Die Krisengewinnler zur Gemeinschaftskasse, bitte!

In den Krisenmonate sind insbesondere die Einnahmen der ärmeren Hälfte der Deutschen eingebrochen. Bisher hat der Staat hier nur relativ wenig Hilfe angeboten. Es ist Zeit, dass die Krisengewinnler nun ihrerseits zur Solidarität aufgerufen werden

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Es reicht ein flüchtiger Blick auf die nackten Zahlen, um zu erkennen, in welchem Ausmaß sich Armut in Deutschland ausbreitet. Der aktuelle Paritätische Armutsbericht stellt fest: "Mit 15,9 Prozent hat die Armutsquote in Deutschland einen historischen Wert erreicht. Es ist die größte gemessene Armut seit der Wiedervereinigung."

Ebenfalls sehr besorgniserregend sind die Ergebnisse des neuen Verteilungsberichts des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung: Je niedriger das Einkommen der Menschen schon vor der Krise war, desto häufiger haben Befragte im Zuge der letzten Monate an Einkommen verloren. Darüber hinaus steigt mit abnehmendem Einkommen der Anteil, um den sich das Einkommen reduziert hat: Wer weniger hatte, hat also relativ auch noch besonders viel verloren.

Konkret haben im Durchschnitt aller Befragten bis Juni knapp 32 Prozent Einkommenseinbußen hinnehmen müssen. In den beiden Gruppen mit niedrigen Haushaltseinkommen unter 1500 Euro netto monatlich lag der Anteil aber deutlich über 40 Prozent. In der "untersten" der mittleren Einkommensgruppen, die zuvor 1500 bis 2000 Euro netto hatte, waren knapp 37 Prozent betroffen. In den Gruppen zwischen 2000 und 4500 Euro monatlichem Haushaltsnetto lag der Anteil mit Verlusten bei gut 31 Prozent. Von den Befragten mit hohen Haushaltsnettoeinkommen über 4500 Euro berichteten dagegen lediglich rund 26 Prozent über Einbußen. Schaut man auf das Beschäftigungs- und Sozialprofil der Befragten mit Verlusten, waren neben Selbständigen vor allem prekär Beschäftigte wie Leiharbeiter und Leiharbeiterinnen und Minijobber und Minijobberinnen besonders oft betroffen. Stärker verbreitet waren Einkommensverluste auch bei Menschen mit Migrationshintergrund und mit Kindern.

Verteilungsbericht

Ergänzend kann man noch eine repräsentative Umfrage der Deutschen Bank anführen, die zu dem Schluss kommt, dass das ärmste Viertel der Deutschen nun 400 Euro weniger verdient und sicher mehr als die Hälfte der Geringverdiener "am finanziellen Existenzminium" sei.

Bei all den aufgeführten Untersuchungen muss man berücksichtigen, dass sie nicht die aktuellen Entwicklungen insbesondere des Novembers berücksichtigen können. Daher ist es augenscheinlich, dass das aktuelle Ausmaß der Armut in Deutschland noch höher einzustufen ist.

Wer soll die Schulden zahlen? Wie kann die wachsende Ungleichheit verringert werden?

Aktuell löst der Staat viele wirtschaftliche Probleme der Krise durch eine massive Schuldenaufnahme. Die Frage stellt sich aber natürlich, wie die Kosten hierfür langfristig zu tragen und die zukünftigen Lasten zu verteilen sind. Ein Vorschlag zum Abbau der Schulden und zur Hilfe für die Armen von Deutsche Bank Research lautet: Menschen, die freiwillig im Home-Office arbeiten, sollten sie hierfür 5% Steuern zahlen: "Wir plädieren dafür, dass Heimarbeiter für dieses Privileg eine Steuer zahlen sollten." Inwiefern dies jedoch sozialverträglich ist, darüber darf man durchaus geteilter Meinung sein.

Die SPD brachte den Vorschlag eines Corona-Solis auf den Tisch, stieß aber bei CDU/CSU auf äußerst geringe Gegenliebe. CSU-Generalsekretär Markus Blume machte sich vielmehr für Steuersenkungen stark, ganz in der Denktradition von Reagan und Thatcher, dass Steuersenkungen die Wirtschaft und das Wachstum ankurbeln würden. Dabei sollte sich inzwischen eigentlich die Erkenntnis durchgesetzt haben, dass die Vorstellung des sogenannten "Trickle-Down" spätestens seit den umfangreichen Analysen von Thomas Piketty an der Wirklichkeit nachweislich gescheitert sind. Oder, um mit den Worten des Wirtschaftsnobelpreisträgers Paul Krugman zu sprechen: "Wir warten auf diesen Trickle-down-Effekt nun seit 30 Jahren - vergeblich."

Vorschläge

Im "Verteilungsbereicht 2020" macht die WSI Vorschläge, um kurzfristig die Folgen der Krise auf die Einkommensarmut abzufangen:

- Anhebung des Kurzarbeitsgeldes

- Gewährleistung institutioneller Kinderbetreuung

- Qualifizierungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten

- Erhöhung des Hartz IV-Regelsatzes

- Verlängerung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I.

Langfristige Schritte, um die Kluft zwischen arm und reich zu reduzieren, die der Bericht im Fazit nennt:

- Verringerung des Niedriglohnsektors durch Anhebung des Mindestlohns

- Stärkung der Tarifbindung

- Besteuerung von Kapitalerträgen und Reformierung der Erbschaftssteuer

- Anerkennung von Ausbildungsabschlüssen von Migrant*innen

- Bedarfsorientierte Beratung für Bedürftige.

Man darf gespannt sein, ob der ein oder andere Vorschläge tatsächlich realisiert wird.

Die Krisengewinnler

Es haben jedoch nicht alle Deutschen Einbußen erlitten. Der Global Wealth Report 2020 der Credit Suisse untersucht die Auswirkungen der aktuellen Krise. Im ersten Halbjahr des Jahres durfte sich Deutschland über 58.000 neue Millionäre freuen. Auch der erlauchte Club der deutschen Milliardäre hat Zuwachs bekommen: Deren Zahl stieg laut "Billionairs Insights 2020" der Beratungsgesellschaft PwC und der Schweizer Großbank UBS von 114 auf 119. Ihr Vermögen stieg zudem nach einem Einbruch zu Beginn der Corona-Pandemie bis Ende Juli auf 594,9 Milliarden Dollar (505 Mrd. Euro). Ein Jahr zuvor waren es noch 447 Milliarden US-Dollar. Deutsche Milliardäre steigerten ihr Vermögen seit 2009 um sage und schreibe 175%. Diese Gruppe der Krisengewinnler taucht bisher in der politischen Diskussion so gut wie überhaupt nicht auf.

Betrachtet man die Gewinne der Milliardäre weltweit, ist das Ausmaß so gravierend, dass die New York Times und The Guardian dem Thema ihre Aufmerksamkeit gewidmet haben. Beispielsweise konnten die US-Milliardäre ihr Vermögen in nur einem halben Jahr der Krise, die unzähligen Menschen Arbeit und finanzielle Sicherheit gekostet hat, um ein gutes Drittel vermehren: von 2,95 Billionen US-Dollar auf rund 4 Billionen US-Dollar. Als Erinnerung: Nach der Finanzkrise 2008 benötigten die US-Milliardäre drei Jahre, um sich von den Verlusten zu erholen. Jetzt hingegen herrscht in der schlimmsten Wirtschafskrise seit 1930er Jahre Goldgräberstimmung.

Wachsende Ungleichheit tötet. Armut tötet

In einer Zeit, in der der Gesundheitsschutz im offiziellen politischen Diskurs eine derartige Präsenz hat, muss betont werden, dass Ungleichheit die menschliche Gesundheit nachweislich massiv beschädigt. Wenn also der Gesundheitsdiskurs kohärent sein soll, muss sich jede Partei der Frage der Ungleichheit beherzt annehmen.

Eine Studie in "The American Journal of Public Health" stellte einen klaren Zusammenhang von Einkommensungleichheit und Lebenserwartung her. Bereits Analysen auf Basis des sozio-oekonomischen Panels (SOEP) im Jahr 2007 haben gezeigt, dass armutsgefährdete Männer durchschnittlich nur 70 und Frauen 77 Jahre alt werden. Männer und Frauen mit sehr hohen Einkommen leben hingegen fast 10 Jahre länger leben. Der Unterschied der Lebenserwartung eines Menschen, der in einem reichen oder in einem armen Viertel Londons geboren wird, beträgt fast 25 Jahre. In den letzten 20 Jahren hat der Unterschied der Lebenswartung in Großbritannien bei Männern um 41 Prozent und bei Frauen gar um 73 Prozent zugenommen. Last but not least hat eine Meta-Studie den direkten Zusammenhang zwischen Umverteilung innerhalb eines Landes (ohne Berücksichtigung der Erbschaft) und der Lebenserwartung belegt.

Falls es noch eines wirtschaftlichen Arguments bedarf, dass ein vornehmliche Ziel der Politik die Reduzierung der Ungleichheit sein muss, dann hilft vielleicht ein Bericht der OECD, der zu dem Ergebnis kommt, dass eine gerechtere Sozialpolitik in Deutschland, die die Ungleichheit reduziert hätte, ein bis zu 6% höheres Wachstum ermöglicht hätte. Eine IWF-Studie belegt zudem einen Zusammenhang zwischen ungleichem Einkommen und schlechterem Wachstum.

Tod aus Verzweiflung

Eine besondere Form des Zusammenhangs zwischen Ungleichheit, Armut und Sterblichkeit stellen leider die sogenannten "deaths of despair" dar (Tod aus Verzweiflung). Florian Rötzer hat an dieser Stelle kürzlich noch von einer Studie aus den USA berichtet, nach der sich die Zahl der Diagnosen der mit Alkohol, Substanzen und Suizid verbundenen "diseases of despair" zwischen 2009 und 2018 in allen Altersgruppen deutlich erhöht hat (Starker Anstieg der Todesfälle und der Krankheiten aus Verzweiflung). Den Begriff "death of despair" erfanden der Wirtschaftsnobelpreisträger Angus Deaton gemeinsam mit der Wirtschaftswissenschaftlerin Anne Case. Vor wenigen Monaten haben sie ein gleichnamiges Buch über das Thema veröffentlicht, das das ganze Ausmaß dieser tragischen Entwicklung mit einem sehr menschlichen Blick für die Opfer vor Augen führt.

Aktuell gehen Wissenschaftler davon aus, dass mit der gegenwärtigen Krise auch die Anzahl der "Tode aus Verzweiflung" deutlich steigen wird. Ein massiver Anstieg generell von Selbstmorden in der Krise kann bereits in Südkorea festgestellt werden (teilweise bis zu 40%). In Indien häufen sich die Nachrichten über Selbstmorde in besorgniserregendem Ausmaße.

Der erste Akt der Solidarität

Betrachtet man die gesundheitsschädlichen Auswirkungen massiver Ungleichheit und Armut in der aktuellen Krise, kann gar nicht oft genug wiederholt werden, dass die schwerste Last der Krise die ärmeren und benachteiligten Menschen in der Gesellschaft zu stemmen hatten und haben. Der Frühling sowie die gegenwärtige Situation sind zweifelsohne in einer komfortablen und geräumigen Wohnung mit Garten und Balkon, mit eigenem Arbeitszimmer und keinen finanziellen Sorgen deutlich leichter zu ertragen als für eine Familie mit drei Kindern in einer Sozialwohnung, die sich einen alten Computer teilen muss. Mit einigem Recht darf man daher sagen, dass die von der Regierung eingeforderte Solidarität beim Schutz des Gesundheitssystems insbesondere ein Akt der Solidarität der sozial besonders hart betroffenen Gruppen ist.

Genau diese Gruppe hat jedoch bisher kaum Hilfsangebote des Staates erhalten. Der Armutsforscher Christoph Butterwegge gibt im "freitag" zu bedenken:

Obwohl auch Kinderlose pandemiebedingt erhöhte Ausgaben hatten, weil viele Tafeln geschlossen, preiswerte Lebensmittel wegen Hamsterkäufen eher Mangelware und Desinfektionsmittel teuer waren, stellte sich die Bundesregierung bei der Forderung nach einer vorübergehenden Erhöhung des Hartz-IV-Regelsatzes taub. Jobcenter weigerten sich, die Anschaffung digitaler Endgeräte für Kinder von Hartz-IV-Berechtigten im Homeschooling als Sonderbedarf anzuerkennen, für den sie aufzukommen hatten. Ebenfalls abgelehnt wurde die Übernahme der Kosten für einen Corona-Test.

Erst im Herbst bekamen Eltern einen "Corona-Kinderbonus" von 300 Euro pro Kind. Kinderlose, Flüchtlingsfamilien und Geduldete gingen leer aus. Zwar half der in zwei Raten ausgezahlte Geldbetrag den Familien im Hartz-IV-Bezug etwas, weil er nicht auf das Arbeitslosengeld II bzw. das Sozialgeld angerechnet wurde. Allerdings wurden Familien mit dieser Einmalzahlung abgefunden, während man kriselnden Unternehmen teilweise eine kontinuierliche Förderung gewährte…

Es ist Zeit für eine Sondersteuer

Wer also Gesundheit wirklich ernst nimmt (und nebenbei keine unüberbrückbare Ausweitung der Kluft zwischen Arm und Reich, aber auch ganz besonders zwischen einer deutlich polarisierten Gesellschaft akzeptieren möchte), muss dringend erkennen, dass eine wirklich sozialverträgliche und gemeinwohlfördernde Lösung gefunden werden muss.

In meinem Artikel "Der zweite Akt der Solidarität" hatte ich die historischen Hintergründe erläutert, die deutlich machen, warum eine Sondersteuer keine verquere Idee von ewigen Altlinken ist, sondern ein durchdachter und effektiver Weg, um Schulden auf eine gerechte Art und Weise abzubauen.

Eine einmalige Steuerlast für Gewinnler einer Krise, um eine außergewöhnliche Notlage eines Landes zu meistern, steht zwar niemals auf der neoliberalen Agenda, hat aber durchaus eine Reihe erwähnenswerter Vorläufer. Thomas Piketty stellt diese Beispiele in "Kapital und Ideologie" dar:

Um nach den Weltkriegen die öffentlichen Schulden zu tilgen, wurden insbesondere in Japan, Deutschland, Italien, Frankreich und vielen europäischen Ländern mehrere Sondersteuern auf Immobilien, Geschäfts- und Finanzimmobilien mit Erfolg eingeführt. Sie wurden einmalig erhoben, und die Steuersätze für niedrige und mittlere Vermögen waren null oder niedrig, während die Steuersätze für die höchsten Privatvermögen oft 40% - 50% oder sogar mehr erreichten.

Thomas Piketty

Eine einmalige Sondersteuer, um einen zweiten Akt der Solidarität zu meistern, ist keineswegs undenkbar. Die beiden Wirtschaftswissenschaftler Emmanuel Saez und Gabriel Zucman betonen den besonderen Sinn der Sondersteuer:

Im Ersten Weltkrieg gab es den Wunsch, dem Kriegsgewinnlertum vorzubeugen - jener Art von Profitmacherei, die während des (US-amerikanischen) Bürgerkrieges so vielen so großen Reichtum beschert hatte. Um zu verhindern, dass sich erneut ein solcher "Lumpenadel" herausbildete, wurde während dieses Konflikts eine Übergewinnsteuer erhoben. Zunächst betraf sie nur die Munitionsindustrie, nachdem die USA im April 1917 in den Krieg eingetreten waren, wurde sie auf alle Unternehmen ausgeweitet. Alle Gewinne, die diese über eine Rendite von 8 Prozent auf ihre Sachanlagen - Gebäude, Fabriken, Maschinen und so weiter - hinaus verzeichneten, wurden als abnormal betrachtet und im Jahr 1918 progressiven Steuersätzen von bis zu 80 Prozent unterworfen.

Emmanuel Saez und Gabriel Zucman

Diese Haltung gegenüber "abnormalen" Gewinnen war keineswegs auf die USA beschränkt. Saez und Zucman berichten weiter: "Keines des am Krieg beteiligten Länder war darauf erpicht, das Kriegsgewinnlertum zu fördern, so dass jedes von ihnen seinen einheimischen Unternehmen eine Übergewinnsteuer auferlegte."

Spitzensteuersatz

Neben der Einführung der Sondersteuer sollte auch die mögliche Erhöhung des Spitzensteuersatzes nicht reflexartig verdrängt werden. Auch hier gibt es eine Reihe wichtiger historischer Vorläufer, um außergewöhnliche Belastungen für eine Gesellschaft sozial verträglich zu gestalten.

Die USA führten 1942 mit dem Victory Tax Act einen Spitzensteuersatz von 91% ein. Der Alliierte Kontrollrat in deutschen Besatzungszonen legte zwischen 1946-48 einen Spitzensteuersatz von 90% fest. Generell wird heute auch folgende historische Tatsache gerne ignoriert: Zwischen 1932 und 1980 war der Spitzensteuersatz in den USA im Durchschnitt 81%. In Großbritannien im selben Zeitraum sogar 89%.

Selbstverständlich gehört auf diesem Weg dringend das Austrocknen von Steueroasen auf die Tagesordnung, um eine gerechte Beteiligung an den Lasten zu gewährleisten. Emmanuel Saez und Gabriel Zucman führen darüber hinaus in ihrem sehr lesenswerten Buch "Der Triumph der Ungerechtigkeit" eine Reihe sehr bedenkenswerter Vorschläge aus, um eine wirkliche Steuergerechtigkeit zu erreichen, die den Namen verdient, und Maßnahmen, die die Möglichkeit der Steuerflucht deutlich reduzieren.

There is no alternative

Wie werden die Staaten mit der durch die Covid-Krise entstandenen Anhäufung von Staatsschulden umgehen? Für viele ist die Antwort klar: Die Zentralbanken werden einen wachsenden Anteil der Schulden in ihre Bilanzen aufnehmen, und alles wird geregelt. In Wirklichkeit sind die Dinge komplexer. Geld ist Teil der Lösung, aber es wird nicht ausreichen. Früher oder später wird man sich an die Reichsten wenden müssen.

Thomas Piketty

So die einleitenden Gedanken von Thomas Piketty zu der Frage, wie ein Ausweg aus der drohenden Schuldenfalle und der Explosion der Ungleichheiten gefunden werden kann. Gemäß des gerne zitierten TINA-Mantras führt an einer Sondersteuer und möglicherweise auch der Erhöhung des Spitzensteuersatzes kein Weg vorbei, wenn man nicht sehenden Auges eine weitere zunehmende Verarmung der Gesellschaft, eine deutliche Vergrößerung der Ungleichheit und eine Flut an Todesfällen aus Verzweiflung auslösen möchte.

In einem Interview mit dem Autor erklärte Thomas Piketty seinen Vorschlag für eine gerechte Lösung der Corona-Krise:

Ich denke, wir brauchen in Zukunft in Deutschland, Frankreich, Europa und der Welt die Einführung von Sondersteuern auf die höchsten Vermögen. Und ich denke, dass wir uns darauf vorbereiten müssen, und wir müssen hierfür auch über die Weise nachdenken, wie wir zu einer Mehrheitsentscheidung in Steuerfragen in Europa kommen werden.

Thomas Piketty

Kurz: Es ist Zeit für einen zweiten Akt der Solidarität, über dessen konkrete Umsetzung ohne Scheuklappen und Tabu gesamtgesellschaftlich diskutiert werden muss.

Case, Anne und Deaton, Angus: Death of Despair.
Piketty, Thomas: Das Kapital im 21. Jahrhundert.
Piketty, Thomas: Kapital und Ideologie.
Emmanuel Saez und Gabriel Zucman: Der Triumph der Ungerechtigkeit.

Von Andreas von Westphalen ist im Westend Verlag das Buch erschienen: "Die Wiederentdeckung des Menschen. Warum Egoismus, Gier und Konkurrenz nicht unserer Natur entsprechen".