Die Folgen der Pandemie belasten Jugendliche weiterhin stark
Junge Menschen in Deutschland sind unzufrieden mit ihren Lebenslagen. In der Pandemie wurde ihnen viel abverlangt – und die Folgen registrieren Forscher noch heute. Wie es den Jugendlichen in Deutschland geht.
Jugendliche und junge Erwachsene hatten besonders unter der Pandemie zu leiden – auch lange nachdem Schulen wieder öffnen konnten und Freizeitaktivitäten wieder möglich waren. Das ist ein Ergebnis einer bislang unveröffentlichten Untersuchung des Deutschen Jugendinstituts (DJI), das am Mittwoch vorgestellt wurde.
In der Langzeitstudie werden regelmäßig etwa 1.500 junge Menschen im Alter von 15 bis 25 Jahren befragt. Viele sehen demnach eine der größten Herausforderungen in Schule, Studium und Beruf.
Im letzten Herbst waren demnach nur 55 Prozent der jungen Menschen mit ihrer Ausbildungs- und Bildungssituation zufrieden. Das waren 16 Prozent weniger als im Jahr 2019. Auch Freundschaften haben demnach gelitten: Die Zufriedenheit mit dem eigenen Freundeskreis sei im Vergleich mit dem Jahr 2019 um fast 20 Prozent gesunken.
"Die Lebenszufriedenheit der Jugendlichen und jungen Erwachsenen bleibt in vielerlei Hinsicht massiv beeinträchtigt", so die Bilanz von DJI-Direktorin Sabine Walper. Medial sei Corona in den Hintergrund gerückt, sagte sie am Mittwoch, doch der Bedarf an Unterstützung sei nach wie vor hoch.
"Gerade junge Menschen mussten aufgrund der Pandemie auf vieles verzichten, was Jugend ausmacht", betonte Walper. Sie meinte damit: weniger Möglichkeiten in der Freizeit; Freundschaften und soziale Beziehungen zu Gleichaltrigen, die sich ins Digitale verlagerten; veränderte Lernbedingungen; Hürden beim Auszug aus dem Elternhaus und beim Einstieg in Ausbildung, Studium und Beruf.
Das alles wirke sich noch immer negativ auf das Wohlbefinden der Altersgruppe aus, so Walper. Und einmal mehr treffe es vor allem junge Menschen in besonderer Weise, die aus finanziell benachteiligten Familien stammten.
Die Jugend solle deshalb stärker in Politik und Gesellschaft beteiligt werden, forderte Walper. Es müsse differenzierte Perspektiven geben, gut vernetzte Angebote für professionelle Unterstützung, Beratung und Therapie.
Hildesheimer Forscher warnten bereits im Februar vor den Belastungen junger Menschen
Die präsentierten Ergebnisse der DJI-Studie belegen eindrucksvoll einen Befund der Universität Hildesheim. Im Februar hatte diese eine Studie vorgelegt, aus der hervorgeht, dass die lange Dauer der Pandemie bei jungen Menschen deutliche Spuren hinterlassen habe.
Noch immer erfahren viele von ihnen starke Einschränkungen in Bildung und Freizeit. Das Lernen zu Hause für Schule und Hochschule fällt vielen schwer. Der Anteil der jungen Menschen, der Angst vor der Zukunft hat, hat sich im Laufe des Jahres 2021 sogar noch einmal erhöht. Die Belastungen sind sehr ausgeprägt: Mehr als jeder Fünfte gibt an, professionelle Hilfe- und Beratungsangebote zu brauchen, jedoch nicht über ein entsprechendes Angebot zu verfügen.
aus der bundesweiten Studie "JuCo"
Die Hildesheimer Forscher stellten zudem fest, dass sich deutlich mehr junge Menschen über ihre finanzielle Lage Sorgen machen. Ihr Anteil sei seit der Pandemie größer geworden, heißt es. Und von ihrer finanziellen Lage hänge unter anderem ab, wie gut sie durch die Pandemie kämen.
Tanja Rusack, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Universität Hildesheim, hatte damals kritisiert, dass junge Menschen mit finanziellen Sorgen bislang kaum in den Blick genommen würden.
Wir sehen, dass es für einen sehr großen Teil unter den Befragten so gravierende psycho-soziale oder andere gesundheitliche Belastungen gibt, dass sie professionelle Hilfe benötigen, die Hilfeinfrastrukturen diesen Bedarf aber gar nicht ausreichend decken können.
Tanja Rusack
Bislang hat sich an dieser Situation kaum etwas geändert.