Deutschlandticket: Sind 49 Euro nur der Einstieg?
Energie und Klima – kompakt: Verkehrsunternehmen bringen höheren Preis ins Spiel. Gewerkschaft und Umweltschützer wollen ihn senken. Das sind die Argumente.
Jetzt ist es also da, das 49-Euro-Ticket. "Deutschlandticket" wird es im offiziellen Sprachgebrauch genannt, und Ingo Wortmann, der Präsident des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), kündigt bereits an, dass es bei den 49 Euro nicht bleiben könnte.
Die Bundesregierung habe stets vom Einstiegspreis gesprochen. Deshalb sei in der offiziellen Kommunikation auch immer vom "Deutschlandticket" die Rede. Die Leute sollen sich, so offenbar der Hintergedanke, gar nicht erst an den Preis gewöhnen.
Immerhin ist Wortmann aber die Attraktivität des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) wichtig, weshalb der sich von Bund und Ländern, die den Preis letztlich aushandeln werden, einen möglichst niedrigen Preisanstieg wünscht.
"Heute machen wir Schluss mit kompliziert und anstrengend", meinte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) zur Einführung des Tickets. Und er hat insofern recht, als sich die Besitzer eines 49-Euro-Tickets keine Gedanken mehr über Tarifzonen machen und in fremden Städten nicht mehr die Logik der jeweiligen Fahrkartenautomaten entschlüsseln müssen.
Allerdings ist das neue Ticket ohne wirklich ersichtlichen Grund nur im Abonnement und nur digital erhältlich. Wer also nicht ständig Bedarf hat, muss ständig kündigen und neu bestellen, was immerhin monatlich möglich ist. Außerdem ist das Ticket nicht am Automaten erhältlich, sondern muss im Internet bestellt werden.
Das Ticket könnte kostengünstiger sein
In Berlin kann man es auch in den Kundenzentren der Verkehrsbetriebe bekommen, vor denen sich in der letzten Woche lange Schlangen bildeten. Eine Stunde und länger konnte es dauern, bis man das begehrte Allround-Ticket in den Händen hielt.
Eigentlich gibt es das nur digital und müsste dann auf das Smartphone geladen werden. Wer das nicht hat oder aus anderen Gründen die digitale Variante nicht will, kann in Berlin eine Plastikkarte bekommen. Die war aber letzte Woche im Internet nicht mehr zu bekommen, daher das nervige Warten in langen Schlangen vor den Kundenzentren der Berliner Verkehrsbetriebe BVG.
Natürlich ginge es auch einfacher. Wie das 9-Euro-Ticket im Jahr 2022 könnte auch sein teurer Verwandter monatlich am Automaten verkauft werden. Man hätte es auch für 29 Euro anbieten können. Wegen der deutlich höheren Attraktivität wäre der Absatz größer gewesen, sodass der Zuschussbedarf (1,5 Milliarden Euro jährlich vom Bund und noch einmal so viel von den Ländern) gleich geblieben wäre.
Dies wurde der Bundesregierung in den vergangenen Monaten von verschiedenen Organisationen vorgerechnet, aber die Bundesregierung ist auf diese Argumente nicht einmal eingegangen. Offenbar ging es dem Verkehrsminister nach dem überwältigenden Erfolg des Neun-Euro-Tickets und dem erheblichen Druck zu dessen Fortführung in erster Linie darum, den Nachfolger so unattraktiv wie gerade noch durchsetzbar zu gestalten.
Im vergangenen Sommer hatte es allerdings nach der befristeten Einführung des Neun-Euro-Tickets, das drei Monate lang verkauft wurde, Kritik von den Gewerkschaften gegeben. Die Beschäftigten in den Bahnen seien an ihre Belastungsgrenze gestoßen, hieß es im Juli 2022 bei der Eisenbahn- und Verkehrsgesellschaft EVG.
Entsprechend sprach sich die EVG gegen die Verlängerung des Neun-Euro-Tickets aus, allerdings nicht ohne auf das mangelnde Angebot hinzuweisen. Es gebe offensichtlich ein großes Interesse am ÖPNV. Mehr Personal und mehr Fahrzeuge müssten dringend her.
Langfristig trete die Gewerkschaft für einen kostenlosen ÖPNV ein, doch vorher müssten Angebot und Kapazitäten flächendeckend ausgebaut werden. "Um die Mobilitätswende zu schaffen, brauchen wir eine parteiübergreifende, langfristige Strategie inklusive stabiler Finanzierung", so seinerzeit der EVG-Vize-Vorsitzende Martin Burkert.
EVG und Umweltschützer fordern Ausbau des ÖPNV
Inzwischen sieht er die Unternehmen besser gerüstet und begrüßt ausdrücklich die Einführung des neuen Tickets. Das Angebot müsse es langfristig geben und gleichzeitig die Kapazitäten in den Bundesländern ausgebaut werden.
Ähnlich sieht es auch die Deutsche Umwelthilfe (DUH). Anlässlich der Einführung des 49-Euro-Tickets fordert sie einen "massiven Ausbau von Bus- und Bahninfrastruktur gerade im ländlichen Raum".
Zugleich weist sie darauf hin, dass der Preis für viele Menschen mit geringem Einkommen zu hoch ist. Deshalb tritt die DUH dafür ein, dass es "für Pendlerinnen, Rentner, Schülerinnen und Studenten sowie Menschen mit geringem Einkommen" ein 29-Euro-Ticket gibt.
Das Ticket müsse von "massive(n) zusätzliche(n) Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr – vor allem im ländlichen Raum" begleitet werden. Das sei besonders wichtig, weil "gut die Hälfte der Menschen in Deutschland schlecht oder gar nicht an öffentliche Verkehrsmittel angebunden" seien.
Die Finanzierung könne kostenneutral erfolgen, wenn Minister Wissing zugleich "klimaschädliche Subventionen für Klimakiller-Dienstwagen" einstellen, für die Steuerberater mit Slogans wie "Wie das Finanzamt Ihren Porsche finanziert" werben würden. "Statt Porsche-Kaufförderung von bis zu 57 Prozent des Preises sollte die Bundesregierung auch jenseits der Metropolen eine moderne Bahn und verbesserte Busanbindungen gewährleisten", so die DUH.
Das 49-Euro-Ticket gilt im ganzen Bundesgebiet in Bussen und Bahnen des öffentlichen Nahverkehrs, in den Bahnen des Regionalverkehrs und vereinzelt auch für IC-Verbindungen, wie zwischen Erfurt und Gera.
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