Der alte Mann Biden und die Angst vor Trump

Joe Biden. Bild: Gage Skidmore, CC BY-SA 2.0

USA: Die Zwischenwahlen rücken näher - die Präsidentschaftswahlen werfen ihren Schatten voraus

Die Zwischenwahlen in den USA rücken näher und schon die Vorwahlrunden lassen einiges an parteiinternen Uneinigkeiten erahnen. Auf Seiten der Republikaner werden mehr und mehr Stimmen laut, die Donald Trumps ständige Einmischung in jede Vorwahl als politisch schädlich kritisieren. Und die Demokraten müssen sich zumindest theoretisch mit der Möglichkeit auseinandersetzen, dass Präsident Joe Biden "altersbedingt" ausfallen könnte.

In den Monaten nach Joe Bidens Wahlsieg und Donald Trumps Weigerung diesen anzuerkennen, sah es einen kurzen Moment so aus, als würde die Republikanische Partei in zwei Lager zerfallen: In das der Trump-Loyalisten, gewillt ihren Anführer in allen Belangen recht zu geben, und in jenes, die noch an den politischen Wettbewerb zu glauben vorgaben.

Die Oberen der Partei weigerten sich in aller Stille, Trump bei dem Versuch zu unterstützen, den angeblichen Wahlbetrug der Demokraten zu verhindern, - das Ergebnis war einfach zu eindeutig.

Nach dem "Sturm aufs Kapitol" am 6. Januar äußerten sogar einige Parteifunktionäre direkte Kritik an Trumps "Umsturzversuch", aber die lautesteten unter ihnen, wie Senator Lindsey Graham, vollführten schnell wieder eine Kehrtwende und wer wie die Abgeordnete Liz Cheney nicht einlenkte, wurde zur Strafe degradiert. Kurzum, Die Reihen der Konservativen schlossen sich schnell.

Trotz allem war Trumps Kampagne, das Wahlergebnis in den "Swingstates" für ungültig zu erklären, ein ziemlich peinliches Unterfangen, in das kaum ein Parteikollege direkt involviert sein wollte. Als der Präsident am zweiten Januar 2021 den "Secretary of State" des Bundesstaates Georgia, Brad Raffensperger, persönlich anrief, um ihn von seiner Version des Wahlergebnisses zu überzeugen, wurde er von diesem zurückgewiesen.

Jetzt zeigen die Vorwahlen in ebendiesem "Swingstate" die politischen Folgen der Trumpschen Weltanschauung. Und so stehen in den Vorwahlen der Republikanischen Partei in Georgia die von Trump unterstützten Kandidatinnen und Kandidaten ihrer Kollegenschaft in Bezug auf das Wahlergebnis ziemlich unversöhnlich gegenüber.

Nun interessiert die Vorwahl in einer Zwischenwahlrunde nicht allzu viele US-Bürger, aber gerade deshalb ist die Intensität, mit der die Republikaner untereinander um die Autorität in einem Staat ringen, in dem sie alle wichtigen administrativen Ämter bekleiden, bemerkenswert.

Loyalitätstests für die Republikaner

Trumps übertriebene Einmischung in die Vorwahlen mag auf seinen Groll gegen die Parteioberen in Georgia zurückzuführen sein, die ihm nach seiner Niederlage die Gefolgschaft verweigerten. Das Wahlergebnis wird zeigen, ob Kandidaten auch ohne Trumps Unterstützung politisch überleben können. Politico beschrieb die aktuelle Situation in Georgia wie folgt:

Der Gouverneur tritt gegen einen ehemaligen Senator an. Der "Secretary of State" wird von einem Kongressabgeordneten bedrängt. Der Generalstaatsanwalt und der Versicherungsbeauftragte wehren sich gegen Anfechtungen, und bei der offenen Vorwahl für den Vizegouverneur geben zwei Senatoren Millionen aus.

Politico

Bei diesem Loyalitätstest, in dem für die Republikaner so wichtigen Staat, ging es nicht immer kollegial zu, sondern eben eher nach Trumpschen Methoden. Da werden Wahlveranstaltungen schon einmal von der Forderung "Lock him up" begleitet, eine Drohung, die bisher der Erzfeindin Hillary Clinton vorbehalten war.

Trumps Wahnvorstellung, er hätte die letzte Präsidentschaftswahl gewonnen, bestimmt also weithin seine politische Strategie. Wer dieser nicht folgt, wird von seinen Stellvertretern in den Vorwahlen bestraft.

Natürlich machen sich da einige Wahlkampfhelfer Sorgen, ob es nach solch einem heftigen Wahlkampf noch möglich sein wird, die Partei vor den Wahlen im November wieder zusammenzuführen. Allerdings hat diese rigorose Durchsetzung der Parteidisziplin auch den Vorteil, dass bei klaren Wahlergebnissen zugunsten der Trump-Kandidatinnen, in den Vorwahlen 2024 zur nächsten Präsidentschaftswahl kaum ein Republikaner auf die Idee kommen, wird den Ex-Präsidenten herauszufordern.

Das bisher bemerkenswerteste Beispiel für den Erfolg dieser Strategie ist der Sieg des Autors J.D. Vance bei den Senatsvorwahlen in Ohio, der fast ausschließlich auf Trumps Unterstützung zurückzuführen ist. Auch sein Favorit Herschel Walker, hat das Rennen um den Senat in Georgia gestern relativ klar gewonnen.

Das Hauptziel seines Zorns, hingegen, Gouverneur Brian Kemp konnte sein Amt verteidigen. Und es gibt weitere Gegenbeweise: In North Carolina reichte Trumps Unterstützung für Abgeordneten Madison Cawthorn nicht aus, um den Kongressabgeordneten vor einer Niederlage in den Vorwahlen zu bewahren. Und in Idaho gelang es einem von Trump unterstützten Herausforderer nicht, den amtierenden Gouverneur Brad Little abzulösen.

Doch selbst wenn Trumps Wunschkandidat:innen hier und da verlieren, bleibt er mit Abstand der wahrscheinlichste Anwärter für die Präsidentschaftswahl 2024. Aber es wird sich zeigen, wie viel Macht er langfristig über die eigene Partei auszuüben vermag.

Denn das Parteiestablishment respektiert ihn nur aus Angst, er könne die Basis gegen sie aufhetzen, eine Stärke, die er immer wieder beweisen muss und zu einem politischen Klima führt. was für die Republikaner auf Dauer nicht zuträglich sein kann.

Demokraten: "Weiter so" mit Biden

Die Demokraten, ihrerseits wären kaum in der Lage, aus einer anhaltenden Unruhe im Parteilager der Gegenseite tatsächlich einen politischen Vorteil zu schlagen. Ganz im Gegenteil müssen sich die Liberalen mit der Frage auseinandersetzen, ob Präsident Joe Biden 2024 im Alter von 82 Jahren überhaupt noch in der Lage wäre, eine weitere Runde gegen Trump durchzustehen.

Ersatz für den alten Mann ist jedoch schwer zu finden. Bidens theoretische Nachfolgerin, Vizepräsidentin Kamala Harris, kann jedenfalls kaum bessere Umfragewerte vorweisen als der Präsident.

Laut Vertrauten ist der trotz Senatsmehrheit eher mäßig erfolgreiche Präsident primär von seiner Abneigung gegen Donald Trump angetrieben, ein weiteres Mal zu kandidieren. Es ist also immer noch die Überzeugung, nur Biden könne eine weitere Trump-Legislatur verhindern, die den alten Mann und sein Gefolge antreibt. Das Deprimierende ist: Dieses Mal könnten sie recht haben.