Die Politik des Essens: Sie sind glücklich und die Welt ist schön

Bild: © Stéphanie Branchu, Curiosa Films, Gaumont, France 2 Cinéma

Nur satt zu werden, ist Barbarei. Zivilisation ist das Gegenteil von zweckgerichteter Ernährung: "Geliebte Köchin", ein Film gegen das vulgäre Verständnis des Politischen.

"Und ihr sagt mir, Freunde, dass nicht zu streiten sei über Geschmack und Schmecken?

Friedrich Nietzsche

Adam und Eva – alles begann mit dem Essen. "Le Marriage, c'est un diner qui commence avec le dessert", auf Deutsch: "Die Ehe ist ein Abendessen, das mit dem Dessert beginnt", heißt es im Film. Essen ist auch Erotik, Leidenschaft, Liebe. Der Film "Geliebte Köchin" (Trailer) redet niemandem "nach dem Mund".

Ein republikanischer Film

Dies ist ein politischer Film, gerade dadurch, dass er das vulgäre Verständnis des Politischen provoziert. Gerade dadurch, dass er dem modischen seichten Demokratismus nicht das Wort redet, nachdem alle gleich werden müssen, nicht nur an Rechten, sondern an Moral und Verhaltensweisen.

Dies ist eher ein republikanischer Film, indem er weiß, dass der Bürger nicht nur Anspruchssteller ist und Rechte einzufordern hat, sondern auch Ansprüchen und Pflichten unterliegt. Indem er auch weiß, dass Leidenschaften und Gefühl nicht dasselbe sind, sondern dass das gute Leben etwas mit Leidenschaft zu tun hat, allerdings der für Vernunft.

Ein altmodischer, unzeitgemäßer Film, also einer, von dem wir etwas lernen können, wenn wir das nur wollen.

Über Geschmack lässt sich streiten

Über Geschmack lässt sich nicht streiten, behauptet die Demokratie, da jeder Bürger gleich ist und jeder Bürger seinen eigenen individuellen Geschmack hat.

Stimmt nicht: Über Geschmack lässt sich streiten, denn man hat ihn nicht und muss ihn erst erlernen, weiß die Republik.

Weil der Mensch erst zum Bürger wird, nachdem er in die Schule der Zivilität gegangen ist, Bürgertugenden erlernt hat, und glattgeschliffen wurde, um sich von radikaler Skepsis nicht überwältigen zu lassen und nicht zum solipsistischen Idioten zu werden.

Geliebte Köchin (12 Bilder)

Bild: © Stéphanie Branchu, Curiosa Films, Gaumont, France 2 Cinéma

Erfahrungswissen vor Besserwissen

Man sollte die Omelette mit dem Löffel essen, dann schmeckt sie besser, sagt die von Benoît Magimel gespielte Hauptfigur, die im Film Dodin Bouffant heißt – im Namen steckt das umgangssprachliche Wort für genüsslich essen: "bouffer" –, relativ am Anfang. Es geht beim Essen nicht darum, ein besserer Mensch zu werden. Sondern ums Essen.

Essen können wir nicht, nur zuschauen. Aber lange hat man auf der Leinwand keinen derart sinnlichen Film mehr gesehen, keinen ähnlichen "Augenschmaus" – hier trifft dieses Wort einmal wirklich zu.

Unzeitgemäße Kunst

Denn wir sehen. Sehen Fisch, Geflügel, Eier, die vorsichtig zerbrochen und getrennt werden, Saucen, die mit dem Schneebesen geschlagen und später geklart werden, Gemüse, das erst in kochendem Wasser blanchiert und dann in Eiswasser abgeschreckt wird, um danach in einer Kasserolle in einen Ofen mit schwacher Hitze zu wandern.

Wir sehen Mörser aus Stein und aus Metall, Messer in allen denkbaren Formen und Längen, Dutzende von Kupferkesseln, einen alten Herd aus Eisen, der mit Kohle geheizt wird, und dann die verschiedenen Metallringe, die man herausnehmen kann, um die Hitze zu regulieren.

Wir sehen eine Art zu kochen, wie es sie heute eigentlich nicht mehr gibt, auf die aber bis heute immer noch einige Küchenchefs schwören. Solche Küchen bekommt man heute nur noch für extrem viel Geld. Im 19. Jahrhundert, in dem dieser Film spielt, waren sie die Regel.

So zu kochen ist, wie auf analogen Material Film machen. Wie 35mm-Vorführungen, wie Kino auf eine alte Art.

Wie man Kunst schafft

So versucht der ganze Film zu zeigen, was Kunst ist und wie man Kunst schafft, dass es letztendlich darum geht, persönlich und subjektiv zu sein und darum, auf eine kontrollierte Art die Kontrolle zu verlieren. Man braucht Ruhe beim Kochen und bei der Kunst; ja keine Hektik.

Tran Anh Hung ist ein französischer Regisseur. Aber er stammt aus Vietnam. Mit "Der Duft der grünen Papaya" (1993) und "Cyclo" (der 1995 den Goldenen Löwen von Venedig gewann) gelangen ihm zwei Welterfolge. Später folgte die atemberaubende Murakami-Verfilmung "Norwegian Woods".

Alle diese Filme spielen in Asien. Jetzt hat er einen Film gedreht, den er selbst als Hommage an seine französische Heimat bezeichnet.

Und als Film über die Kunst. Denn Filmemachen ist Kunst; Kochen ist auch Kunst.