Die Erde gerät ins Taumeln
- Die Erde gerät ins Taumeln
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Die massive Eisschmelze am Nordpol lässt die Erde buchstäblich wackeln und verschiebt den Nordpol
Die Nachricht klingt wie aus einem B-Movie: Am Nordpol schmelzen gigantische Eismassen, wodurch die Erde ins Taumeln gerät und sich der Nordpol verschiebt. Die Nachricht stammt allerdings nicht aus Hollywood, sondern aus einer neuen Studie, die im April 2016 in der Fachzeitschrift "Science" veröffentlicht wurde.
Seit Beginn der Wetteraufzeichnung (im Jahr 1880) stieg die globale Durchschnittstemperatur um 0,85 Grad Celsius. Selbst dann, wenn wir heute sämtliche Kohlekraftwerke, Autos, Flugzeuge und Containerschiffe der Welt für immer abschalten würden, befinden sich gegenwärtig noch dermaßen viele Treibhausgase in der Atmosphäre, dass die globale Durchschnittstemperatur sich nochmals um 1,5 Grad Celsius erhöhen wird. Gemessen an den derzeitigen Emissionswerten rechnen Wetterexperten jedoch bis zum Jahr 2100 mit einem weiteren Temperaturanstieg zwischen 2,0 und schlimmstenfalls 5,4 Grad Celsius.
Die Auswirkungen sind fatal und nehmen statistisch exponentiell zu: Extreme Wetterlagen treten immer häufiger auf, seien es Orkane, Wirbelstürme, Kälte- und Hitzewellen oder Dürreperioden. Seit 1900 ist der Meeresspiegel um 19 Zentimeter gestiegen. Noch ist die Antarktis flächenmäßig größer als Europa, aber sie schmilzt mit hohem Tempo: Zwischen 1981 und 2016 ist ihre Masse um mehr als 8 Prozent zurückgegangen. Würde die gesamte Eismasse der Antarktis schmelzen, könnte der Meeresspiegel rechnerisch um bis zu 58 Meter steigen.
Noch rasanter nimmt das Eis der nördlichen Arktis ab, hier schmelzen jedes Jahr zwischen 200 und 350 Milliarden Tonnen Eis. (Zum Vergleich: Im Bodensee befinden sich rund 48 Milliarden Tonnen Wasser.) Katastrophal sind dabei auch die unberechenbaren Schneeballeffekte: Durch die globale Schmelze werden große Mengen Methan freigesetzt, die sich in den Permafrostböden befinden und die den Treibhauseffekt exponentiell beschleunigen. Die Nachrichtenbilder ertrinkender Eisbären deuten schon an, was der Erde blüht, wenn die Abgase und damit die Meeresspiegel weiter steigen.
Nordpol wandert jährlich um 17 Zentimeter Richtung Europa
Einen weiteren Indikator für diese Entwicklung haben nun die Geophysiker Surendra Adhikari und Erik R. Ivins von der NASA ausgemacht: Die schmelzenden Eismassen fließen in die Ozeane und führen somit zu einer Unwucht der vertikalen Erdachse, um die sich die Erde einmal täglich dreht. Durch die Unwucht wandert der Nordpol derzeit um rund 17 Zentimeter jährlich Richtung Europa, schreiben Adhikari und Ivins. Für ihre Studien haben die Forscher zig Satelliten- und Klimadaten aus den Jahren 2003 bis 2015 ausgewertet.
Nun klingen 17 Zentimeter auf den ersten Blick nicht nach viel, auf den ersten Blick müssen nur die GPS-Daten neu konfiguriert werden. Doch zum einen ist die Lage der Erdachse ein wichtiger Indikator für den Klimawandel, da sie recht konstant ist, zum anderen können sich solche Unwuchten schnell exponentiell verstärken.
Hin und wieder verschob sich in der Erdgeschichte bereits der Nordpol. Vor rund 320 Millionen Jahren ist die Erde um ganze 18 Grad gekippt. Würde sich ein solches Ereignis heute wiederholen, dann läge Deutschland auf der gegenwärtigen Höhe der Sahara.
Aktuell steht eine derart massive Verschiebung nicht in Aussicht. Allerdings ist es schwierig, darüber Prognosen abzugeben, denn schon ein gewaltiger Vulkanausbruch - beispielsweise beim Pulverfass unter dem Yellowstone Park - könnte dazu führen, dass sich die vertikale Erdachse verschiebt.