Deutschlands Pflegekräfte: Importiert, ausgebeutet, vergessen
Deutschlands Pflege steckt in der Krise. Im Ausland werden Pflegekräfte angeworben, die nicht immer willkommen sind. Es gibt aber noch mehr Probleme.
Die Personalsituation im medizinischen Bereich in Deutschland ist seit Jahren unbefriedigend. Dies betrifft sowohl die Krankenhäuser als auch die Dienstleister im medizinischen Umfeld, vom Podologen bis zum Orthopädie-Fachgeschäft.
Numerus Clausus – Barrieren im Medizinstudium überdenken
Bei den Medizinern wird der Flaschenhals inzwischen im Numerus clausus gesehen, der den Zugang zum Studium nach Abiturdurchschnitt begrenzt. Hier will man nun Abhilfe schaffen, wobei bis jetzt nicht klar ist, woher das zusätzlich benötigte Lehrpersonal kommen und wer es aus welcher Quelle bezahlen soll.
Der erleichterte Zugang zum Medizinstudium löst allerdings weiterhin nicht das Problem, dass viele Mediziner nach ihrer Ausbildung nicht in Deutschland praktizieren. Dies gilt zumindest so lange, wie andere Länder wie etwa die Schweiz attraktivere Arbeitsbedingungen bieten.
Innovative Lösungen für Deutschlands Pflegekräftemangel
Seit Jahren wirbt die deutsche Politik im Ausland um Pflegekräfte, denen das deutsche Lohnniveau mehr verspricht als die Bezahlung in ihrem Heimatland.
Erst spät wurde erkannt, dass auch eine Anhebung des Lohnniveaus in der Pflege in Deutschland eine Möglichkeit sein könnte, Pflegekräfte ins Land zu holen. Bald stellte sich jedoch heraus, dass die Lohnerhöhung in der Praxis mit einer Arbeitszeitverkürzung verbunden war.
Die Zeitarbeitsfirma als Fluchtpunkt für Pflegekräfte
Die Arbeitsorganisation der Pflege im Krankenhaus scheint nicht sehr arbeitnehmerfreundlich strukturiert zu sein. Viele Pflegekräfte ziehen es inzwischen vor, bei einer Zeitarbeitsfirma angestellt zu sein, anstatt im Krankenhaus fest angestellt zu sein.
Möglicherweise wäre es gerechter, Verfahren aus Ländern wie Indien zu übernehmen, als Mitarbeiter abzuwerben.
Internationale Rekrutierung von Pflegekräften: Chancen und Risiken
So gab es vor Jahren die Idee, Pflegekräfte aus China oder Vietnam anzuwerben, die dann für fünf Jahre in Deutschland eingesetzt werden sollten.
Offiziell wurde diese Zeit als Ausbildung deklariert und am Ende sollten sie ein Zertifikat erhalten, mit dem sie sich dann in ihren Heimatländern bessere Chancen im Pflegebereich erhoffen konnten.
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Personalnot in Psychiatrien: Patientensicherheit in Gefahr
Auch in Lateinamerika und auf den Philippinen werden Pflegekräfte für Deutschland angeworben, wobei die Bedingungen der jeweiligen Vermittlungsagenturen oft weniger dem deutschen Recht entsprechen, sondern eher nach modernem Menschenhandel oder gar Sklaverei klingen.
Das Dilemma der Pflege: Ausbeutung importiert, Versorgung exportiert
Deutschland schöpft inzwischen weltweit Pflegekräfte ab, die dann in ihren Heimatländern fehlen und hierzulande verschlissen werden.
Im Jahr 2021 arbeiteten laut dem philippinischen Gesundheitsministerium mehr als die Hälfte der Pflegerinnen im Ausland. Heimische Krankenhäuser, hieß es, müssten deshalb ihre Betten reduzieren, man sei nicht mehr in der Lage, das vorgeschriebene Verhältnis zwischen Pflegekräften und Patienten einzuhalten.
labournet.de e.V.
Auch in Tunesien, einem weiteren Hoffnungsträger deutscher Krankenhäuser, sorgt die Abwanderung von Pflegekräften für Engpässe in der medizinischen Versorgung.
Aktuell wird in Kenia Personal gesucht, das die Lücken in Deutschland von der Krankenschwester bis zum Busfahrer schließen hilft.
Dass sich bei der Anwerbung auch dubiose Agenturen tummeln, die den Bewerbern hohe Summen abknöpfen, ohne sie anschließend zu vermitteln, ist eine Folge der großen Nachfrage.
Die Zahl der in Deutschland arbeitenden Ärzte sorgt bisher dafür, dass die klinische Versorgung hierzulande gerade noch gesichert ist.
In Albanien, das bereits unter Ärztemangel leidet, will man nun die Abwanderung von medizinischem Fachpersonal stoppen, die neben Pflegekräften auch Ärzte betrifft.
Wer in Albanien Medizin studieren will, muss entweder fünf Jahre im Land arbeiten oder mehr als 40.000 Euro Studiengebühren an den Staat zahlen.
Fremdenfeindlichkeit: Ein wachsendes Hindernis für medizinisches Fachpersonal
Während die deutsche Politik im Bereich der medizinischen Versorgung seit Jahrzehnten nach dem Motto Ausländer rein verfährt, wird in der Öffentlichkeit immer häufiger die Forderung Ausländer raus erhoben.
Wenn sich jetzt Regionen in Deutschland zu "No-Go-Areas" für ausländische Arbeitskräfte entwickeln, wird die medizinische Versorgung in Deutschland vergleichsweise schnell zusammenbrechen.