Die Linke und der Frieden: Zwischen allen Fronten

Seite 2: Antrag der Linken zur Ukraine: Zwischen allen Stühlen

Die Linke versucht im Bundestag, weiterhin für einen diplomatischen Ausweg aus dem Krieg Russlands gegen die Ukraine zu werben - und gerät damit zwischen alle politischen Fronten. Ein entsprechender Antrag, der aus dem Lager der ehemaligen Fraktionsvorsitzenden Sahra Wagenknecht initiiert worden war, wurde heute von Regierungsfraktionen und Union abgelehnt.

Die Realos in der Linksfraktion hatten das Papier massiv eingedampft. Am Ende zogen daher auch die Anhänger Wagenknechts ihre Unterstützung zurück. Massive Kritik vom politischen Gegner hagelte es dennoch.

Nach Telepolis-Informationen hatte vor allem Gregor Gysi darauf gedrängt, Verweise auf Äußerungen des ehemaligen israelischen Ministerpräsidenten Neftali Bennett zu den gescheiterten Verhandlungen zu streichen.

Aus einer deutlich längeren ersten Fassung des Antrags mit dem Titel "Diplomatie statt Panzer" wurde auch die These gestrichen, dass westliche Staaten durch Waffenlieferungen und Geheimdienstkooperation den Krieg verlängerten und eine Eskalation mit der Atommacht Russland provozierten.

Um sich von der AfD-Fraktion abzugrenzen, war in die Endversion des Linken-Antrags hingegen die Forderung aufgenommen worden, "die humanitäre Hilfe für die Ukraine zu verstärken und Menschen, die aus der Ukraine fliehen, ohne Unterscheidung der Herkunft und des Status aufzunehmen".

Genutzt hat es wenig. Dennoch erhoben Vertreter der Regierungsfraktionen in der Plenardebatte am Donnerstagnachmittag schwere Vorwürfe gegen die Neosozialisten. Auch den vorsichtig formulierten Antrag der Linken setzten sie mit den Positionen der AfD gleich.

Joe Weingarten von der SPD bezeichnete Waffenlieferungen an die ukrainische Armee als solidarische Unterstützung des angegriffenen Landes. "Es ist beschämend, dass sich die Linke diesem Weg der Solidarität nicht anschließt", sagte er. Mit Blick auf das Wagenknecht-Lager fügte er an: "Trennen Sie sich von denen, die mit dem Friedenswillen der Menschen Schindluder treiben."

Der CDU-Abgeordnete Jürgen Hardt setzte die Positionen von Linken und AfD gleich: "Ich habe die Namen (Dietmar) Bartsch und (Amira Mohamed) Ali gelesen und habe den Namen (Tino) Chrupalla und (Alice) Weidel vermisst. Dies wäre ein guter erster Antrag gewesen, im Sinne der Aktion vom vergangenen Wochenende."

Hardt und andere Redner bezogen sich damit auf eine Demonstration am vergangenen Wochenende in Berlin für eine diplomatische Lösung des Krieges. Dazu aufgerufen hatten Wagenknecht und die Feministin Alice Schwarzer. In einem viel diskutierten "Manifest für Frieden" forderten sie Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf, "die Eskalation der Waffenlieferungen zu stoppen" und sich "an die Spitze einer starken Allianz für einen Waffenstillstand und für Friedensverhandlungen" zu setzen.

Hardt gestand in seiner Rede allerdings auch ein, dass der bisherige Kurs einer rein militärischen Unterstützung bis dato keine Erfolge gebracht hat. Man habe in den vergangenen Wochen ein Erstarken der russischen Truppen in der Ukraine beobachten können. Dies führte er darauf zurück, dass der Westen mit der Lieferung von Waffen zu zögerlich gewesen sei.

In seiner Rede zum Antrag seiner Fraktion hatte Gregor Gysi das Papier verteidigt und den Krieg Russlands gegen die Ukraine als völkerrechtswidrig bezeichnet. "Bei dem völkerrechtswidrigen Krieg der Nato gegen Serbien und bei der völkerrechtswidrigen Loslösung des Kosovo habe ich in Gesprächen mit damaligen Regierungsmitgliedern gewarnt, dass dies Schule machen könne, was leider eingetreten ist." Heute treibe "unsere ganze Bevölkerung die Frage um, wie dieser Krieg (in der Ukraine) und das Grauen beendet werden kann", so Gysi weiter.

Der nun abgelehnte Antrag der Linken hatte sich neben der Forderung nach humanitärer Hilfe "für einen sofortigen Waffenstillstand und eine diplomatische Initiative für anschließende Friedensverhandlungen zusammen mit europäischen und nicht-europäischen Staaten, z.B. Brasilien" ausgesprochen.

Dadurch solle ein Rückzug der russischen Truppen erreicht, die Souveränität, territoriale Integrität und Sicherheit der Ukraine garantiert und langfristig ein System gemeinsamer europäischer Sicherheit mit Russland ermöglicht werden.

In einer ersten Version aus dem Arbeitskreis Internationale Politik, in dem mehrere Abgeordnete des Wagenknecht-Lagers sitzen, hieß es noch:

Die Bundesregierung hat das Versprechen von Bundeskanzler Scholz, "alles zu tun", damit dieser Krieg so schnell wie möglich beendet wird, nicht eingelöst. Sie hat mehrere Verhandlungsbemühungen mit dem Ziel, einen schnellen Waffenstillstand zu erreichen, nicht unterstützt. So äußerte der damalige Ministerpräsident Israels, Naftali Bennett, jüngst auch gegen die Bundesregierung den Vorwurf, sie habe seine wenige Tage nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine nach eigenen Angaben bereits weit gediehenen Verhandlungsbemühungen "blockiert".

Die Bundesregierung setzt mittlerweile fast ausschließlich auf militärische Mittel, obwohl wiederholte Gefangenenaustausche und das mit Hilfe der Türkei und der UNO ausgehandelte Getreideabkommen vom Juli 2022 zeigen, dass konkrete Verhandlungslösungen mit der Russischen Föderation weiterhin gefunden werden können.

Nach anfänglichem Zögern ist die Bundesregierung zur treibenden Kraft in der so genannten Panzer-Koalition geworden und hat beschlossen, über 100 "Leopard"- Kampfpanzer an die Ukraine zu liefern. Mit der Ausbildung von ukrainischen Soldaten an aus Deutschland gelieferten Waffen wurde der "gesicherte Bereich der Nichtkriegführung verlassen", wie es in einem Sachstand der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags vom März 2022 heißt.

Das völkerrechtlich verbriefte Recht auf Selbstverteidigung gilt für die Ukraine unbestritten. Doch der Versuch der Bundesregierung und mit ihr verbündeter NATO-Staaten, mit militärischen Mitteln und geheimdienstlicher Unterstützung einen Sieg über Russland herbeizuführen ("Die Ukraine muss diesen Krieg gewinnen", Pistorius), verstetigt einen Krieg, der mit immer rücksichtsloseren Methoden geführt wird und zu immer mehr Toten, Verletzten und weiterer Zerstörung führt. Durch auf lange Frist angelegte Waffenlieferungen die Fortführung eines Krieges gegen die Atommacht Russland mit hochriskantem Eskalationspotenzial dauerhaft ermöglichen zu wollen, ist verantwortungslos und grundlegend falsch.

Sahra Wagenknecht und ihr nahestehende Abgeordnete unterzeichneten den neuen Antrag ohne diese Abschnitte nicht mehr.

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