Spekulanten treiben Gaspreise für Sommer 2025 nach oben
Gas kommt seit Russland-Aus vom Weltmarkt mit eigenen Preisregeln. Händler erwarten für Sommer 2025 höhere Preise als für den Winter.
Mit dem Ende der Gasversorgung über Pipelines aus Russland hat sich die deutsche Gasversorgung auf den Weltmarkt verlagert und muss sich auf dessen Marktteilnehmer einstellen. Der Markt sucht in der Regel nach Möglichkeiten der Gewinnmaximierung.
Der Markt reagiert nicht immer so, wie die Politik es sich wünscht, sondern sucht sich grundsätzlich seinen Weg, wie die Gewinne der jeweiligen Akteure maximiert werden können. Wenn sich die Politik zu sehr auf den Markt verlässt und ihm keine Grenzen setzt, kann es schnell eng werden. Die Zeche zahlt dann nicht die Politik, sondern der Endkunde.
Überkapazitäten bei LNG-Terminals?
Das Flüssigerdgas-Terminal in Wilhelmshaven beabsichtigt von Anfang 2025 an über mehrere Monate kein neues Gas einzuspeisen, wie der bundeseigene Betreiber Deutsche Energy Terminal mitteilte. Es ist wohl geplant, dass die Kapazität des LNG-Terminals im Zeitraum vom 5. Januar bis 1. April nicht vermarktet wird und das Terminal für Frachtlieferungen ungenutzt bleibt.
Dafür konnte der Import über das Terminal in Brunsbüttel um 20 Prozent erhöht werden, nachdem die Gasunie-Ferngasleitung ETL 180 nach Behebung der Leitungssabotage in Betrieb genommen wurde.
Die Deutsche Energy Terminal erklärte, dass ihre Kapazitäten in der Gaskrise wesentlich zur Marktberuhigung beigetragen hätten und es nun wichtig sei, für die Terminals einen Rahmen für die weitere Vermarktung ihrer Leistungen zu definieren, der vom Markt auch angenommen werde.
Das LNG-Terminal in Wilhelmshaven war das erste, das in Deutschland in Betrieb genommen werden konnte. Es ermöglicht bislang einen Großteil der LNG-Importe. Weitere Terminals liegen neben dem erwähnten in Brunsbüttel sowie in Mukran. Geplant ist derzeit, in Wilhelmshaven noch ein zweites Terminal sowie ein weiteres in Stade in Betrieb zu nehmen.
Die Deutsche Energy Terminal rechnet mit einer Inbetriebnahme der beiden zusätzlichen schwimmenden Terminals im ersten Quartal 2025. Kritiker befürchten in diesem Zusammenhang jedoch, dass damit Überkapazitäten für den Import von verflüssigtem Erdgas geschaffen würden, die gar nicht benötigt werden und von den Endkunden über die Netzkosten zu tragen wären.
Der Markt reagiert auf den politischen Druck, im Sommer die Gasspeicher zu füllen
Die EU fordert von ihren Mitgliedsstaaten, dass sie ausreichend Gas speichern, um Engpässe und damit auch hohe Preise zu verhindern. Nicht berücksichtigt wurde bei dieser Vorgabe, dass damit auch Spekulanten in den Markt gelockt werden.
Für die Steuerzahler könnte dies am Ende kostspielig werden, wenn er die Differenz zwischen dem Preis bei der Einspeisung im Sommer und der Ausspeisung im Winter übernehmen müsste, weil die Preisdifferenz am Endkundenmarkt nicht vermittelbar wäre.
Wer heute an der europäischen Börse eine Megawattstunde Erdgas für den Winter 2025/26 kaufen will, muss dafür rund 40 Euro bezahlen. Das verwundert Niemanden, denn dann ist es erwartungsgemäß kalt, die Wohnungen sollen geheizt und Strom erzeugt werden, wenn eine Dunkelflaute droht. Bislang lagen die Preise für Sommergas daher unter denen für Wintergas.
Was den unbefangenen Beobachter jetzt verblüfft, ist die Tatsache, dass eine Megawattstunde Gas für den Sommer 2025, wenn kaum jemand heizt und Sonne und Wind genug Strom liefern, vier Euro teurer als im folgenden Winter ist. Dieser negative Sommer-Winter-Spread bei Erdgas am virtuellen Knotenpunkt TTF in den Niederlanden ist an den Börsen bislang eine Rarität.
Üblicherweise basiert das Geschäftsmodell vieler Gashändler darauf, den Brennstoff im Sommer günstig zu kaufen und zu speichern, um ihn im Winter teurer zu verkaufen. Das garantierte bislang, dass Europas Erdgasspeicher wie von der Politik gefordert zu Beginn der Heizsaison Anfang November zu mindestens 90 Prozent gefüllt sind. Diese bisherige Markt-Logik scheint nicht mehr zu gelten.
Die Erwartungen der Gashändler weichen von denen der Politik ab
Der unerwartete Anstieg der Gaspreise für den kommenden Sommer könnte signalisieren, dass die Händler damit rechnen, dass das LNG-Angebot am Weltmarkt knapp werden könnte, wenn Europa normalerweise beginnt, seine Speicher zu füllen. Immerhin finden sich am LNG-Markt größere Player als die einzelnen EU-Mitgliedsstaaten.
Und jetzt haben neben den klassischen Gashändlern wohl auch spekulative Investoren den europäischen Gasmarkt für sich entdeckt. Inzwischen gehen große Hedgefonds mit gewaltigen Beträgen in den Markt.
Ein Grund für die Erwartung höherer Gaspreise im Sommer ist der vergleichsweise rasche Abbau der Speichervolumina in diesem Winter, welcher die EU-Mitgliedsstaaten dazu veranlasst hatte, mehr Gas zuzukaufen als zuvor erwartet. Dazu kommt, dass die meisten neuen Flüssiggasprojekte erst im zweiten Halbjahr 2025 frische Mengen auf den Markt bringen werden. Auch das Ende des Gastransits durch die Ukraine verschärft die Unsicherheiten unter den Händlern.
Diese Preisentwicklung für den künftigen Gasbezug ist auch deshalb nicht gut, weil ein zu hoher Sommerpreis für Erdgas den kommerziellen Gashändlern jeden wirtschaftlichen Anreiz nehmen könnte, die vorhandenen Speicher zu befüllen.
Als Folge könnte es an den Steuerzahlern der Mitgliedstaaten hängen bleiben, die Speichervorgaben der EU zu erfüllen. Der zunehmend volatile Gasmarkt sorgt für gewaltige Unsicherheit bei den Kunden, die sich gerade in Deutschland darauf verlassen wollen, dass der Staat auch in Zukunft für eine gesicherte Versorgung mit klimaschädlichen fossilen Brennstoffen sorgt.