Die Angst vor Terroranschlägen an Neujahr geht in den USA und in England um

Während die Furcht vor Y2K-Pannen schwindet, tauchen neue Schreckgespenster auf: Briefbomben aus Deutschland oder Überlastung der Mobiltelefonnetze

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Während die Angst vor dem Jahr-2000-Fehler nach den letzten Umfragen in den USA zu sinken scheint, wird jetzt die vor möglichen terroristischen Anschlägen geschürt. Die neueste Botschaft sind Warnungen vor Briefbomben aus Deutschland, die angeblich in die USA und Großbritannien geschickt werden sollen. Überdies fürchtet der britische Innenminister, dass Millionen von neuen Handys bei den Neujahrsfeiern das Netz zusammenbrechen lassen könnten.

Zumindest hat das FBI mitgeteilt, es gebe zwar nur unbegründete Informationen, dass die Sendung von Briefbomben in die USA geplant werde, aber man will die Öffentlichkeit doch sicherheitshalber warnen: "Die Öffentlichkeit sollte mit Päckchen vorsichtig umgehen, die von Frankfurt, Deutschland, stammen, wenn dem Empfänger der Absender unbekannt ist." Diese Warnung gelte auch für England.

Auch Alan Fry, Leiter der anti-terroristischen Abteilung bei Scotland Yard rät den Menschen, vorsichtig zu sein und sich vor Postsendungen von unbekannten Absendern in Acht zu nehmen: "Die vor kurzem erfolgten Festnahmen in Jordanien und den USA haben die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit für mögliche Bedrohungen durch radikale islamische Gruppen erhöht. Die Öffentlichkeit stellt unsere Augen und Ohren dar und wir bestärken sie in der Weihnachts- und Neujahrszeit, wachsam zu sein und die Polizei zu benachrichtigen, wenn sie etwas Verdächtiges wahrnehmen."

In den Flughäfen der USA wird bereits nach Sendungen aus Frankfurt gesucht. Überall in den USA werden an Flugplätzen und Grenzübergängen verstärkte Sicherheitsmassnahmen durchgeführt. nachdem letzte Woche ein Mann aus Algerien festgenommen wurde, der Sprengstoff von Kanada in die USA schmuggeln wollte. Kanada wird inzwischen vorgeworfen, dass es wegen seiner laxen Grenzkontrollen zu einem Paradies für Terroristen geworden sei, wie selbst der kanadische Geheimdienst sagt. Noch ist unklar, ob der Algerier mit dem in den USA am meisten gefürchteten Terroristen Osama bin Laden Beziehungen gehabt hat. Die Regierung in Kabul hat zwar unlängst beteuert, sie habe alle Möglichkeiten der Telekomunikation für Osama bin Laden abgeschnitten, gleichwohl geht man in den USA von der Möglichkeit aus, dass er zum Jahreswechsel Anschläge planen könnte. Präsident Clinton hatte am letzten Mittwoch versichert, dass man "außergewöhnliche Maßnahmen ergriffen habe, um terroristische Anschläge im Ausland oder in den USA zu verhindern, und bat alle Amerikaner, wachsam zu sein. Inzwischen wurden zwei weitere Personen an der kanadischen Grenze festgenommen, die mit algerischen terroristischen Gruppen Verbindungen haben sollen.

Das FBI hat sich unter dem Namen Y2K Project Megiddo (PDF-Dokument) zudem auf Anschläge von Militias vorbereitet, die sich die Millenniums-Stimmung zunutze machen könnten. Gefürchtet werden vor allem Aktionen von Außenseitern, die anfällig sind für die Verschwörungstheorie der Neuen Weltordnung oder aufgrund von religiösen apokalyptischen Vorstellungen motiviert sind.

In Großbritannien sind Polizei und Armee in Alarmbereitschaft für die Silvesternacht versetzt worden, wie Innenminister Jack Straw bekannt gab, um gegen jede Störung gewappnet zu sein. Zwar sei das Land besser als die meisten anderen Staaten auf den Millennium-Bug vorbereitet, doch wolle man auf die Möglichkeit von Unruhen oder anderen allgemeinen Schwierigkeiten vorbereitet sein. Einheiten der Armee könnten innerhalb von 10 Minuten in den großen Städten eingesetzt werden, falls irgendwelche mit Y2K zusammenhängende Probleme auftreten sollten. Das Innenministerium hat für den Abend am 31.12 und für den Neujahrsmorgen Treffen vorbereitet, um die Notfallpläne zu überprüfen und notfalls möglicherweise den Notstand ausrufen zu können.

Besonders in London, wo man zu den Millenniumsfeiern zwischen 1,5 und 2 Millionen Menschen erwartet, fürchtet man etwaige Anschläge. Das Zentrum von London wird für die meisten PKWs und Lastwagen gesperrt. Notfallpläne gibt vor allem, um mit den Schwierigkeiten umzugehen, die von den erwarteten Millionen von Handy-Nutzern ausgehen, die um Mitternacht telefonieren wollen. In den letzten Wochen seien einige Millionen neue Mobiltelefone verkauft werden, wodurch in der Neujahrsnacht möglicherweise das Netz überlastet werden könnte.

Auch in New York wächst die Angst vor möglichen Anschlägen während der Millenniumsfeiern. Dass die Sicherheitsbehörden nervös sind, kann man schon daran sehen, dass vom FBI anscheinend ohne richterliche Genehmigung ein Internetprovider Mitte November dazu genötigt wurde, eine Website vom Netz zu nehmen. Dort hatte Michael Zieper im Stil des "Blair With Project" ein sechsminütiges Video gezeigt. Inhalt des Videos, das man mittlerweile wieder unter Crowded Theater sehen kann, waren scheinbar dokumentarische Bilder von einem Offizier, der Pläne des Militärs vorstellt, während der Millenniumsfeiern auf dem Times Squares Rassenunruhen zu inszenieren, um den Notstand ausrufen zu können. Während der Offizier diese Pläne in dem Film "Military Takeover of New York" vorstellt, sieht man Bilder vom Times Squares.

Inzwischen hat die ACLU eine Klage gegen das FBI und Justizministerium eingereicht, weil sie ohne gesetzliche Grundlage und gegen das Verfassungsrecht auf Meinungsfreiheit versucht hatten, die Website mit dem fiktiven Dokumentarfilm zu zensieren. Das FBI hat die Maßnahme dadurch gerechtfertigt, dass mehrere Personen geglaubt hätten, der Film sei tatsächlich eine Dokumentation. Man habe befürchtet, dass durch diesen Film Unruhen ausgelöst werden könnten.