Deutsche Verkehrspolitik: Wer hat, dem wird gegeben
Das "Deutschlandticket" für 49 Euro steht zwar vor dem Aus – aber ein grünes Image muss sein. Was an der deutschen Verkehrspolitik sozial ungerecht ist.
Wer hat, dem wird gegeben – das scheint die Devise des Bundesverkehrsministeriums unter Volker Wissing (FDP) zu sein. Wer ein Haus besitzt und ein Elektroauto zumindest bestellt hat, kann bald bis zu 10.200 Euro Förderung für private Ladeinfrastruktur über die staatliche KfW-Bank abgreifen. Finanziert wird dieses Programm über den Klima- und Transformationsfonds (KTF), einem Sondervermögen in Höhe von rund 35 Milliarden Euro.
Wer sich gerade noch ein E-Auto leisten kann, aber nicht die häuslichen Möglichkeiten zur Installation einer Photovoltaik-Anlage mitbringt, hat diesbezüglich Pech gehabt, aber vielleicht wenigstens eine vierstellige Kaufprämie für das E-Auto mitnehmen können. Diese Prämien wurden allerdings noch von der "schwarz-roten" Vorgängerregierung beschlossen.
Wer sich trotz aller Subventionen, mit denen der motorisierte Individualverkehr in Deutschland gefördert wird, kein Auto leisten kann, oder einfach keines will – sei es wegen der nervigen Parkplatzsuche oder weil es auch mit Elektroantrieb nicht die klimafreundlichste Variante ist – hat Pech gehabt.
Denn auch das 49-Euro-Monatsticket für ÖPNV und Regionalbahnen in ganz Deutschland könnte schon bald Geschichte sein – die Finanzierung durch den Bund ist nur bis Dezember gesichert.
Erleichterung und Enttäuschung
Dabei war der Ticketpreis von 49 Euro schon eine Enttäuschung für alle, die sich für sozial gerechten Klimaschutz im Verkehrssektor einsetzen – aber für viele Großstadtmenschen immer noch eine Verbesserung im Vergleich zur Zeit vor dem kurzen Sommer des Neun-Euro-Tickets, da sie zum Teil mehr als 80 Euro für ein ÖPNV-Monatsticket ausgeben mussten, das nur in ihrer Stadt galt. In kleineren Städten fiel die Ersparnis geringer aus, wenn nicht oft Regionalbahnen genutzt wurden.
Beim Neun-Euro-Ticket für ÖPNV und Regionalverkehr in ganz Deutschland kamen tatsächlich alle, die nicht so ländlich wohnten, dass der Verzicht auf ein Auto fast unmöglich ist, spürbar günstiger weg.
Nur drei Monate im Sommer 2022 war dieses Ticket im Angebot, als vorübergehende Entlastungsmaßnahme im Zuge der Inflation. Die Forderung, es langfristig einzuführen, wird unter anderem von der Klima-Initiative "Letzte Generation" erhoben. Die Partei Die Linke versucht es zumindest für Bedürftige durchzusetzen.
Die Kosten für einen funktionierenden öffentlichen Nahverkehr sind so zwar nicht finanzierbar – allerdings wird er auch von Steuerpflichtigen genutzt, die ungefragt hohe Subventionen für den Autoverkehr mitfinanzieren müssen. Darauf berufen sich Umwelt- und Sozialverbände, die höhere Bundeszuschüsse fordern.
Da die 49 Euro für das "Deutschlandticket" nicht die Kosten für alle ÖPNV-Fahrten decken, übernehmen Bund und Länder bislang jeweils 1,5 Milliarden Euro im Jahr, um das Defizit auszugleichen. Falls aber dieses Geld nicht reichen sollte, werden die Mehrkosten zwischen beiden Seiten aufgeteilt. Für das kommende Jahr gibt es für diese "Nachschusspflicht" aber noch keine Einigung. Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) rechnet mit Mehrkosten von 1,1 Milliarden Euro im Jahr 2024.
In der Annahme, dass rund 13 Millionen Menschen das Ticket regelmäßig nutzen könnten, erwägt der VDV nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur eine Preiserhöhung um satte 20 Prozent – auf 59 Euro im Monat.
Mehr als zehn Millionen Menschen nutzen das 49-Euro-Ticket zumindest bisher. Etwas mehr als eine Viertelmllion haben auch schon eine Petition für den Erhalt dieses Angebots unterzeichnet.