Die UFOs und die CIA

Mit einem neuen, durchaus selbstkritischen Bericht sucht der Geheimdienst weit verbreiteten Verschwörungstheorien entgegenzutreten - wahrscheinlich vergeblich

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Ob es UFOs, gelandete ETs und die angeblichen Entführungen von Menschen gibt, ist eine Glaubensfrage, die auch erheblich damit zu tun hat, welche Macht man dem Staat einräumt. Unter Beschuss der UFO-Gläubigen steht seit jeher die CIA, die angeblich Fakten gegenüber der Öffentlichkeit verschleiert. Und wo die Geheimdienste involviert sind, gedeihen die Gerüchte und die Verschwörungstheorien - oft genug durch verquere Geheimhaltungsstrategien verstärkt - besonders gut. Dass die CIA keine Fakten über die Existenz von UFOs verheimlicht hat, will jetzt ein neuer Bericht mit dem Titel: "A Die-Hard Issue. CIA's Role in the Study of UFOs, 1947-90" belegen, der auch kritisch auf viele Fehler und Ungeschicktheiten der Behörden und des Militärs hinweist.

Der Anfang der Geschichte liegt in der Zeit, als sich nach dem Zweiten Weltkrieg allmählich der Kalte Krieg und damit die Hochzeit der Rüstungsindustrie und der Geheimdienste anbahnte. Als mythisches Gründungsereignisse der Gerüchte über UFOs kann der Vorfall in Roswell gelten, wo angeblich 1947 eine Fliegende Untertasse abgestürzt sein soll. Der CIA wird unterstellt, dass sie Dokumente über dieses Ereignis, die die Existenz belegen, unter höchster Geheimhaltungsstufe zurückgehalten haben. Sie sollen angeblich belegen, dass man an der Unglücksstätte nicht nur Bruchstücke der Fliegenden Untertasse, sondern auch die Leichen einiger Außerirdischer gefunden habe. Auch als die US Air Force 1994 einen neuen Bericht veröffentlichte, der behauptete, dass die gefundenen Bruchstücke von einem geheimen Ballonprojekt stammten, mit dem man die Atmosphäre nach Belegen für sowjetische Nukleartests untersuchen wollte, stießen bei den überzeugten Anhängern der UFO-Theorie nur auf Unglauben. Jede offizielle Veröffentlichung ist nur ein weiterer Beleg dafür, dass der Staat und das Militär die Existenz von UFOs vertuschen wollen.

Wahrscheinlich wird es einem neuen Bericht der CIA auch nicht anders ergehen, der allerdings auch die Geheimhaltungspolitik des Geheimdienstes und des amerikanischen Militärs kritisiert, die mit verantwortlich für die entstehenden Gerüchte gewesen sei. Nach einer Umfrage aus dem Jahr 1973 glaubten damals 57 Prozent der Amerikaner an die Existenz von UFOs. Auch amerikanische Präsidenten wie Ronald Reagan oder Jimmy Carter wollten derartige ET-Gefährte gesehen haben.

Nachdem am 24. Juni 1947 von einem Piloten das erste UFO bei Washington gesichtet worden sein soll, verbreitete sich das Mem schnell und ließ immer weitere Menschen Fliegende Untertassen sehen. Die US Air Force richtete daraufhin das Project SIGN ein, um Informationen zu sammeln und zu bewerten, die mit der Sichtung von angeblichen UFOs zu tun haben. Das erfolgte auf der Grundlage, dass es UFOs wirklich geben könnte und sie eine nationale Bedrohung darstellen könnten. 1948 kam man zu dem Schluss, dass die gesichteten Objekte möglicherweise geheime Waffen der Sowjetunion sein könnten. Allerdings ging man davon aus, dass fast alle Sichtungen durch Massenhysterie und Halluzinationen, Fälschungen oder Fehldeutungen bekannter Objekte bedingt waren. Im Rahmen eines neuen Projekts mit dem Namen GRUDGE suchte man die Öffentlichkeit erstmals zu beruhigen und erklärte die UFOs für Flugzeuge, Ballone, optische Täuschungen oder Meteore. 1949 wurde das UFO-Projekt eingestellt, doch im Projekt Blue Book wurden weiterhin UFO-Sichtungen erfasst und bewertet.

Erst jetzt kam die CIA ins Spiel. 1952 meldeten Radarstationen des Washington National Airport und der Andrews Air Force Base mysteriöse Phänomene. Die Meldungen gelangten in die Medien und die US-Regierung wollte Näheres wissen. Die Luftwaffe führte die Punkte auf dem Radar auf "Temperaturinversionen" zurück, doch richtete die CIA eine Arbeitsgruppe zur Untersuchung der UFO-Sichtungen ein. "Angesichts der möglicherweise alarmierenden Neigung" der Öffentlichkeit, ein solches Interesse als Beweis für die Existenz von UFOs anzusehen, sollte die Arbeitsgruppe im Geheimen ihrer Tätigkeit nachgehen. Unter den Bedingungen des Kalten Krieges glaubte man, dass die UFO-Phänomene der Sowjetunion nutzen könnte. Diese könnte beispielsweise Sichtungen dazu nutzen, um Panik in den USA auszulösen. Schließlich arbeitete auch die CIA an Konzepten der psychologischen Kriegsführung. Wenn überdies die Radarsysteme durch die Sichtungen überlastet würden, könnten die Frühwarnsysteme womöglich reale Objekte nicht mehr von den Phantom-UFOs unterscheiden.

Die CIA ließ 1953 eine Gruppe von Wissenschaftlern die beobachteten Phänomene sichten. Man kam wieder zu der Entscheidung, dass es keine UFOs gebe und man die Phänomene auf andere Weise erklären könne. Wie immer jedoch ließ die Geheimhaltungsstrategie neue Gerüchte verstärken, dass doch etwas an den UFOs dran sein könnte. Während sich die CIA im Laufe der 50er Jahre immer weiter von der Untersuchung der UFO-Sichtungen zurückzog, sorgte sie jedoch mit der U-2 Luftüberwachung für neue Gerüchte. Die ersten Testflüge der in großen Höhen fliegenden U-2s sorgten für einen gewaltigen Anstieg der UFO-Sichtungen. Dazu trug bei, dass die U-2s zunächst silbern waren und das Sonnenlicht reflektierten. Später wurden sie schwarz bemalt. Wieder klärte man die Öffentlichkeit nicht auf, sondern versuchte, diese Sichtungen anders zu erklären, um der Sowjetunion keine Informationen zu liefern - ein guter Dung für Verschwörungstheorien, denn man weigerte sich auch, die bislang vorliegenden Berichte zu veröffentlichen.

Einen neuen Höhepunkt der in der Öffentlichkeit zirkulierenden Gerüchte erzielte 1955 ein Bericht, dass zwei Schwestern in hohem Alter angeblich in Kontakt mit UFOs getreten seien. Ein CIA-Agent, der sich als Offizier der Luftwaffe ausgab, besuchte die Schwestern und berichtete, dass sie die Erscheinung wohl auf einen Fernsehfilm zurückzuführen sei. Der "Code", von dem die Schwestern glaubten, er sei von den ETs zur Kommunikation verwendet worden, während sie einer Radiosendung zuhörten, entpuppte sich als Morsecode. Doch als die UFOlogen von der zweifelhaften Identität des Gastes der beiden Schwestern erfuhren, sahen sie darin wieder eine Vertuschungsaktion des CIA, was zum Teil ja auch stimmte. Die CIA verschlimmerte die Situation noch, indem sie einen ihrer Agenten wiederum als Luftwaffenoffizier verkleidet zu einem besonders der Verschwörungstheorie anhängenden UFOlogen schickten. Der Trick klappte nicht, die UFOlogen wurden nur noch misstrauischer.

Nachdem die Gerüchte nicht verstummten und von der Öffentlichkeit ein großer Druck auf Aufklärung ausging, beauftragte die Luftwaffe Ende der 60er Jahre Wissenschaftler von der University of Colorado unter Leitung des Physikers Condon, alle diesbezüglichen Dokumente zu prüfen. Der Bericht kam zu dem Schluss, dass eine weitere Untersuchung von UFO-Sichtungen unnötig sei, erwähnte aber nicht die Mitarbeit der CIA in der Arbeitsgruppe, die Informationen zur Verfügung stellte. Die Luftwaffe stellte daraufhin das Projekt Blue Book ein.

Die Verschwörungstheorien und der Glaube der UFOlogen verstummte jedoch nicht, was schließlich dazu führte, dass die CIA 1993 Gerald Haines, den offiziellen CIA-Historiker, um einen weiteren Bericht bat, der sich vor allem mit der angeblichen Verschleierung von UFO-Sichtungen seitens des Geheimdienstes beschäftigen sollte. Der jetzt veröffentlichte Bericht stützt sich auf bislang geheime Dokumente, die noch nicht unter dem Freedom for Information Act veröffentlicht wurden und deren Geheimhaltung die Verschwörtungstheoretiker in ihrem Glauben stärkte. Vielleicht lernt die CIA aus dieser Geschichte, dass manchmal Transparenz günstiger ist als Geheimhaltung, die selbst nur eine Art Paranoia zum Ausdruck bringt.

Der Autor des 1997 fertiggestellten Berichts bleibt jedoch pessimistisch: "Wie bei den Verschwörungstheorien, die sich um die Ermordung von John. F. Kennedy ranken, wird sich auch das UFO-Thema nicht schnell auflösen, egal was die Behörde macht oder sagt. Der Glaube, dass wir im Universum nicht alleine sind, ist gefühlsmäßig so faszinierend und das Misstrauen gegenüber unserer Regierung ist so tiefsitzend, um dieses Thema den traditionellen wissenschaftlichen Methoden der rationalen Erklärung und der Beweisführung zugänglich zu machen."

Immerhin beteiligen sich mittlerweile auch eine Million Menschen an Seti@home, der Suche nach Signalen einer möglichen extraterrestrischen Intelligenz, und glauben bei einer Umfrage auf der Website des Projekts 95 Prozent an die Existenz von Außerirdischen.