Die Corona-Krise und ihre Folgen

Seite 2: Die Spanische Grippe und die drei großen Influenza-Wellen

Die auf die "Spanische Grippe" von 1918 bis 1920 folgenden schweren Influenza-Pandemien brachen 1957, 1968 und 2017 aus. Sie verliefen in mehreren Wellen vom Herbst bis zum Frühling des Folgejahrs, manchmal aber auch in längeren Intervallen (so etwa die Hongkong-Grippe von 1968 bis 1970).

Sie wurden in der Regel von einem Subtyp dominiert, 2017/18 waren es drei. Ihre Infektiosität war hoch, mehrere hundert Millionen Menschen erkrankten. Trotz der vergleichsweisen niedrigen Sterblichkeit verloren insgesamt drei bis fünf Millionen Menschen ihr Leben; die meisten Opfer (2,2 Millionen) forderte die Asiatische Grippe 1957/58.

Die Folgen waren gravierend und führten zu schweren Belastungen der Gesundheitssysteme. Sie wurden jedoch von den politischen Instanzen und den Medien heruntergespielt. Es wurden auch keine über die seuchenhygienische Routine hinausgehenden Maßnahmen ergriffen.

Nur während der Influenza-Katastrophe von 1918 bis 1920 schlossen einige US-Bundesstaaten die Schulen und schränkten das öffentliche Leben ein – mit mäßigem Erfolg, wie sich später herausstellte.

Methodisch ist er problematisch, denn die auf die zweite Welle folgende dritte Welle von Covid-19 war Anfang Mai 2021 noch nicht abgeebbt und in die zu erwartende endemische Phase übergegangen. Wir vergleichen deshalb ein noch nicht abgeschlossenes Ereignis mit länger zurückliegenden historischen Prozessen.

Aufschlussreich ist diese Momentaufnahme aber auf jeden Fall. Bis zur letzten Aprilwoche 2021 hatten sich weltweit schätzungsweise 910 Millionen Menschen mit Sars-CoV-2 infiziert. Etwa 4,1 Millionen Erkrankte waren verstorben, und dies entsprach einer Letalitätsrate von 0,45 Prozent. Damit übertraf die Sars-CoV-2-Pandemie sechzehn Monate nach ihrem Ausbruch die schweren Influenza-Pandemien der zweiten Hälfte des 20. und frühen 21. Jahrhunderts deutlich.

Zur Influenza-Katastrophe von 1918 bis 1920 bestand jedoch ein erheblicher Unter- schied. Damals hatte sich die Hälfte der Weltbevölkerung mit dem Influenza-Erreger angesteckt. Bis Ende April 2021 waren zwölf bis 15 Prozent mit Covid-19 infiziert; im Gegensatz zu damals wurde die inzwischen angelaufene Impfkampagne die überwiegende Mehrheit der Weltbevölkerung vor der Infektion bewahren. Ferner folgten damals wie heute mehrere Pandemiewellen aufeinander, von denen die Zweite bzw. die Dritte am aggressivsten war.

Der größte und wichtigste Unterschied offenbart sich schließlich beim komparativen Blick auf die Sterblichkeit. Während der "Spanischen Grippe" starben zwischen 5,7 und zehn Prozent aller Infizierten; den neuesten Studien zufolge überlebten 40–50 Millionen die Influenza nicht.

Verglichen damit ist die Pathogenität von Sars-CoV-2 deutlich geringer ausgeprägt. Die Mortalität ist zwar von Welle zu Welle gestiegen. Sie beschränkte sich aber im Wesentlichen auf chronisch erkrankte und betagte Menschen, sodass sich die Letalitätsrate zwischen 0,5 und 0,8 Prozent einpendelte.

Damit hat sich die aus der Analyse des Pandemieverlaufs gewonnene Einschätzung auch im historischen Vergleich bestätigt. Covid-19 ist die schwerste Viruspandemie des Atemsystems, die die Menschheit seit der Influenza-Katastrophe von 1918 bis 1920 heimgesucht hat.

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