Die Rechte und die Israelsolidarität

Seite 2: Für eine Neudifferenzierung der linken Israelsolidarität

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Ein Conne-Island-Boykott, vor allem wenn dann gleich große Teile der Israelsolidarität mit den Rechtsantideutschen in einen Topf geworfen werden, bleibt eher reaktiv. Angesichts einer Israelsolidarität, die von verschiedenen europäischen Rechtsparteien getragen wird - die typisch deutsche Marginalie der Rechtsantideutschen spielen da nur eine kleine Rolle - müsste es eine gute Gelegenheit sein, sich in der Linken über die Israelsolidarität und den Kampf gegen den Antisemitismus neu zu verständigen.

Die Engführung des Antisemitismus auf einen auf Israel bezogenen Antisemitismus hat sich in mehrfacher Weise als verhängnisvoll erwiesen. Der Hauptgrund ist, dass ein Großteil der Juden, die keine Anhänger der israelischen Rechtsregierung sind, von der Solidarität ausgenommen oder gar von den rechten Israelsolidarischen selber antisemitisch angegriffen wird.

Die Soros-Stiftung ist da nur das bekannteste Beispiel. Durch die Konzentration auf den israelbezogenen Antisemitismus geriet in Vergessenheit, dass sich Antisemitismus immer auch und hauptsächlich gegen die Kosmopoliten, gegen Menschen, die sich nicht auf Staat und Nation festlegen lassen, richtet.

Heute sind daher besonders Juden vom Antisemitismus betroffen, die sich nicht auf die israelische Politik festlegen lassen. Ihnen wird aber von einem Teil der Israelsolidarischen, nicht nur den Rechtsantideutschen, jede Solidarität verweigert. Schlimmer noch: Zumindest die Bahamas und ihr Umfeld beteiligen sich an den Angriffen auf Juden und jüdische Organisationen, die angeblich nicht bedingungslos zur israelischen Rechtsregierung stehen.

Zur Neuformulierung eines linken Kampfes gegen jeden Antisemitismus müsste der Begriff besonders begründet werden. Er schließt auch den Antisemitismus gegen Juden ein, die sich nicht mit Israel identifizieren, die als Anarchisten, Antinationale, Kosmopoliten, Sozialisten auf Distanz zum Staat Israel bestehen. Es ist nicht einzusehen, warum ihnen die Solidarität gegen Antisemitismus verweigert wird, die gerade sie oft besonders benötigen.

So würde auch deutlich, dass der Kampf gegen den Antisemitismus kein Staatsprojekt ist. Für manche Israelsolidarischen spielt Israel heute die Rolle, die manche Parteikommunisten der Sowjetunion zumaßen. Sie wurde zum Vaterland der Werktätigkeiten erklärt und jeder Kommunist, der daran zu zweifeln wagte, wurde zum Verräter erklärt und exkommuniziert.

Parallel dazu wird Israel von den Rechten und Rechtsantideutschen zur neuen Sowjetunion. Zumindest die Politik der aktuellen Rechtsregierung wird frenetisch verteidigt und die kleinste Kritik als Antisemitismus bekämpft.

Es ist an der Zeit, den Kampf gegen den Antisemitismus wieder zu einer Sache einer nichtstaatlichen linken Bewegung zu machen und ihn davon zu befreien, Legitimationsideologie eines Staates zu werden. Das wäre das Beste, was man den rechten Israelverteidigern entgegenhalten könnte.