Der große Bagarozy

Teuflische Ambivalenz

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Erst saß er im Manta, dann stand er als bewegter Mann im Wandschrank und jetzt ist Til Schweiger sogar der Teufel höchstpersönlich? Oder vielleicht doch nur ein abgedrehter Spinner? Genau das und noch viel mehr lässt Bernd Eichingers Kino-Regiedebüt "Der große Bagarozy" offen, und obwohl die Geschichte nach dem gleichnamigen Roman von Helmut Krausser zuweilen arg konstruiert wirkt, ist der Film durchweg faszinierend.

Nicht zuletzt wegen des seltsamen und überraschend gut funktionierenden Paares: Til Schweiger und Corinna Harfouch. Sie heißt Cora, ist Psychotherapeutin, lebt mit ihrem herzkranken und potenzschwachen Gatten (Thomas Heinze) in einer hübschen Villa, und alles wäre wohl seinen gutbürgerlichen Gang gegangen, wenn da nicht eines Tages ein junger Mann namens Stanislaus Nagy in ihrer Praxis aufgetaucht wäre. Als der nun anfängt ihr zu erzählen, dass ihm Maria Callas im Park erschienen sei, ist Cora sicher, dass der Typ einen Knall und natürlich unbewältigte Probleme mit seiner übermächtigen Mutter hat.

Schön wär's. Aber so schnell gibt sich der Teufel nicht geschlagen. Denn genau der sei er, behauptet plötzlich Nagy. Und erzählt Cora von Dingen, die so komisch absurd sind, dass sie eigentlich darüber lachen müsste. Doch Cora ist dem jungen Mann (den Schweiger zwar nicht dämonisch, aber schön frech spielt) schon längst mit Haut und Haaren verfallen.

Danach beginnt zwischen den beiden ein fürwahr höllisches Spiel aus Liebe, Begierde und Leidenschaft, das trotz des ganzen Hokuspokus mitreißend ist. Wie es dabei Corinna Harfouch gelingt, den Wandel der anfangs so coolen Cora in eine Frau, die auf Teufel komm raus Sex will, ihn fordert und daran fast zerbricht, glaubhaft zu verkörpern, ist bereits das Eintrittsgeld wert. Geschickt verbindet Eichinger zudem Elemente des Märchens und des Thrillers, der Komödie und des Mystischen. Und verzichtet vor allem auf jede Eindeutigkeit.

Der Zuschauer muss also selber entscheiden, ob Nagy nun nur ein trickreicher Spinner oder tatsächlich der Leibhaftige ist und ob all die seltsamen Erscheinungen "wirklich" sind oder nur der Fantasie einer erotisch schwer "gestörten" Frau entspringen. Und genau diese teuflische Ambivalenz zeichnet diesen sehenswerten Film aus.