Die Welt ist unsere Klinik

Krankenhausflur, leer. Bild: Pixabay

Das Geschäft mit der Angst und der innere Lockdown

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Zur Eröffnung des "harten Lockdowns" in Deutschland am 16. Dezember 2020 strahlte Arte den Krimi "Der ewige Gärtner", eine Verfilmung des Romans "The Constant Gardener" von John le Carré aus (nächste Ausstrahlung am 6. Januar).

Man wollte damit den berühmten Krimiautoren John Le Carré ehren, der kürzlich verstorben ist.

Es sind sehr viele Romane von John Le Carré verfilmt worden. Aber genau dieser passt in die Corona-Zeit, als hätte sich jemand bei der Auswahl etwas gedacht. Wenn man ganz hintersinnig sein will, könnte man sogar vermuten, dass gerade dieser Film ein Wink mit dem Zaunpfahl ist (Der afrikanische Patient). Im Mittelpunkt dieses Krimis steht das Geschäft mit der Angst und auf welche Weise ein Impfstoff auf den "Markt" gebracht wird und wie man "Leben retten" und "Über Leichen gehen" zusammenbringt.

Wissen über Pharmakonzerne

Dieser Film würdigt also nicht nur einen brillanten Krimiautor. Er ruft zugleich ein Wissen über Pharmakonzerne ins Gedächtnis, denen nicht unsere Gesundheit am Herzen liegt, sondern der Profit. Das macht sie nicht besonders böse, sondern zu erfolgreichen Geschäftsleuten, die am Profit, an Marktanteilen gemessen werden und nicht an der Menschenliebe. Das ist also nicht die dunkle Seite des Kapitalismus, sondern seine Grundbedingung.

Was der Film zeigt, ist ein "Film", der seit Jahrzehnten genauso Wirklichkeit ist: Das milliardenschwere Geschäft mit der Angst, mit tödlichen Krankheiten und das jahrzehnte alte Wissen, dass Pharmakonzerne so ähnlich agieren wie die Waffenindustrie. Sie versprechen Schutz, leben und profitieren vom Tod.

Der fiktive Pharmakonzern "ThreeBees" in diesem Film hat das Firmenmotto: "Die Welt ist unsere Klinik".

Wer bis zum traurigen Ende im Film durchhält, bekommt keinen Trost in der Wirklichkeit. Seit ein paar Tagen werden alle Sender, alle Nachrichten, alle Experten auf die nächste Stufe der Pandemie stimmungsaufhellend eingestellt: Der Impfstoff gegen Covid 19 ist da und natürlich unglaublich wirksam, so um die 95 Prozent. Man will ja nicht total übertreiben.

Wurden wir bisher vor allem mit Bildern aus der Intensivstation "sensibilisiert", so kommen nun - komplementär - die Rettungsbilder dazu: Wir sehen Impfzentren aus dem Boden sprießen und hören Experten, wie man die Bevölkerung durchimpfen will. Manche machen Hoffnung, dass man bis Frühjahr 2021 damit durch ist, womit das Erreichen der 70 Prozent-Marke gemeint ist. Dann geht man von einer "Herdenimmunität" aus.

Seitdem kreist alles nur noch um die lästige Zulassung der verschiedenen Impfstoffe. Man spürt in diesem Szenario, dass es jetzt darum geht, "bürokratische" Hindernisse zu überwinden. Hand aufs Herz: Wer ist wirklich für deren Aufrechterhaltung? Niemand. Und schon hat man wieder eine Mehrheit zusammen.

Ökonomische "Notwendigkeiten"

Damit ist buchstäblich die lästige Frage vom Tisch gefegt, warum man bei anderen Impfstoffen vier, sechs oder gar zehn Jahren brauchte, bis sie die Zulassung bekommen hatten? War das nur "bürokratische" Korinthenkackerei oder macht(e) das Sinn? Wie will man die Langzeitwirkung erfassen und berücksichtigen, wenn man sich diese Zeit nicht nimmt? Wie will man die Zuverlässigkeit eines Impfstoffes gewährleisten, wenn man darüber gar nichts weiß, gar nichts wissen will?

Dazu könnten doch ganz viele Virologen und Mediziner etwas sagen? Also zumindest jene, die man in Talkshows einlädt. Fragt man sie dazu? Nein. Sagen die Virologen und Mediziner etwas dazu, ohne gefragt zu werden? Nein.

Man weiß, dass es darauf keine medizinische Antwort gibt, die auch nur halbwegs auf validen und überprüfbaren Fakten beruht.

Die Entscheidung, den Impfstoff dermaßen ungeprüft auf den Markt zu werfen, hat politische Gründe.

Ich habe in dem Beitrag: "Das Virus, der Kapitalismus und wir" ausgeführt, dass der harte Lockdown ab dem 16. Dezember 2020 zur Eindämmung der Pandemie auf etwa 20 Prozent des Infektionsgeschehens zielt, auf den Privatbereich. Wenn rechnerisches und epidemiologisches Wissen miteinander korrelieren, dann werden die meisten Kontakte (also Übertragungswege) gar nicht durch den Lockdown unterbunden, sondern bewusst in Kauf genommen.

Wenn diese Analyse richtig ist, dann weiß man, dass die behauptete Vollbremsung vor allem Spuren im Privatleben der Menschen hinterlässt und davon ablenkt, dass das hauptsächliche Infektionsgeschehen hingenommen wird.

Wer genau diese Strategie gefordert hat, wer exakt diese auch bekommen hat, ist kein großes Geheimnis, schon gar kein besonders verschwiegenes: Als sich im November 2020 abzeichnete, dass der Lockdown (light) im Privatbereich das Infektionsgeschehen nicht deutlich senken kann, meldete sich Hubertus Bardt, der Geschäftsführer des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln (IW) kurz und knapp zu Wort:

Lockdown light darf nicht auf Industrie übergreifen. Die ökonomischen Auswirkungen der derzeitigen Beschränkungen sind zwar nicht so gravierend wie der Lockdown im Frühjahr, kosten aber dennoch rund 17 Milliarden Euro. Entscheidend ist nun, dass die Maßnahmen weder verschärft noch über den Winter verlängert werden - und dass die Industrie verschont bleibt.

IW-Nachricht vom 16. November 2020

Dem Ruf der "Wirtschaft" wurde weitgehend Folge geleistet. Der "harte Lockdown" für den Privatbereich ab dem 12. Dezember 2020 hat keinerlei epidemiologische Grundlagen, sondern folgt ökonomischen "Notwendigkeiten".

Dass es bei einem Lockdown nicht so sehr darauf ankommt, ob er light oder heavy verordnet wird, sondern ob er das Mobilitätsgeschehen, also die Ansteckungsgefahr tatsächlich beeinflussen kann/will, ist auch ohne medizinisches Wissen einleuchtend.

Dass ein wie auch immer ausgepreister Lockdown im Privatbereich genau das nicht kann, ist wissenschaftlich keine Sensation, wenn man die Studien dazu öffentlich zugänglich machen würde, wenn sich alle jene daran messen würden, die den "harten Lockdown" befürworten, mit und ohne Regierungsauftrag.

Genau dies hat Christof Kuhbandner in einem ausführlichen Telepolis-Beitrag (Warum die Wirksamkeit des Lockdowns wissenschaftlich nicht bewiesen ist) getan und kommt nach Auswertung verschiedener Studien zu dem Schluss:

Zusammenfassend basiert die Empfehlung eines harten Lockdowns in der 7. Ad-hoc-Stellungnahme (der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, d.V.) auf keiner belastbaren wissenschaftlichen Grundlage. Als Begründung der Notwendigkeit eines harten Lockdowns wird zum einen nur auf arbiträre Einzelbeispiele verwiesen, obwohl umfassende publizierte Studien existieren, welche die Wirksamkeit von Lockdowns grundlegend in Frage stellen.

Christof Kuhbandner

Wer an dieser "Strategie" nichts ändern will, hat nur einen Ausweg: So schnell wie möglich, so viele wie möglich "durchimpfen". Das ist zwingend, erst recht, wenn man bei jeder Gelegenheit betont, dass das Zwingende ganz freiwillig ist.

"Freiwilligkeit"

Natürlich ist den Experten, Politikern und Kommunikationsstrategen nicht entgangen, dass das Vertrauen der Bevölkerung ins Wanken geraten ist, dass man sich gar nicht mehr so sicher ist, dass man ganz freiwillig die 70-Prozent-Marke erreicht.

Wie erreicht man sie dennoch?

Wie dehnbar der Begriff "Freiwilligkeit" sein kann, kann man in dem Film "Der ewige Gärtner" begutachten. Aber das ist eben Afrika.

Wie macht man es also in der Ersten Welt?

Einen Tag nach Ausstrahlung des John Le Carré-Filmes sorgten geladene (Dauer-)Gäste in einer Corona-Sonder-Sendung für eine zeitgerechte Adaption des Filmstoffes. Man muss hinzufügen, dass bei solchen Fernsehformaten der Korridor für abweichende Meinungen ungefähr bei +/- 5 Prozent liegt. Das heißt: Wenn man einmal jemanden einlädt, die/der den Corona-Maßnahmen widerspricht, dann hat man zum Ausgleich auch jemanden, dem die Einschränkungen nicht weit genug gehen.

Zum gemeinsamen Einstimmen erklärten die Gäste den neuen Impfstoff für sicher, ohne die Fünf-Prozent-Klausel in Anspruch zu nehmen. Als das allumfassend geklärt war, stand die Frage der Akzeptanz, des Vertrauens im Raum.

Sogleich hatte jemand aus dem Kreis der Geladenen eine tolle Idee. Man müsse Prominente für den Impfstoff gewinnen, also nicht für eine Impfung, sondern für dessen Bewerbung.

Der Megastar Angelina Jolie hatte Angst vor Krebs und wusste um die erblichen Vorbelastungen. Also entschloss sie sich, vorsorglich die Brüste, die Gebärmutter und die Eileiter entfernen zu lassen. Das machte sie danach auch öffentlich. Ganz stolz berichtete der Geladene, dass danach die Auftragsbücher in den Krankenhäusern voll waren, mit Frauen, die dasselbe machen wollten.

Der illustre Kreis der Geladenen war verzückt. Ja, so müssen wir es machen. Wir brauchen Sympathieträger. Ja, fantastisch, es muss ja nicht wieder Angelina Jolie sein.

Im Film - wie im wirkliche Leben - geht es um die Vermarktung eines lebensrettenden Medikaments, das gegen AIDS bzw. gegen Covid 19 helfen sollte. Es werden sicherlich einige einwenden, dass man das "damals" nicht mit heute vergleichen kann. Das stimmt - auch wenn die Antwort alles andere als beruhigend ist

In dem Film, damals, war Afrika das kontinentale Versuchslabor. Wenn etwas schieflief, der Impfstoff tötete, dann blieb das eine "afrikanische" Angelegenheit und man verschonte uns mit Bildern, die uns mit den Folgen konfrontierten.

Jetzt ist einiges anders: Der Impfstoff gegen Covid 19, der jetzt auf den "Markt" kommt, wird in Europa getestet. Zuerst kommen die Risikogruppen dran. Das ist eine großartige Geste. Und ein kleiner Hinweis darauf, dass die Dritte Welt zur Ersten Welt zurückkehrt.

Und nun zurück zum Film:

Das Leben von Justin Quayle, eines Diplomaten im britischen Hochkommissariat in Nairobi, gerät aus dem Gleichgewicht, als seine Frau Tessa, eine Menschenrechtsaktivistin, ermordet im Norden Kenias aufgefunden wird. Dass die Behörden zu dem Schluss kommen, Tessa sei Opfer einer Beziehungstat geworden, macht es für den sonst so besonnenen Mann doppelt schwer. (…)

Justin hat bis dato ein beschauliches Leben geführt und ehrliche Leidenschaft nur für sein Gärtnerhobby und seine Frau empfinden können. Doch jetzt ist alles anders. Statt in gewohnter Manier zur Tagesordnung überzugehen und möglichst keine Gefühle zuzulassen, quält ihn die Frage, wer für ihren bestialischen Tod verantwortlich ist. Justin stellt Nachforschungen über Tessas Arbeit an; als Sozialarbeiterin engagierte sie sich für die Menschen jenseits der gepflegten Golfplätze. Die Spurensuche führt ihn von Nairobi über London und Berlin zurück in die Krisengebiete Südafrikas.

Überall stößt er auf das Pharmaunternehmen ThreeBees, das kostenlose Impfprogramme anbietet und Verbindungen bis in die Regierungsspitzen zu haben scheint.

Ungeachtet handfester Drohungen (…) versucht Quayle, die tiefgreifenden Intrigen des Pharmaunternehmens, dessen Aids-Mittel verheerende Folgen nach sich zieht, aufzudecken.

Ankündigungstext bei Arte

Und jetzt viel "Spaß" bei diesem Film, der wirklich sehr berührend ist - gerade weil es viele "Tessas" und "Quayles" in der Jetztzeit braucht, um dem inneren Lockdown zu entgehen.