Die Welt ist unsere Klinik
Seite 2: "Freiwilligkeit"
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Natürlich ist den Experten, Politikern und Kommunikationsstrategen nicht entgangen, dass das Vertrauen der Bevölkerung ins Wanken geraten ist, dass man sich gar nicht mehr so sicher ist, dass man ganz freiwillig die 70-Prozent-Marke erreicht.
Wie erreicht man sie dennoch?
Wie dehnbar der Begriff "Freiwilligkeit" sein kann, kann man in dem Film "Der ewige Gärtner" begutachten. Aber das ist eben Afrika.
Wie macht man es also in der Ersten Welt?
Einen Tag nach Ausstrahlung des John Le Carré-Filmes sorgten geladene (Dauer-)Gäste in einer Corona-Sonder-Sendung für eine zeitgerechte Adaption des Filmstoffes. Man muss hinzufügen, dass bei solchen Fernsehformaten der Korridor für abweichende Meinungen ungefähr bei +/- 5 Prozent liegt. Das heißt: Wenn man einmal jemanden einlädt, die/der den Corona-Maßnahmen widerspricht, dann hat man zum Ausgleich auch jemanden, dem die Einschränkungen nicht weit genug gehen.
Zum gemeinsamen Einstimmen erklärten die Gäste den neuen Impfstoff für sicher, ohne die Fünf-Prozent-Klausel in Anspruch zu nehmen. Als das allumfassend geklärt war, stand die Frage der Akzeptanz, des Vertrauens im Raum.
Sogleich hatte jemand aus dem Kreis der Geladenen eine tolle Idee. Man müsse Prominente für den Impfstoff gewinnen, also nicht für eine Impfung, sondern für dessen Bewerbung.
Der Megastar Angelina Jolie hatte Angst vor Krebs und wusste um die erblichen Vorbelastungen. Also entschloss sie sich, vorsorglich die Brüste, die Gebärmutter und die Eileiter entfernen zu lassen. Das machte sie danach auch öffentlich. Ganz stolz berichtete der Geladene, dass danach die Auftragsbücher in den Krankenhäusern voll waren, mit Frauen, die dasselbe machen wollten.
Der illustre Kreis der Geladenen war verzückt. Ja, so müssen wir es machen. Wir brauchen Sympathieträger. Ja, fantastisch, es muss ja nicht wieder Angelina Jolie sein.
Im Film - wie im wirkliche Leben - geht es um die Vermarktung eines lebensrettenden Medikaments, das gegen AIDS bzw. gegen Covid 19 helfen sollte. Es werden sicherlich einige einwenden, dass man das "damals" nicht mit heute vergleichen kann. Das stimmt - auch wenn die Antwort alles andere als beruhigend ist
In dem Film, damals, war Afrika das kontinentale Versuchslabor. Wenn etwas schieflief, der Impfstoff tötete, dann blieb das eine "afrikanische" Angelegenheit und man verschonte uns mit Bildern, die uns mit den Folgen konfrontierten.
Jetzt ist einiges anders: Der Impfstoff gegen Covid 19, der jetzt auf den "Markt" kommt, wird in Europa getestet. Zuerst kommen die Risikogruppen dran. Das ist eine großartige Geste. Und ein kleiner Hinweis darauf, dass die Dritte Welt zur Ersten Welt zurückkehrt.
Und nun zurück zum Film:
Das Leben von Justin Quayle, eines Diplomaten im britischen Hochkommissariat in Nairobi, gerät aus dem Gleichgewicht, als seine Frau Tessa, eine Menschenrechtsaktivistin, ermordet im Norden Kenias aufgefunden wird. Dass die Behörden zu dem Schluss kommen, Tessa sei Opfer einer Beziehungstat geworden, macht es für den sonst so besonnenen Mann doppelt schwer. (…)
Justin hat bis dato ein beschauliches Leben geführt und ehrliche Leidenschaft nur für sein Gärtnerhobby und seine Frau empfinden können. Doch jetzt ist alles anders. Statt in gewohnter Manier zur Tagesordnung überzugehen und möglichst keine Gefühle zuzulassen, quält ihn die Frage, wer für ihren bestialischen Tod verantwortlich ist. Justin stellt Nachforschungen über Tessas Arbeit an; als Sozialarbeiterin engagierte sie sich für die Menschen jenseits der gepflegten Golfplätze. Die Spurensuche führt ihn von Nairobi über London und Berlin zurück in die Krisengebiete Südafrikas.
Überall stößt er auf das Pharmaunternehmen ThreeBees, das kostenlose Impfprogramme anbietet und Verbindungen bis in die Regierungsspitzen zu haben scheint.
Ungeachtet handfester Drohungen (…) versucht Quayle, die tiefgreifenden Intrigen des Pharmaunternehmens, dessen Aids-Mittel verheerende Folgen nach sich zieht, aufzudecken.
Ankündigungstext bei Arte
Und jetzt viel "Spaß" bei diesem Film, der wirklich sehr berührend ist - gerade weil es viele "Tessas" und "Quayles" in der Jetztzeit braucht, um dem inneren Lockdown zu entgehen.