Deutschland am Scheideweg zwischen Wohlfahrts- und Rüstungsstaat
Seite 3: Hochrüstung führt zur Senkung des Lebensstandards
- Deutschland am Scheideweg zwischen Wohlfahrts- und Rüstungsstaat
- Soziales im Zeichen des Krieges: Springt die Ampel auf Rot?
- Hochrüstung führt zur Senkung des Lebensstandards
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"Frieren für die Freiheit" hat Altbundespräsident Joachim Gauck seinen Mitbürger(inne)n geraten, ohne deren wachsende soziale Probleme ernst zu nehmen. Zumindest die Geringverdiener/innen und Sozialleistungsbezieher/innen müssen den Gürtel künftig enger schnallen, denn Hochrüstung heizt die Inflation weiter an und aufgrund ihrer enormen Kosten nötig werdende Leistungskürzungen des Staates beeinträchtigen den Lebensstandard von Einkommensschwachen ebenfalls.
Während der Beschäftigungseffekt von Rüstungsausgaben vergleichsweise gering ist, wirken diese als Inflationstreiber, weil die Kosten neuer Waffensysteme erfahrungsgemäß aus dem Ruder laufen. Die durchschnittlichen Preissteigerungen liegen bei Rüstungsgütern deutlich höher als bei zivilen.
Es ist außerdem eine Illusion zu glauben, Sozialleistungen würden nicht gekürzt, weil das Sondervermögen für die Bundeswehr den Staatshaushalt nicht belaste. Christian Lindner geht nämlich von "Einsparungen an anderer Stelle" aus, wie der Finanzminister gleich verlauten ließ.
Wenn es schon ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro gibt, warum dann nicht für die Bekämpfung von Obdachlosigkeit, Langzeitarbeitslosigkeit und Kinderarmut, für Bildung, Betreuung und Pflege, für die Alterssicherung von Geringverdiener(inne)n oder für den öffentlichen Wohnungsbau?
Der russischen Militär- und Staatsführung um Präsident Wladimir Putin kann die deutsche Friedensbewegung nicht in den Arm fallen, weil sie keinen Einfluss auf dessen Politik hat. Aber deutschen Rüstungsfanatikern, Kalten Kriegern und Militaristen kann man noch in den Arm fallen.
Dies ist umso notwendiger, als der soziale Frieden in Deutschland nicht blindem Rüstungswahn geopfert werden darf. Denn auf Rüstung folgt irgendwann Krieg, wie die Ukrainer:innen derzeit leidvoll erfahren.
Prof. Dr. Christoph Butterwegge hat bis 2016 Politikwissenschaft an der Universität zu Köln gelehrt und zuletzt gemeinsam mit seiner Frau Dr. Carolin Butterwegge bei Campus das Buch "Kinder der Ungleichheit. Wie sich die Gesellschaft ihrer Zukunft beraubt" veröffentlicht.