Der richtige Anreiz
Bei einem Verstoß gegen Stabilitätskriterien könnte ein Ausschluss aus Sportturnieren eine angemessene Strafe sein
Derzeit streiten nicht nur Politiker darüber, wie man den Euro-Währungsraum so gestalten könnte, dass die Mitglieder Stabilitätskriterien einhalten. Die wurden in der Vergangenheit nämlich nicht nur von Ländern wie Griechenland, sondern auch von Deutschland und Frankreich immer wieder verletzt. Aber Geldstrafen sind als Mittel gegen zu hohe Ausgaben ganz offensichtlich widersinnig - und ein Entzug von Stimmrechten macht die EU noch undemokratischer, als sie schon ist.
Eine Möglichkeit, das Problem zu lösen, wäre die von Christian Felber von Attac vorgeschlagene Vermögenssteuer-Automatik, die Haushalte auch dann im Gleichgewicht halten würde, wenn ausgabefreudige Regierungen an der Macht sind. Da diese Lösung aber von der EU-Bürokratie beflissentlich ignoriert wird, muss man sich offenbar Gedanken um Alternativen dazu machen.
Eine dieser Alternativen wäre der Ausschluss von internationalen Sportveranstaltungen. Der könnte wie folgt aussehen: Wenn ein Land stabilitätsgefährdend Schulden macht, dann dürfen seine Sportler und Vereine bis zur nachhaltigen Korrektur dieses Fehlers nicht mehr an der Fußball-Europameisterschaft, der Champions League und anderen Veranstaltungen teilnehmen. Das würde Öffentlichkeit schaffen und Politiker unter Druck setzen, aber der Bevölkerung nicht schaden (obwohl dies Teile davon möglicherweise anders empfinden mögen).
Durchsetzen könnte man das beispielsweise über Grenzkontrollen für Spieler und Fans oder über den europäischen Fußballverband UEFA. Dort heißt es gegenüber Telepolis, man sei "keine politische Veranstaltung" und entscheide nach rein sportlichen Kriterien. Bisher habe außerdem noch kein Politiker einen solchen Vorschlag an den Verband herangetragen. Sollte dies doch einmal der Fall sein, dann müsste "das Top-Management darüber entscheiden".
Unter Druck setzen könnte die Politik die UEFA und andere Sportverbände mit dem Entzug von direkten und indirekten Subventionen. Die fließen nicht nur in Ländern wie Spanien und Italien in breiten Strömen: In Deutschland gaben Bund, Länder und Gemeinden dem Städtetag zufolge 2008 insgesamt 3,9 Milliarden Euro für den Sport aus. Der Kölner Sportwissenschaftler Christoph Breuer kam im selben Jahr sogar auf noch wesentlich höhere Summen. Danach liegt alleine die direkte Förderung des Sports bei jährlich etwa 6 Milliarden Euro.
Den Löwenanteil der Subventionen zahlten nach beiden Berechnungen mit etwa 80 Prozent die Kommunen, die immer wieder klagen, wie klamm sie angeblich sind. Trotzdem lassen Kommunalpolitiker nach Recherchen des NDR in zahlreiche Städten mit Dritt- und Viertligaklubs wie Erfurt und Magdeburg völlig überdimensionierte Stadien bauen. Ein besonders eindrucksvolles Beispiel ist die Ruhrgebietsstadt Essen, die derzeit nur mit 100 Millionen Euro Hilfsgeldern aus dem nordrhein-westfälischen Landeshaushalt ihren Zahlungsverpflichtungen nachkommen kann. Trotzdem bekommt ihr Viertligaklub gerade ein 43 Millionen Steuer-Euro teures Stadion mit VIP-Lounge hingestellt.
Dass solche Verschwendung sich ausbreitet, liegt auch daran, dass Sportförderung einen ähnlichen politischen Zweck hat, wie das Verschenken von Bildbänden an Abiturienten und von Geschenkkörben bei Jubiläen: Fotos und Bratwurstmeldungen für die Presse, mit denen auf Kosten der Steuerzahler Wähler geworben werden. In dem mit einer Milliarde Euro verschuldeten Saarbrücken ließ die SPD-Oberbürgermeisterin im letzten Wahlkampf den Bau eines 28 Millionen Euro teuren Stadions für den örtlichen Drittliga-Fußballklub beschließen – und wurde prompt wiedergewählt, was sie als "angenehmen Nebeneffekt" wertet. Und in Karlsruhe, wo 70 bis 80 Millionen Euro Steuergelder in das Stadion eines Drittligavereins fließen sollen, kandidiert Ingo Wellenreuther, der Präsident dieses Vereins, im Dezember sogar selbst als Oberbürgermeister auf dem CDU-Ticket.
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