Der schmutzige Kalte Krieg der Finanzwelt

Bad Banks. © ZDF / Ricardo Vaz Palma

Mechanik auf hohem Niveau: Christian Schwochows ZDF/ARTE-Sechsteiler "Bad Banks" ist zwar nicht brillant, gehört aber zu den besten unter den deutschen Serien

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Bilder in Blau-Grau-Gelb-Grün, pulsierende Musik. Alles beginnt vor der Skyline der Finanzhauptstadt Frankfurt als eine kapitalistische Dystopie: Die deutschen Bankautomaten spucken plötzlich kein Geld mehr aus. Eine Horrorvision: Offenbar hat sich eine Bankenpleite ereignet und in der Bevölkerung greift Panik um sich, weil alle fürchten, ihr Geld zu verlieren. Die TV-Bildschirme zeigen die erwartbaren Politikerreden, in denen zur Besonnenheit aufgerufen wird, auf den Straßen gibt es Demonstrationen, Tränengas wird eingesetzt, Gegenstände fliegen auf Polizeischilder ...

Dann sieht man eine junge Frau, die ihr Gesicht durch die Kapuze ihres Jogging-Overalls verdeckt hat. Entschlossenen Schrittes betritt sie durch den Hintereingang einen Bankenturm, geht in ein Großraumbüro, in dem Computerbildschirme flimmern und hektisch die Aktivitäten der weltweiten Finanzmärkte registriert werden. Auch vom Verschwinden eines Politikers, des Leipziger Oberbürgermeisters ist die Rede. Spätestens als unter ihrem Overall ein Businessanzug sichtbar wird, erinnert diese junge Frau gar nicht so fern an "Lena Kroske", die Hauptfigur der Werbekampagne einer deutschen Geschäftsbank, die "nach 2008" deren Jugend, Weiblichkeit, und vor allem Lernfähigkeit - "es gibt vieles, was wir heute anders machen würden" - visualisieren soll, und diese als "die Bank an ihrer Seite" im Bewusstsein der Bürger neu justieren - Propaganda des neoliberalen Finanzkapitalismus.

Diese Auftaktszenen von "Bad Banks" sind trotzdem nicht der Anfang, sondern fast schon das Ende der Geschichte, die hier erzählt wird. Es folgt ein Sprung zurück auf der Zeitachse: Ein paar Monate zuvor beginnt alles im Finanzparadies Luxemburg. Die junge Frau im Anzug ist, das wird schon in den ersten Minuten klar, die Hauptfigur dieser ZDF/ARTE-Serie, die auf der Berlinale ihre Premiere erlebte. Sie heißt ebenfalls zweisilbig Jana Liekam, ein typischer Ostname - man wüsste gern, ob auch nur eine Investmentbankerin auf dem Niveau tatsächlich Jana heißt, und auch nur ein männlicher Kollege Kevin. Der Name Jana betont noch die ihr angedichtete soziale Aufsteigerbiographie. Sie soll in unserer, des proletarischen Publikums Achtung steigen, weil sie sich alles hart erkämpft hat, weil sie Karriere gegen ihre Biografie gemacht hat, gegen ihre Herkunft. Tut sie das?

Der schmutzige Kalte Krieg der Finanzwelt (14 Bilder)

Bad Banks. © ZDF / Ricardo Vaz Palma

Jana wird von der Luxemburger Bank, für die sie arbeitet, gefeuert, nachdem sie dem Sohn eines Vorstands die Schau gestohlen hat, und nur Minuten später von einem Headhunter für die Frankfurter "Deutsche Global Invest-Bank" angeworben - ein unerwarteter Aufstieg. Der kommt keineswegs zufällig oder nur aufgrund von Janas Talent, sondern wurde, wie sich noch am gleichen Abend herausstellt, von der Investmentbankerin Christelle Leblanc vermittelt, die im Vorstand von Janas altem Arbeitgeber sitzt, und die man sich als sibyllinische, berechnend-manipulative Strippenzieherin der Finanzmärkte vorstellen muss. Leblancs Agenda bleibt lange Zeit im Hintergrund, doch ist von Anfang an klar: Sie ermöglicht Janas Aufstieg aus eigennützigen Gründen und will für ihre Hilfe Gegenleistungen im schmutzigen Kalten Krieg der Finanzwelt.

Broker-Klischees und schnelle Pulsfrequenz

Nach anfänglichen Schwierigkeiten erlebt die schnelle, kluge, und extrem ehrgeizige Jana einen steilen Aufstieg in der Global Invest. In den ersten drei Folgen lernt man darüber hinaus vor allem ihre Arbeitskollegen Thao und Adam kennen, sowie ihren Chef, den charismatischen niederländischen Investment-Star Gabriel Fenger. Nebenbei werden bereits weitere Figuren etabliert, die für die Zuspitzung der Handlung in der zweiten Serienhälfte entscheidend sind: Die Finanzvorstände der Bank (Tobias Moretti, Jean-Marc Barr), die Fenger wider Willen zum Mitbeteiligten in einem schmutzigen Aktien-Deal machen, der todkranke Leipziger Oberbürgermeister (Jörg Schüttauf), der noch die Erfüllung seines Lebenstraumprojekts erleben will, Janas Luxemburger Ex-Chef Luc Jacoby (Marc Limpach). Parallel wird das Leben dieser Börsenhändler nach allen Regeln der Kunst und des Broker-Klischees entfaltet: Drogen, Nutten, schnelle Autos, daneben Burnout, sexuelle Perversion und ein nichtexistentes Privatleben.


Das ist alles so mechanisch, wie es klingt, aber für eine ruhigere, organische und glaubhaftere Story- und Charakterentwicklung sind sechs Folgen a 50 Minuten nicht genug Zeit - "Bad Banks" ist eine Serie mit schneller Pulsfrequenz, kurzen, prägnanten Szenen, und die Mechanik, von der die Rede war, ist Mechanik auf hohem Niveau. Alles eskaliert gegen Ende, als verschiedene riskante Spekulationen gegeneinander ins Feld geführt werden, und alle sich gegenseitig auszustechen versuchen und läuft auf die bereits zu anfangs skizzierte Bankenkrise zu.

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