Die Riester-Rente ist tot - es lebe die Risiko-Rente!

Seite 2: Und die Lobbyisten der zukünftigen und jetzigen Rentnerinnen und Rentner? Wo bleiben die Gewerkschaften?

Zu den Interessenvertretern der zukünftigen und jetzigen Rentnerinnen und Rentnern sollten in erster Linie die Gewerkschaften gehören. Die sind aber nicht wahrnehmbar und machen sich auch nicht wahrnehmbar.

Die DGB-Forderung, das Rentenniveau vor Steuern von 48 Prozent auf 50 Prozent zu erhöhen, gleicht einem Offenbarungseid. Allein durch die nachgelagerte, jährlich steigende Besteuerung der Renten, wird das tatsächliche Rentenniveau nach Steuern weiter sinken.

Die Forderung wird aber aktuell regelrecht absurd: Indem der Gesetzgeber seit Neuestem die Einkommen der arbeitenden Rentnerinnen und Rentner in die Berechnungen der Rentenwerte einbezieht, wird das Rentenniveau in diesem Jahr auf 49,8 Prozent ansteigen. Das passiert, ohne dass ein Cent mehr an Rente fließt. Es ist einfach nur ein statistischer Taschenspielertrick.

Der DGB hat sein Ziel erreicht ohne dass Renten erhöht wurden. Toll? Nein es dokumentiert nur das Versagen der Gewerkschaftsvorstände. Wer heute 50 Prozent (und selbst 53 Prozent) als Rentenniveau vor Steuern fordert, hat kein Rentenkonzept gegen die zunehmende Privatisierung der Altersvorsorge. Denn wenn die gesetzliche Rente nicht vor Altersarmut und vor dem Absturz des erreichten Lebensstandards schützt, erhöht sich der Druck, die Altersversorgung aus anderen Quellen zu holen.

Das wissen die Gewerkschaftsvorstände auch und setzen auf eine alternative weitere Quelle: Betriebsrenten. Aber Betriebsrenten, die ihren Namen auch verdienen, sind ein Auslaufmodell und sie passen auch nicht mehr in eine Ökonomie, die zunehmend von prekären und befristeten Arbeitsverhältnissen, von Konzernzerlegungen und -zusammenbrüchen und von Plattformökonomie und millionenfacher Scheinselbständigkeit geprägt ist.

Die Betriebsrenten, die auf Basis des Altersvermögensgesetzes 2001 und des Betriebsrentenstärkungsgesetzes 2018 abgeschlossen wurden, sind Betrugsrenten. Sie basieren nur noch auf Entgeltumwandlung, also aus Lohngeldern und müssen als ein weiterer Zweig der Privatvorsorge angesehen werden. Der Betrieb bestimmt die Versicherung, an welche die Lohngelder überwiesen werden - das war's. Alles andere ist freiwillig.

Die Hoffnung der Gewerkschaftsvorstände, mit Hilfe des Betriebsrentenstärkungsgesetzes eine Flut von Tarifverträgen abschließen zu können, hat sich glücklicherweise zerlegt. Es gibt auf Basis des im Gesetz vorgesehenen Partnerschaftsmodells auch nach 3¼ Jahren nicht einen einzigen Vertrag.

Es gibt nichts Gutes, außer man tut es
Erich Kästner

In Frankreich und Spanien haben sich in den vergangenen zwei Jahren starke Bewegungen von Millionen Menschen gegen die Angriffe auf ihre gesetzliche Altersversorgung gebildet. Die Kämpfe dort dauern an und verdienen unsere Aufmerksamkeit und Unterstützung.

Durch diese Bewegungen sahen sich Gewerkschaften veranlasst, sich zu beteiligen. Alle Zeichen sprechen dafür, dass ohne Druck von unten auch in Deutschland nichts gehen wird in Sachen Altersversorgung und Generationensolidarität.