ausgrenzung, die Europäische Union und warum Nationalstaaten bewahrt werden sollten
Im Telepolis-Salon zum Thema "Separatismus oder die Sehnsucht, unter sich zu sein", der am 13. November in der Bar im Lovelace stattfand, konnten wir als Gast Frau Prof. Dr. Ursula Münch begrüßen. Sie ist Direktorin der Akademie für Politische Bildung in Tutzing, Professorin für Politikwissenschaft an der Universität der Bundeswehr München und Expertin für Föderalismus und Europapolitik.
Der Trend sei klar auszumachen, dass die Menschen sich weiter auf das Regionale zurückziehen, wenn die Einheiten größer werden. Das sei aber "relativ unproblematisch". Als bedenklicher sieht Frau Münch den Wunsch vieler Menschen nach Homogenität, nach einer starken gemeinsamen Identität. Das sei nicht gut für staatliche Einheiten.
Auf den Einwurf, dass Staaten ein relativ junges Phänomen und womöglich selbst über den Nationalismus ein Produkt des Wunsches nach größerer Homogenität seien, sagte Frau Münch, dass die wenigsten Nationalstaaten wirklich homogen seien. Heterogenität gehöre zur Staatsbildung dazu, sie könne aber ganz unterschiedlich sein, etwa konfessionell, ethnisch oder sprachlich.
Das Problematische am Wunsch nach Homogenität sei die Suggestion, dass es ein wahres Volk gebe und dass andere nicht zu diesem vermeintlichem Volk gehören. Wenn Homogenitätswünsche nicht ausgrenzend sind, seien sie auch unproblematisch, aber sie sind meistens ausgrenzend: "Wir sind das wahre Volk und die anderen, die anderer Auffassung sind, gehören nicht dazu."
Der Wunsch nach Heimat oder der Rückzug in kleinere Einheiten hat für Frau Münch nicht nur mit der Globalisierung und Europäisierung zu tun, sondern auch mit einem Gefühl der Fremdbestimmtheit, also dass man nicht mehr Herr im eigenen Haus ist: "Man kann auf nationaler Ebene nicht mehr alles entscheiden, über die Digitalisierung kommen zum Beispiel Einflüsse von außen, die man nicht mehr regulieren und reglementieren kann, wie man das früher mit Nationalstaaten und wirksamen Grenzen konnte."
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