Desorganisation der EXPO
Tickets - Warnstreiks - Rat von Schäuble
Ticketdschungel und kein Ende in Sicht. Die Preisgestaltung der EXPO wird immer undurchsichtiger. Erst sollte es keine Preis-Rückerstattungen geben und schon einen Tag später ist dieses doch möglich. Es vergeht kein Tag, an dem die EXPO ihre Entscheidungen je nach Gegenwind ausrichtet. Im Themenpark "Zukunft der Arbeit" gab es den ersten Warnstreik. Und Wolfgang Schäuble hat auch nur einen kleinen Rat für die EXPO.
Es gibt Preis-Erstattungen
Nach der kürzlich beschlossenen Ticket-Großoffensive hagelte es Proteste bei der EXPO. Aber auch einige Reisebüros mussten sich die Beschwerden anhören. Viele Senioren hatten sich die Karten schon frühzeitig vor Beginn der EXPO für 69 DM besorgt, weil die EXPO-Webestrategie auch suggerierte, es gäbe die undatierten Karten nur bis zu einem bestimmten Zeitpunkt. Daher verstanden es die älteren Besucher auch überhaupt nicht, dass die neue Regelung nicht für sie gelten sollte, nur weil sie den Ratschlägen der Verkaufsbüros gefolgt waren. 20 DM mehr sollte sie diese Gutgläubigkeit nun kosten. Pressesprecherin Wibke Bruhns stellte zunächst auch ganz klar: "Bezahlt ist bezahlt!"
Ein Sturm der Entrüstung folgte und nur einen Tag später hat diese erteilte Absage keine Gültigkeit mehr. Wer einen Parkplatz gebucht hat oder als Senior eine Karte gekauft hat, kann sich die Differenz in der Halle 13 auf der EXPO unbürokratisch in bar auszahlen lassen. Das gilt für Senioren ab 60 Jahren, Kinder bis 12 Jahren in Begleitung eines Erwachsenen, Familientickets, Begleitertickets von Behinderten mit B-Ausweis und voraus bezahlte Pkw-Parkplatztickets. Selbst wer zwischen dem 10. und dem 13. Juli die EXPO schon besucht hat, kann seinen Anspruch noch geltend machen. Hierzu muss man sich allerdings schon einen Erstattungsantrag zuschicken lassen. Dieser kann bei der EXPO 2000 Hannover GmbH, Abteilung TuT/Kundenservice, EXPO-Plaza 11, 30521 Hannover angefordert werden.
Neue Monatskarte
Auch bei den Monatskarten hat sich wieder etwas getan und schon bahnt sich neuer Ärger an. Ursprünglich war die Monatskarte für 399 DM gar nicht vorgesehen, dann wurde sie ausschließlich für die Monate Juni und Juli ausgegeben, neuerdings kann man sie bis zum Ende der Weltausstellung erwerben. Neben dieser Neueinführung ist an sich die Tatsache erfreulich, dass die Karte nicht nur vom ersten bis zum letzten Tag des erworbenen Monats gilt, sondern den Besuch der Weltausstellung ab dem Kaufdatum 31 Tage lang ermöglicht. Einige Besitzer der bisherigen Monatskarte wurmt dies schon ein wenig, denn sie waren bislang in das feste Schema gepresst. Manche haben es in Kauf genommen, nur zwei oder drei Wochen davon nutzen zu können. Sie kommen nun nicht in den Genuss der neuen Regelung und haben ihrer Ansicht nach der EXPO ein paar Tage geschenkt.
Und noch ein Ticket-Ärgernis
Die Erwachseneneintrittskarte umfasst jetzt auch den Besuch eines Kindes im Alter bis 12 Jahren. Doch damit sind die Kinder leider nicht automatisch mitberechtigt, den Nahverkehr kostenlos zu nutzen. Hier gilt das Alleinerziehenden-Ticket nicht als Fahrschein für das Kind, sondern es muss ein Extrafahrschein gelöst werden. Viele Eltern hoffen, dass auch hier noch einmal nachgedacht wird und die Kinder mit einbezogen werden. Gut möglich, der EXPO-Sommerschlussverkauf hat ja gerade erst begonnen.
Zukunft der Arbeit mit ersten Warnstreiks
Man könnte meinen, dass ein Warnstreik mit zur Szenerie des Themenparks "Zukunft der Arbeit" gehöre. Aber weit gefehlt, zu einer ersten Arbeitsniederlegung kam es in der 19 Uhr-Vorstellung aus realem Anlass, nachdem die Tarifverhandlungen am Dienstag ohne Ergebnis abgebrochen worden sind. Einigkeit soll inzwischen bei der Anzahl der zu leistenden Auftritte der Tänzer erzielt worden sein. Mehr als drei Auftritte pro Tag sind eine Zumutung, hatte die Verhandlungsführerin der IG-Medien Inez Kühn festgestellt. Noch weit entfernt ist man von einer finanziellen Einigung.
Im Zusammenhang mit dem Warnstreik sind wieder einmal die Sicherheitsleute unangenehm aufgefallen. Sie verweigerten Presse- und Rundfunkleuten den Zugang. Doch damit war der Höhepunkt dieser Tarifverhandlungen noch nicht erreicht, denn am Mittwochabend schien eine Einigung der Verhandlungspartner möglich. Nach einer Verhandlungspause erklärten die juristischen Vertreter der Arbeitgeberseite aber, dass sie weder eine Verhandlungs- noch eine Abschlussvollmacht hätten. Erst in der nächsten Woche könnten sie mitteilen, ob es von ihrer Seite überhaupt eine Bereitschaft zu einem Tarifabschluss geben wird. "Wir werden, wenn es nötig ist, auch einen Arbeitskampf führen. Ziel ist es einen fairen Tarifvertrag abzuschließen, der der außerordentlich schweren Arbeit der Tänzerinnen und Tänzer Rechnung trägt. Die Expo ist keine tarifvertragsfreie Zone.", erklärte jetzt die IG-Medien. Dennoch ist man immer noch bemüht, die Verhandlungen mit Erfolg fortzuführen.
Ratschlag von Wolfgang Schäuble
Die Woche war geprägt von Besuchern der CDU und der CSU. Ministerpräsident Stoiber präsentierte Bayern anlässlich der Länderwoche als Land der Zukunft, das aber nur im Einklang mit der Tradition Bestand haben wird. Unangenehm aufgefallen ist er bei den Gastgebern mit der Bemerkung, dass Berlin oder München doch die geeigneteren Städte für eine EXPO gewesen wären. Er bekam gerade noch die Kurve, als er hinzufügte: "Hannover ist aber der richtige Standort". Das CDU-Präsidium tagte auf der EXPO ebenso wie die Liberalen, und der EX-CDU-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Schäuble sprach im Pavillon der Hoffnung über die "Zukunftsperspektiven der Jugend". Schäuble unterstrich im Gespräch, wie wichtig es sei, dass junge Menschen in der Politik selbst aktiv werden und mehr soziales Engagement zeigen.
"Statt ständig über Politiker zu klagen, sollten Jugendliche viel mehr Initiative ergreifen. Jeder hat die Chance, sich einzubringen", betonte Schäuble. "Junge Leute werden gebraucht und müssen gefordert werden - sie dürfen nicht darauf warten, dass man ihnen eine Hängematte bringt". Ein Rezept hatte er aber auch nicht parat, denn als junger politisch interessierter Mensch muss man auch erst einmal an den vielen alten Herren vorbei kommen. Solange die über 70-Jährigen immer noch denken, dass sie als Familienväter Ahnung von Jugendpolitik hätten, wird sich auch an einer Politikverdrossenheit von Jugendlichen nichts ändern.
In einem kurzem Gespräch auf einen Rat für die EXPO-Macher angesprochen, wie man die EXPO denn seiner Meinung nach auf Trab bringen könne, meinte Wolfgang Schäuble: "Man muss den Leuten erzählen, wie toll die EXPO ist". In dem Punkt hat er Recht, doch leider ist es schwer, die EXPO als etwas Tolles zu verkaufen, wenn man gleichzeitig potenziellen Besuchern das Chaos der Organisation vermitteln muss.