Die Böhnhardt-Peggy-Spur
Seite 3: Nicht "vorsätzlich"
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Die Staatsanwaltschaft Bayreuth dagegen bleibt bei ihrer gleichwohl unbegründeten Einschätzung: Das Ding muss nach Rodacherbrunn verbracht worden sein. Allerdings, wie erwähnt, nicht "vorsätzlich", wie die Verantwortlichen bereits im März 2017 vor der Öffentlichkeit kund taten. Das erscheint einerseits wie eine pflichtschuldige Exkulpation einer Sicherheitsbehörde.
Andererseits macht es auch eine Manipulation unwahrscheinlicher, denn offensichtlich haben die Behörden selber kein Interesse an dieser Verbindung Böhnhardt-Peggy. Jedenfalls: Wie sie darauf kommt, dass das Teil nicht vorsätzlich gelegt wurde, ist eine der Fragen, die die Staatsanwaltschaft nicht beantworten mag.
Genau wie die, wo das halbfingernagelgroße Stück Stoff gefunden wurde. Auch dazu existiert eine weitere Merkwürdigkeit: Den Bundestagsabgeordneten des NSU-Ausschusses wurden im März 2017 zwei Fotos vom Fundort Peggys gezeigt. Auf dem ersten sieht man einen rechtwinklig ausgelegten Zollstock und in der Innenfläche sieben kleine Asservate.
Ein achtes Asservat, es ist das besagte Textilteilchen mit der Böhnhardt-DNA, liegt außerhalb der Zollstockinnenfläche. Auf einem zweiten Foto ist das achte Asservat von außen nach innen zu den anderen Asservaten gelegt, die Zahl "7 Asservate" wurde durchgestrichen und handschriftlich in "8 Asservate" umgeändert. Wer das wann und warum tat, ist unklar. Auch dazu keine Stellungnahme der Staatsanwaltschaft Bayreuth.
Nicht nur Morde, sondern auch Kinderhandel und Kindermissbrauch?
Zurück zum Oktober 2016, denn zur Geschichte der Böhnhardt-Peggy-Spur gehört der mediale Umgang mit ihr.
Die Nachricht, es könnte eine Verbindung zwischen dem NSU und dem Peggy-Mord bestehen, schockierte die Öffentlichkeit. Sollten die Rechtsterroristen etwa auch mit Kinderhandel und Kindermissbrauch zu tun gehabt haben?
Auffällig war, dass, obwohl Uwe Böhnhardt zusammen mit Uwe Mundlos bereits zehn Morde zugeschrieben werden, im Fall Peggy sofort Abwehrreflexe einsetzten. Bald wurden Spekulationen über eine Tatortverunreinigung durch Übertragung der DNA-Spur angestellt. Zuerst hieß es, Peggy sei auf dem selben Tisch seziert worden wie Böhnhardt. Dann wurde gemutmaßt, die DNA könne an einem Zollstock geklebt haben und so vom Tatort Eisenach, wo Böhnhardt im November 2011 ums Leben kam, Jahre später an den Fundort des Mädchens verschleppt worden sein.
Die Zollstock-Panne schaffte es schnell von der bloßen Spekulation zur angeblichen Tatsache. Mitverantwortlich dafür ein Reporter der ARD, der sich auf "gesicherte" Informationen aus höchsten Ermittlerkreisen berief. Sollte das zutreffen, wäre damit ein zweites Mal offiziell der Zusammenhang zwischen Böhnhardt und dem Mädchen hergestellt worden, zwar in der Verneinung, aber in der programmatischen Absicht, einen Zusammenhang wegreden zu wollen. Und das ist auch ein Zusammenhang.
Denn ein Zollstock ("Winkelmaßstab") war nicht der Überträger der Böhnhardt-Spur, wie die Staatsanwaltschaft Bayreuth in ihrer Pressemitteilung vom 8. September 2017 ausdrücklich erklärt.
Wie es zu den falschen öffentlichen Spekulationen und die Berufung auf "Ermittlerkreise" kommen konnte, ist eine weitere der Fragen, die die Ermittlungsbehörde in Bayreuth nicht beantwortet. Dass sie trotz etlicher ungeklärter grundlegender Fragen aber an ihrer "Gesamtbewertung" festhält, es gäbe keinen Zusammenhang zwischen Böhnhardt und Peggy K., dokumentiert damit ein drittes Mal eben diesen Zusammenhang, wenn auch in der Negation.
Wer hat Angst vor einem solchen möglichen Zusammenhang? Und warum? Würde sich dadurch eine noch größere kriminelle Dimension andeuten dessen, was der "NSU-Komplex" genannt wird? Wäre das eine Spur in die Organisierte Kriminalität, der unter anderem der Untersuchungsausschuss von Thüringen seit einiger Zeit nachgeht?