Die Umverteilung von Arm nach Reich durch Zinsen
- Die Umverteilung von Arm nach Reich durch Zinsen
- Die Umverteilung von Arm nach Reich durch Profite
- Lebensversicherungen und Enteignung der Sparer?
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"Enteignung durch Niedrigzinsen!" meinen die Einen. "Enteignung durch die bloße Existenz von Zinsen!" meinen die Anderen. Wer hat Recht?
Zinsen sind ein Dauerbrenner mit vielen Meinungen und Thesen. Die meisten basieren auf Informationsdefiziten, der eigenen Perspektive und verengten Betrachtungen. Ein Sparer kritisiert zu niedrige, ein Kreditnehmer zu hohe Zinsen. Dass Banken an der Zinsspanne Geld verdienen, ist vielen "Zinskritikern" ein Dorn im Auge.
Alle haben teilweise Recht - aber eben nur teilweise, weil man sich der relevanten Fragen bewusst werden muss. Um einige herauszugreifen: Wenn Sparer Zinsen erhalten wollen: Wer soll sie zahlen? Was genau sind eigentlich Zinsen? Welche Arten von Zinsen gibt es? Welche Konsequenzen hätte es, wenn man sie abschaffen oder zu niedrig ansetzen würde?
Kein Recht auf Zinsen
Viele meinen, Sparer würden durch Niedrigzinsen "enteignet". Das ist insofern unzutreffend, als es lediglich Sparer beträfe, die Negativzinsen zahlen - also niemanden. Zwar erheben manche Banken einen Negativzins von 0,4 Prozent oberhalb von 100.000 Euro Guthaben (Fidor Bank München), andere ab 250.000 Euro (Stadtsparkasse München) oder 1 Million Euro (Sparkasse Nürnberg).
Allerdings besitzen nur sehr wenige Menschen so viel Geld, und die oben genannten Grenzen gelten nicht pro Person oder Unternehmen, sondern pro Bank/Konto. Das heißt: Wer in Liquidität schwimmt, kann Negativzinsen vermeiden, indem man das Geld entweder in bar abhebt oder auf beliebig viele Banken verteilt. Eine Enteignung wäre nur möglich, wenn man nicht mehr ausweichen kann. Grundvoraussetzung dafür wäre die Abschaffung des Bargelds oder die Einführung der Freiwirtschaft.
Wie kommen Niedrigzins-Kritiker darauf, dass es ein Recht auf Zinsen gäbe? Was glauben sie, wo "ihre" Zinsen eigentlich herkommen? Worauf hat ein Mensch ein Recht? Die UN-Menschenrechtserklärung von 1948 definiert 27 Menschenrechte plus 3 allgemeine Artikel. Dies reicht vom Recht auf Leben über gleiche Rechte für alle vor dem Gesetz, Freiheit, freie Ehegattenwahl, Eigentum und Asyl bis zum Recht auf eine soziale Ordnung. Ein Recht auf Zinsen ist nicht dabei. Aus gutem Grund steht nirgends, dass Menschen ein Recht darauf haben, dass andere ihnen Zinsen zahlen. Das wirft die Frage auf, welche Arten von Zinsen es gibt, und wer sie auf welchem Weg an wen zahlt.
Die vier wichtigsten Zins-Arten
Gablers Wirtschaftslexikon definiert Zinsen als "Entgelt für die Überlassung von Kapital". Die bei ökonomischen und politischen Inhalten umstrittene Wikipedia definiert Zinsen fast identisch, und zwar als "Entgelt, das der Schuldner dem Gläubiger für vorübergehend überlassenes Kapital zahlt". Karl Marx schrieb in "Das Kapital", Band 3: "Da der Profit hier rein die Form des Zinses annimmt … wird dieser Totalprofit nur noch bezogen in der Form des Zinses, d.h. als bloße Vergütung des Kapitaleigentums."
Daraus leitet sich zwangsläufig ab, dass es für jede Art von Kapital eine eigene Art von Zins gibt. Wer Zinsen nur als Kreditzinsen auf die Kapitalform "Geld" verengt, übersieht viel wichtigere Zinsarten.
Betrachten wir kurz die vier wichtigsten Zins-Arten. Kreditzinsen sind einfach zu verstehen. Ein Kreditnehmer leiht sich Geld und muss zusätzlich Zinsen zurückzahlen. Anders ausgedrückt: Jemand, der zu wenig besitzt, leiht sich Geld von jemandem, der es im Überfluss hat (oder der als Bank Giralgeld schöpfen kann) und muss mehr zurückzahlen. Hier fließt Geld meist offensichtlich von Arm nach Reich. Dieser oft als ungerecht empfundene Vorgang macht Kreditzinsen zum idealen Objekt für politische Kampagnen, die Zinsen abschaffen wollen.
Die zweite wichtige Zinsart ist der Mietzins. Auch hier wird ein Zins für die Überlassung von Kapital gezahlt, vor allem für die Überlassung von Immobilienkapital. In jeder Mietzahlung steckt immer neben dem Amortisationsanteil (Refinanzierung des Kaufpreises) und dem Instandhaltungsanteil ein Profitanteil. Der Mietzins beschränkt sich nicht auf Immobilien, sondern umfasst alles, was man mieten kann, von Hotelzimmern über Mietwagen und Mietwerkzeug bis zu mobilen Miettoiletten.
Die dritte wichtige Zinsart ist der Spekulationszins. Kapitaleigentümer investieren in Wertpapiere, Immobilien, unbebaute Grundstücke, etc., um allein aus der Differenz von Einkaufs- und Verkaufspreis Profit zu schlagen, ohne produktiv zur Wertschöpfung beizutragen. Diese Art von Zins ist durch Verteuerungen, Renditedruck und das Auseinanderreißen der Schere zwischen Arm und Reich pures Gift für Gesellschaft und Wirtschaft.
Entgegen des Narrativs seiner Lobbyisten erfüllt die Spekulation nicht den Zweck "Schwachstellen aufzuzeigen und auszugleichen". Mit der Schwachstellen-Argumentation könnte man auch Fußgängern mit Baseballschlägern den Schädel zertrümmern, um auf einen fehlenden Helm hinzuweisen. Durch Regulierungen und Steuern könnten Regierungen das Problem lösen, wenn sie wollten. Die Deregulierung in diesem Bereich zeigt, wer wessen Interessen vertritt. Spekulationsprofite zahlen die Spekulationsopfer, wie zum Beispiel Mieter, kapitalschwächere Käufer, Kleinanleger oder entlassene Angestellte von übernommenen Unternehmen.
Die wichtigste Zinsart ist die Eigenkapitalverzinsung. Ein anderes Wort dafür ist Profit. Ein Unternehmer investiert Eigenkapital in sein Unternehmen, oder ein Anteilseigner investiert in Aktien oder GmbH-, OHG-, KG- Anteile, etc. Das Eigenkapital wird in jeder Unternehmensbilanz als Kredit der Gründer / Einleger an das Unternehmen und (ebenso wie Fremdkapital) als Verbindlichkeit auf der Passivseite verbucht. Alle Anteilseigner erwarten, dass ihre Beteiligung an eigenen oder fremden Unternehmen Dividenden abwirft. Dividenden sind ausgeschüttete Profite.
Jede Art von Zinsen muss erwirtschaftet werden, und jedes Erwirtschaften basiert letztendlich auf der Verwertung von Arbeit. Wer meint, Geld würde sich durch Zinsen vermehren, muss nur dem Weg des Geldes folgen, um als Quelle letztendlich bei Erwerbsarbeit zu landen.
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