Deutschland steuert auf Drei-Millionen-Marke bei Arbeitslosen zu

Eine Frau sitzt deprimiert auf der Treppe, nachdem sie ihren Arbeitsplatz verloren hat.

(Bild: AlexandrMusuc / Shutterstock.com )

Konjunkturflaute lässt Arbeitslosenzahl seit zwei Jahren steigen. BA-Chefin Nahles warnt: Ohne neue Impulse droht Überschreiten der Drei-Millionen-Schwelle.

Die anhaltende Konjunkturschwäche in Deutschland hinterlässt immer deutlichere Spuren auf dem Arbeitsmarkt. Bereits ab Mitte 2022 werde die Zahl der Arbeitslosen schrittweise steigen, warnte die Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit (BA), Andrea Nahles, am Freitag in Nürnberg. Ohne entscheidende konjunkturelle Impulse könne bereits im kommenden Frühjahr die Marke von drei Millionen Arbeitslosen durchbrochen werden.

Schwache Herbstbelebung lässt Arbeitslosigkeit nur leicht sinken

Im September sank die Zahl der Arbeitslosen zwar noch einmal leicht um 66.000 auf 2,806 Millionen. Die übliche Herbstbelebung fiel in diesem Jahr aber deutlich schwächer aus als sonst. Im Vergleich zum Vorjahr lag die Zahl um 179.000 höher. Die Arbeitslosenquote sank gegenüber August nur um 0,1 Prozentpunkte auf 6,0 Prozent.

"Der Auftakt der Herbstbelebung am Arbeitsmarkt verläuft in diesem Jahr also nur schleppend", sagte Nahles laut Deutscher Presse-Agentur (dpa). Es gebe derzeit keine Signale, dass sich der seit 2022 anhaltende Negativtrend schnell ändern werde. Zuletzt hatte es im Februar 2015 mehr als drei Millionen Arbeitslose in Deutschland gegeben.

Nachfrage nach Arbeitskräften geht zurück – Kurzarbeit könnte wieder anziehen

Auch die Nachfrage nach Arbeitskräften schwächt sich ab. Im September waren noch 696.000 offene Stellen zur Besetzung gemeldet, 65.000 weniger als vor einem Jahr. Dagegen stiegen die Anzeigen für Kurzarbeit zwischen dem 1. und dem 23. September deutlich um 65.000 - ein Indiz für zunehmende wirtschaftliche Probleme.

Regional gibt es große Unterschiede: Die höchste Arbeitslosenquote hatte im September Bremen mit 11,1 Prozent, gefolgt von Berlin mit 9,8 Prozent. Am niedrigsten war sie in Bayern mit 3,8 Prozent. Die ostdeutschen Länder Thüringen und Brandenburg schnitten mit jeweils 6,1 Prozent besser ab als einige westdeutsche Bundesländer.

Ökonomen erwarten leichte Entspannung erst 2025

Trotz der aktuell düsteren Aussichten sehen Ökonomen eine leichte Entspannung kommen – allerdings erst im nächsten Jahr. Laut KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib dürfte die durchschnittliche Arbeitslosenzahl von 2,6 Millionen im Jahr 2023 auf 2,8 Millionen im Jahr 2024 steigen und erst 2025 wieder leicht sinken.

Das Problem des Fachkräftemangels bleibe trotz der konjunkturellen Abkühlung bestehen, so Köhler-Geib. Vor allem Dienstleistungsberufe suchten oft lange nach Personal. Im Durchschnitt dauere eine Stellenbesetzung viermal so lange wie noch vor 20 Jahren.

Während die Dienstleister weiter Beschäftigung aufbauten, gehe die Beschäftigung in der Industrie zurück, betonte auch BA-Chefin Nahles. Diese Impulse reichten aber nicht aus, "um den fehlenden Schub durch die Konjunktur zu kompensieren".

Gedämpfte Aussichten auch laut Ifo-Index und Exportdaten

Die gedämpften Aussichten spiegeln sich auch im ifo-Geschäftsklimaindex wider. Er sank im September zum vierten Mal in Folge auf 85,4 Punkte, hauptsächlich wegen der Eintrübung im Verarbeitenden Gewerbe. Alarmsignale kommen auch von den Exporten in Drittländer außerhalb der EU, die im August um 1,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurückgingen.

Experten sehen die deutsche Wirtschaft daher in einer anhaltenden Schwächephase. Nach einer Prognose des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) wird das Bruttoinlandsprodukt 2024 um 0,1 Prozent schrumpfen und 2025 nur leicht um 0,4 Prozent wachsen.