Deutschland wird nun auch im Cyberraum verteidigt

Seite 3: Cyber-Reserve wird aufgestellt

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Das "Projekt Digitale Kräfte" geht mittlerweile in seine zweite Phase. Die Bundeswehr setzt auf "provokante Sprüche" (so die Eigendarstellung) wie "Wann darf man Hacker hacken" oder "Wir verteidigen die Freiheit - jetzt auch im Netz". Phase eins bezeichnet die Bundeswehr als erfolgreich: So habe es 25 Prozent mehr Einstellungen im IT-Bereich gegeben als 2015. Die Bewerbungen als Zeitsoldaten in der IT seien 2016 um 20 Prozent gestiegen. Bereits 20.000 IT-Fachkräfte arbeiten inzwischen bei der Bundeswehr, heißt es.

Zugleich gab der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Volker Wieker, bekannt, eine "Cyber-Reserve" einzurichten. Das "Konzept für die personelle Unterstützung der Cyber-Community der Bundeswehr" sieht vor, auch ungediente Freiwillige zu beschäftigen. Das Verteidigungsministerium will dadurch Fachleute aus Hochschulen, Nichtregierungsorganisationen, Vereinen oder Verbänden rekrutieren. Als sogenannte "Ethical Hacker" sollen sie die bei Übungen Angriffe simulieren.

Reserve aus Cyber-Söldnern?

Interessierte sollen dabei auch mit Dienst-, Honorar- oder Werkvertrag beschäftigt werden können. Doch das rief umgehend Protest hervor: Der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hans-Peter Bartels (SPD), sagte, in sensiblen Bereichen brauche es "eine feste Bindung zur Bundeswehr". Grundsätzlich sei es aber schon sinnvoll, mit neuen Arbeitsverträgen zu experimentieren, da man so Quereinsteiger anlocken könne. Das Cyber-Kommando sei "richtig, beinahe überfällig", angesichts neuer Bedrohungen "aus dem Cyber-Raum" müsse jetzt "geklotzt werden, nicht gekleckert" werden, sagte er der "Welt".

Grundsätzliche Kritik am neuen Cyber-Kommando kommt dagegen von Grünen und Linken. Die Grünen-Politiker Konstantin Notz und Agnieszka Brugger kritisierten: "Statt die Bundeswehr für die virtuelle Kriegsführung zu rüsten, sollte sich Frau von der Leyen auf internationaler Ebene für konkrete Vereinbarungen zur Sorgfaltsverantwortung für ein friedliches Miteinander im Cyberraum einsetzen." IT-Angriffe stellten "überwiegend hochproblematische Formen der Kriegsführung dar, weil Bürger und Zivilgesellschaft mitgefährdet werden". Die Linke kritisierte, die Bundeswehr verwische die "Grenze zwischen Krieg und Frieden".

Cybersicherheitsexperte Thomas Reinhold vom Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik der Universität Hamburg (IFSH) mahnte 2016 an, der Bundeswehr fehle immer noch ein strategisches Konzept für den Cyberraum. Beantworten müsse das Verteidigungsministerium, wie die Bundeswehr mit anderen nationalen oder internationalen Behörden zusammenarbeitet und mit der völkerrechtlich problematischen Situation umgeht.

"Bisher deuten die Planung und die im neuen Weißbuch beschriebenen Herausforderungen der Bundeswehr vor allem auf eine Ausweitung der Angriffsfähigkeiten, Planungen zum Einsatz der Bundeswehr für die Cyber-Abwehr im Inneren sowie eine engere Verzahnung mit dem militärischen Nachrichtenwesen und den Geheimdiensten hin", kritisierte Reinhold. Auch Cyberoperationen bräuchten aber eine Lagebildaufklärung und es sei zu befürchten, dass diese Aufgabe dem Bundesnachrichtendienst zufalle und damit parlamentarischer Kontrolle weitgehend entzogen sei, so Reinhold.

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