Deutschland, ein anderes Land: Die militärische Führungsmacht

Seite 2: Den Gürtel enger schnallen

Als Verteidigungsministerin bleibt ihr wohl wenig anderes übrig, wenn sie ihren Job behalten will, aber wer es wissen wollte, konnte von Lambrecht ebenfalls noch einmal hören, dass die im Rahmen der Zeitenwende ausgelobten zusätzlichen 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr "genau die Summe" wäre, die nun erforderlich sei.

Erfreut zeigte sich die Verteidigungsministerin, dass es bisher gelungen sei, die Ausstattung der Bundeswehr ohne Einschnitte bei anderen Haushalten zu verbessern, indem es als "Sondervermögen", also in Form zusätzlicher Schulden, aufgenommen worden sei.

Allein schon diese Aussage ist fragwürdig, der springende Punkt, auf den Lambrecht aber hinauswill, besteht darin, dass das Sondervermögen auf fünf Jahre begrenzt ist – danach ist es weg!

Aus diesem Grund wirbt Lambrecht jetzt schon für eine Art Nachfolgeregelung:

Wenn die Zeitenwende nachhaltig sein soll, wenn die Zukunftsaufgabe Sicherheit gelingen soll, dann werden wir auch noch mehr für Verteidigung ausgeben müssen. Und das ist dann ganz konkretes Geld, keine abstrakten Größen und ich kann diese Erkenntnis niemandem ersparen.

Christine Lambrecht

Die "Richtschnur" sei dabei klar, nämlich ein Militärhaushalt, der dauerhaft mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes umfasse – also auch nach dem Ende des Sondervermögens:

Am Ende brauchen wir dieses Geld, ohne Wenn und Aber und vor allen Dingen, wir brauchen es langfristig. Wir brauchen es langfristig, damit auch diese 100 Mrd., diese Anstrengungen, die wir jetzt unternommen haben, nicht vergeblich sind.

Christine Lambrecht

Der offizielle Militärhaushalt wird sich nach gegenwärtiger Beschlusslage im Jahr 2026 auf 50,1 Mrd. Euro belaufen – zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes dürften zwischen 75 und 80 Mrd. Euro sein, ein Wert, der dann zum letzten Mal über Entnahmen aus den Sonderschulden erreicht werden kann.

Laut Lambrecht soll also dann spätestens 2027 eine Erhöhung des offiziellen Militärhaushaltes um rund 25 bis 30 Milliarden Euro erfolgen, was unter Beachtung der Schuldenbremse nur durch massivste Kürzungen in anderen Bereichen möglich sein wird. Und genau aus diesem Grund argumentierte Lambrecht dann schlussendlich auch noch dafür, man müsse bei Mitteln für die "staatliche Daseinsvorsorge" künftig zugunsten der Bundeswehr "umschichten":

Machen wir uns aber nichts vor, wer selber mehr tun muss, aber weniger Mittel hat, der wird dann auch intern umschichten müssen. Wir stehen also auch vor politischen Abwägungen darüber, in welchen Bereich die Mittel der staatlichen Daseinsvorsorge prioritär in Zukunft fließen sollen.

Und unser bestes Argument in dieser Diskussion und dieser Abwägung ist der klare analytische Blick auf die Gefahrenlage, auf die realen Bedrohungen unseres Systems, unserer Freiheit und des Friedens.

Christine Lambrecht

Verstetigung: Auftakt der Debatte

Mit ihrer Rede bereitete Lambrecht schon jetzt der spätestens in einigen Jahren unweigerlich anstehenden Debatte um eine Verstetigung des Sondervermögens den Boden.

Auch andere interessierte Akteure stehen schon jetzt in die Startlöcher, wenn etwa das Institut der Deutschen Wirtschaft Mitte August 2022 forderte:

Ab 2027 ist die Finanzierung zur Einhaltung des Zwei-Prozent-Ziels aber noch ungeklärt. Wenn das Sondervermögen bis dahin aufgebraucht ist und der Verteidigungshaushalt nicht erhöht wird, entsteht eine Lücke von rund 35 Milliarden Euro.

Wenn diese nicht geschlossen wird, würde der Anteil am BIP auf rund 1,2 Prozent zurückfallen […]. Eine Klärung und eine entsprechende mittelfristige Finanzplanung ist nicht erst in der nächsten Legislaturperiode bedeutsam, sondern muss frühzeitig vorgenommen werden, um eine langfristige Planungssicherheit über 2026 hinaus zu erreichen.

Ohne diese Verstetigung kann sich auch die Verteidigungswirtschaft nicht auf zukünftige Anforderungen einstellen. […] Spätestens 2026 muss zur Einhaltung des Zwei-Prozent-Ziels ein um gut 60 Prozent vergrößertes reguläres Verteidigungsbudget zur Verfügung gestellt werden.

Institut der Deutschen Wirtschaft