Die Linke: Ende einer Bundestagsfraktion

Dietmar Bartsch hat seine bisherige Fraktion für tot erklärt, nicht aber seine Partei. Foto: Sandro Halank / Wikimedia Commons / CC BY-SA 4.0

Abgeordnete streben Gruppenstatus im Parlament an. Wagenknecht verdeutlicht inhaltliche Trennungsgründe. Wie ihre Ex-Partei nun das eigene Profil schärft.

Nach dem Parteiaustritt von zehn Abgeordneten, darunter ihre Ex-Chefin Sahra Wagenknecht, will sich die Linksfraktion im Bundestag auflösen. Vor dem geplanten Beschluss hat Noch-Fraktionschef Dietmar Bartsch seine Partei zu einem Neuanfang aufgerufen. "Die Linke ist nicht tot, aber es liegt an uns, ob wir einen Aufbruch hinkriegen", sagte Bartsch an diesem Dienstag im ZDF-"Morgenmagazin". Nun müsse Schluss sein mit dem Streit und der "lähmenden Selbstbeschäftigung".

Die Linke müsse "zurück zur Politik" kommen, denn das Land brauche eine "soziale Opposition von links". Auch die "Frage des besonderen Engagements für die neuen Bundesländer" müsse in der Linken wieder eine größere Rolle spielen, so Bartsch. Der Verlust des Fraktionsstatus im Bundestag sei "natürlich ein Einschnitt", die parlamentarischen Möglichkeiten würden dadurch für Die Linke "geringer".

So bald sich die Fraktion aufgelöst hat, bleiben zunächst nur fraktionslose Abgeordnete übrig. Gleichwohl besteht für Die Linke eine Möglichkeit, weiter – wenn auch eingeschränkt – im Parlament mitzumischen; durch Bildung einer Gruppe. Diese Option dürften sowohl die Abgeordneten der Linken als auch deren Ex-Mitglieder um Wagenknecht wählen.

Die Linke im Bundestag werde alles dafür tun, möglichst schnell als Gruppe anerkannt zu werden, kündigte Bartsch an. "Es liegt an uns, ob wir es schaffen, Politik, Politik und nochmals Politik zu betreiben, oder ob es weiterhin Auseinandersetzungen gibt", sagte Bartsch weiter. Streit interessiere die Menschen nicht. Sie wollten angesichts der Herausforderungen "linke Antworten und linke Kritik an der Bundesregierung hören".

Tiefe Gräben beim Thema Flucht und Migration

Inhaltlich hat Wagenknecht in den letzten Tagen noch einmal verdeutlicht, warum die Trennung unvermeidbar war – etwa beim Thema Migrationspolitik durch das Vorrechnen der Pro-Kopf-Kosten für die Aufnahme von Asylsuchenden, kombiniert mit der Aussage "Wir schaffen es nicht" und durch den Vorwurf des Sozialbetrugs an Geflüchtete der Ukraine.

"Wenn Ukrainer in ihre Heimat zurückfahren, dort faktisch leben, und nur herkommen, um die Leistung zu bekommen, dann stehen da große Fragezeichen", hatte Wagenknecht am Freitag den Sendern RTL/ntv gesagt. "Ich kenne konkrete Fälle. In meiner Heimatstadt wurden ganze Häuser angemietet für ukrainische Flüchtlinge und die Nachbarn haben sich gewundert, dass da niemand ist."

Sie wolle aber "nicht pauschalisieren", so Wagenknecht. CDU-Chef Friedrich Merz hatte sich im vergangenen Jahr ähnlich geäußert und von "Sozialtourismus" gesprochen, nach heftiger Kritik aber erklärt, es handle sich um Einzelfälle.

Die aktuelle Parteichefin der Linken, Janine Wissler, betonte dagegen am Montag in Berlin, ihre Partei werde das Asylrecht verteidigen: "Es ist ein Menschenrecht, wir müssen Fluchtursachen bekämpfen und nicht die Geflüchteten." Und: "Wir müssen über eine vernünftige Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums reden."

Für die Missstände in Deutschland seien nicht diejenigen verantwortlich, "die am kürzesten hier sind", sagte Wissler, sondern "eine jahrzehntelange verfehlte Politik". Vom bezahlbaren Wohnraum über Schulen und ÖPNV bis zum Gesundheitssystem sei alles "auf Kante genäht". Dieses Problem wolle ihre Partei anpacken. "Es gilt immer noch: Die teuersten Flüchtlinge in diesem Land, das sind die Steuerflüchtlinge."

Migrations- und Asylpolitik waren der erste offensichtliche Streitpunkt in der Auseinandersetzung zwischen Wagenknecht und einem Großteil ihrer Ex-Partei. "Wer Gastrecht missbraucht, der hat Gastrecht dann eben auch verwirkt", hatte sie Anfang 2016 mit Blick auf sexuelle Übergriffe in der Silvesternacht auf der Kölner Domplatte gesagt.

Andere in ihrer Partei forderten dagegen strafrechtliche Konsequenzen für Sexualdelikte, lehnten aber eine ausländerrechtliche Zusatzbestrafung für Täter mit unsicherem Aufenthaltsstatus ab. Tatsächlich ist "Gastrecht" keine juristische Kategorie. Einige warfen Wagenknecht deshalb Rassismus vor, während sie im Zuge des Streits um die Forderung nach offenen Grenzen von "Kapazitätsgrenzen" sprach.

Später kamen noch unüberbrückbare Differenzen beim Thema Klimapolitik hinzu: Wagenknecht warf der Mehrheit in ihrem damaligen Noch-Parteivorstand vor, "grüner als die Grünen" sein zu wollen.

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