Die beste Demokratie, die man für Geld haben kann
Teil 2: Mehr Despotie wagen - Die Spezialdemokraten rocken weiter
Erinnern Sie sich? Es war einmal, 1998, eine böse böse, schwarz-liberale Bundesregierung und die beabsichtigte einen wahrlich üblen Schurkenstreich gegen ihre Untertanen: Sie plante nämlich bei der Rente einen demographischen Faktor - d.h., eine Angleichung der Rente an die Bevölkerungsentwicklung - einzuführen. Dann kam der lächelnde Zwerg aus Niedersachsen, der sowohl dem BILD-Zeitung als auch dem Playboy lesenden Volk stets so trefflich aufs Maul schaut (vgl.Johannes B. Kerner is watching you!), und der hatte für den Wahlkampf extra eine große, mit vielen hochtrabenden und sittenstrengen Spitzen gespickte Keule mitgebracht.
Und genau diese wusste das sozialdemokratische Rumpelstilzchen mit dem Blair-Papier in der Tasche vor der fernsehenden Nation mit seinem ihm urtypischen, Hannoveraner Pilstrinker-Charme medienwirksam über den Köpfen des politischen Gegners zu schwingen:
Die Systeme der sozialen Sicherung zukunftstauglich zu machen und damit neue Brücken in den Arbeitsmarkt zu bauen, das ist die Aufgabe, der wir uns stellen müssen. Dabei kommt es auf Konzepte an, liebe Genossinnen und Genossen. Mit punktuellen Kürzungen ist es nicht getan. Hier liegt der Grund, warum wir die Kürzung der Renten zurücknehmen werden. Ich sage das mit Bedacht auch und gerade den Kritikern dieser Ankündigung: Es geht hierbei nicht um Tausende von Mark oder gar um fünfstellige Summen, sondern es geht dabei, liebe Genossinnen und Genossen, um Durchschnittsrenten, die zwischen 900 und 1300 DM liegen - im Monat wohlgemerkt. Personen mit solch einer Rente sind betroffen. Um diese geht es bei den Maßnahmen, die die Union jetzt auf den Weg gebracht hat. Die ganz einfache Frage, die ich nicht nur an euch, sondern vor allen Dingen an diejenigen habe, denen es besser geht, lautet: Wie würden Sie, die Sie selbst ein ausreichendes, ein gutes oder - ich bin zum Neid völlig unfähig - ein hohes Gehalt haben, reagieren, wenn Sie von 900 oder meinethalben von 1300 DM im Monat leben, ihre Miete bezahlen, den Lebensunterhalt bestreiten und all das, was man so braucht, bezahlen müssten; wenn dann jemand käme und sagte: Da gehen wir jetzt ran; da ist eine Möglichkeit zum Kürzen; darauf konzentrieren wir uns, weil das ja die Masse ist, die es ja bekanntlich bringt? Wie würden diejenigen, die in der Gesellschaft Gott sei Dank stärker sind, wohl reagieren? (...) Ich vertraue darauf, dass es in diesem Land immer noch eine Mehrheit gibt, der es Gott sei Dank gut geht und die dann sagen wird: Wir sehen ein, dass die deutschen Sozialdemokraten Rentenkürzungen dieser Art, die vor allen Dingen diejenigen betreffen, die als Witwen ihr Leben fast hinter sich haben, nicht gestatten können und dieses für schlicht unanständig halten.
Gerhard Schröder
Nach der Wahl ließ sich der verschlagene Wicht Zigarren schmauchend im Brioni-Mantel ablichten und wollte von dem seinerzeit propagierten Rentenkonzept nichts mehr wissen. Die Politik des "gesunden Menschenverstandes" kehrte ein, es gab kein links und rechts mehr, sondern nur noch "Modernisierer" und "Bremser" und fortan galt als allgemeines politisches Credo, dass die Rente nur gesichert werden könne, wenn die Wirtschaft entlastet und die bislang solidarisch finanzierte Altervorsorge teilprivatisiert werde. Mit der Riester-Rente wurde aber das Niveau der Altersversorgung weit unter die von Norbert Blüm konzipierten Pension gedrückt. Was früher als "unanständig" galt, ist heutzutage selbstredend mutig und ehrlich, mithin ein Gebot der Vernunft.
So oder so: Entweder war die geplante Einführung der Rente mit "Demographie-Faktor" sinnvoll, dann war es verantwortungslos, diese zuerst als unschicklich zu denunzieren, um dann eine ungleich härtere Version durchzusetzen; oder sie war tatsächlich "unanständig" - dann stellt sich allerdings die Frage, wie man jetzt die "Riester-Rente" bezeichnen soll: In beiden Fällen wurde zumindest unlauter argumentiert und man beginnt eine Ahnung davon zu bekommen, mit welcher Skrupellosigkeit Politiker "ethische Positionen" vertreten und "empirische Tatbestände" heranziehen, wenn der Kampf der Macht gilt.
Die Menschen sind zwar von den politischen Parteien einiges gewöhnt und dass Wahlversprechen nicht eingelöst werden, gehört mittlerweile zum gesellschaftlichen Alltag. Dass man aber genau das Gegenteil des vorher propagierten Wahlprogramms ausführt, dieses auch noch als eine mutige Tat, als eine ungeheure Innovation, als der Weisheit letzter Schluss und darüber hinaus als höchstes Gebot der Moral verkauft, ist ein großer Sprung in der politischen Landschaft.
Der klare Sieg der SPD und der Grünen im Jahr 1998 war eine Wahl, die eindeutig von links gewonnen wurde: Der fortschreitenden liberal-konservativen Beschneidung des Sozialstaats sollte Einhalt geboten werden - so stand es auf dem von Oskar Lafontaine konzipierten politischen Programm der SPD und dementsprechend war auch im Wahlkampf die Rhetorik Gerhard Schröders erfolgreich ausgerichtet.
Seit dem Wahlsieg aber hat die SPD in Verbund mit den Grünen eingehend bewiesen, dass sie die sozialen Diskrepanzen in Deutschland entgegen den Interessen ihrer Stammwähler weit über den bislang bekannten Rahmen hinaus zu treiben gewillt und imstande ist. Schon bald nach ihrer Wahl haben nämlich Rot-Grün entscheidende, bis dahin undenkbare Politikwechsel vollzogen: Seit dem grundgesetz- und völkerrechtswidrigen, gegen das NATO-Statut und die UN-Charta verstoßenden Einsatz der Bundeswehr im Kosovo (der obendrein noch mit Lügen aus der alleruntersten antiserbischen Schublade legitimiert wurde, vgl. Der Kosovo, die UCK und Psychedelia à la Rudolf Scharping) steht die Bundeswehr für Kampfeinsätze im Ausland bereit. Die bis dahin paritätisch finanzierte Rente wurde teilprivatisiert. Und schließlich wurden in einem noch nie gekannten Ausmaß die Unternehmen von steuerlichen Verpflichtungen befreit. Die Konservativen (und die Liberalen) wurden daraufhin, da ihre Politik in einer gesteigerten Variante schon die Bundesregierung fabrizierte, weiter nach rechts gedrängt und konnten sich z.B. mit der Kampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft erfolgreich profilieren.
Nach einer Reihe von Landtagswahldebakeln für die SPD folgte überraschenderweise auf Bundesebene der knappe Sieg von Rot-Grün im letzten Jahr, dem als externe Helfer eine Flutkatastrophe und (aufgrund verschiedener, nach der Wahl ebenfalls nicht eingehaltener Zusagen Schröders u.a. auf dem Kongress der IG Metall am 15.6.02 in Leipzig) als politischer Partner die Gewerkschaften zur Hilfe kam. Auch in dieser Legislaturperiode wird der rasante Sozialabbau und der Umbau sozialer Sicherungssysteme unter dem Primat des Marktes nun in Verbindung mit der Agenda 2010 mit verschärften Mitteln in umfassenderem und tiefergreifendem Maße fortgesetzt: Die Bezugsdauer von Arbeitslosengeld wird herabgesetzt. Die Arbeitslosenhilfe wird auf den Stand der Sozialhilfe reduziert. Die Zumutbarkeitskriterien für Arbeit werden radikalisiert. Der Kündigungsschutz wird ausgehöhlt, das Recht auf freie Wahl von Wohnort und Arbeitsplatz stranguliert, das Rentenniveau verringert, das Rentenalter erhöht, die Gesundheitsversorgung und das Krankengeld zu Lasten der Versicherten teilprivatisiert, der Kündigungsschutz stufenweise abgebaut und die Tarifautonomie untergraben.
Der Sachzwang der "leeren Kassen"
Damit hat die SPD sämtliche Versprechen gebrochen, die sie im Wahlkampf gegeben hat. Versprechen mit denen sie letztlich die Wahl für sich entschieden hatte. Begründet wird dies in sämtlichen Medien und über die Fraktionen hinweg mit dem Sachzwang der "leeren Kassen". Davon aber, dass das riesige Haushaltsloch nicht der Überalterung der Bevölkerung, den explodierenden Kosten im Gesundheitswesen oder der unerträglich hohen Lohnnebenkosten, sondern massiven Steuererleichterungen für Unternehmen und Wohlhabende geschuldet ist (Schröder spricht selbst von einer Steuererleichterung von 56 Milliarden Euro), wird von den Medien nichts ins Blickfeld genommen.
So wurden Veränderungen in der Gewerbesteuer beschlossen, die dazu führten, dass gerade noch 20% der Unternehmen Gewerbesteuer zahlen. Aufgrund der Reform der Körperschaftssteuer haben 2001 die Finanzämter nicht nur nichts eingenommen, sondern mussten 426 Mio. zurückzahlen. Auch der Steuersatz wurde von 40% für einbehaltene und 30% für ausgeschüttete Gewinne auf 25% vermindert, Gewinne aus dem Verkauf von Unternehmensbeteiligungen müssen seit 2002 nicht mehr versteuert werden. Ein international agierender Konzern kann so eine Bemessungsgrundlage von Null schaffen, indem er reale Gewinne als Einnahmen aus Unternehmensverkäufen kaschiert. Außerdem sind die Veräußerungsgewinne jetzt steuerfrei. Der Spitzensteuersatz wurde von 53% (1990) auf 48,5% (2001) gesenkt (und soll weiter auf 42% gesenkt werden) ohne dass (wie vorher selbst von den Konservativen versprochen) auch nur ein Steuerschlupfloch - wie etwa Schiffsbeteiligung oder Medienfonds - weggefallen wäre.
Nach den Angaben von Gerhard Schröder belaufen sich somit die Steuergeschenke an Unternehmen und Wohlhabende auf die Summe von knapp 60 Milliarden Euro - kein Wunder, wenn da die Kassen leer sind.
"Ein großer Teil der Steuerausfälle war im Zuge der Steuerreform 2000 politisch gewollt und eingeplant", schreibt ver.di .
Durch das Steuersenkungsprogramm bei den Unternehmen sollten diese zu Investitionen angeregt, Wachstum und Beschäftigung stimuliert werden. Tatsache ist: Die Steuerreform bescherte den Unternehmen zwar einen reinen Geldsegen, verschlimmerte jedoch die Krise und die Arbeitslosigkeit. Um die Steuerausfälle wenigstens teilweise zu kompensieren, wird jetzt bei Arbeitslosen, Sozialhilfeempfängern und Rentnern eingespart (...). Das verschlechtert nicht nur die soziale Lage dieser Personengruppen, sondern mindert deren verfügbare Einkommen und würgt damit den privaten Konsum weiter ab. Hinzu kommt, dass die öffentliche Hand weniger Geld für Investitionen zur Verfügung hat, was sich insbesondere in den Kommunen verheerend auswirkt..
Der Wetten-dass-Kanzler
Nun könnte man meinen, dass die Steuerfreistellungen der Unternehmen dazu genutzt wurden, um am Standort Deutschland zu investieren. - Eine Milchmädchen-Rechnung unseres Wetten-dass-Kanzlers. Der Wirtschaftsjournalist Conrad Schuhler schreibt:
In den beiden Jahren mit großer Steuererleichterung haben die Unternehmen ihre Investitionen um jeweils 5% gesenkt. Die über Zusatzgewinne und Steuererleichterungen frei gewordenen Gelder stecken deutsche Unternehmen seit vielen Jahren lieber in den Kapitalexport als in Investitionen im eigenen Land, weil ihnen die Nachfrage zu gering ist. Die deutschen Unternehmen haben z.B. im Jahr 2000 mit 571,8 Milliarden Euro rund 130 Milliarden Euro mehr im Ausland investiert als in Deutschland selbst (...).
Darüber hinaus wurde die Realisierung eines weiteren Wahlversprechens, die Vereinfachung und Vereinheitlichung des deutschen Steuerrechts nicht einmal in Angriff genommen. (Deutschland hat eines der kompliziertesten Steuerrechtssysteme der Welt, wegen dem der Staatskasse weitere Milliarden entgehen, indem es wohlhabende Steuervermeidungskünstler begünstigt, wenn sie sich von Experten durch den Paragraphendschungel schleusen lassen. Hier finden sich z.B. unendlich viele Möglichkeiten, den Spitzensteuersatz zu vermeiden) Nach Hans Eichel ist aber eine Vereinfachung und Vereinheitlichung der rund 300 Gesetze und 70.000 Verordnungen (die sich mitunter widersprechen) nicht durchsetzbar, weil es sich hierbei um einen Kampf gegen alle Lobbyisten des Landes handelt, der seiner Meinung nach selbst einzeln kaum zu gewinnen wäre. Wieso also nicht bei den Lohnabhängigen, Rentnern, Kranken und Arbeitslosen ein wenig knapsen?
Noch nie waren in diesem Land Gewinne und Beschäftigungszahlen so weit auseinander wie heute: Noch nie war die steuerliche Belastung der Unternehmen so niedrig und die Arbeitslosigkeit so hoch. Und noch nie waren die gegen die Mehrheit der Bevölkerung gerichteten Spar- und Repressionsmaßnahmen so schlecht legitimiert. Z.B. steht die Argumentation für eine Teilprivatisierung der Rente aufgrund der Altersentwicklung auf mehr als nur tönernen Füßen: Zum einen lässt sich bezweifeln, ob wir angesichts einer stetig zunehmenden psychischen (und teils auch physischen) Belastung auch in Zukunft tatsächlich immer älter werden, zum anderen hat sich die Politik ja gerade auf die Fahnen geschrieben, Frauen und Arbeitslose unter allen Umständen in das Erwerbsleben zu integrieren, so dass diese dann als Einzahler für die Rentenkasse zur Verfügung stünden.
Man kann sich des Eindrucks kaum erwehren, als ob hierzulande zu der Einführung der rot-grünen "Sozialreformen" nicht genauso gelogen wird, wie bei der Legitimation des Irakkrieges in England und den USA (und kann dann wahrscheinlich froh sein, dass bei uns noch kein unabhängiger Sozialexperte über die Klinge springen musste). Ein anderes Beispiel: Bislang waren die Vermittlungsbemühungen der Personal-Service-Agenturen, die als Wunderwaffen im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit gepriesen wurden nicht unbedingt mit Erfolg gekrönt. Z.B. konnten die insgesamt 55 Agenturen in der Region Berlin-Brandenburg gerade mal 14 Arbeitslosen zu einem festen Job verhelfen .
Und letztendlich waren diese Vorkehrungen volkswirtschaftlich - von den Folgen für die Individuen einmal abgesehen! - noch nie so riskant wie in den Zeiten von Rot-Grün, weil sie allesamt die Binnennachfrage blockieren, Z.B. die Umorientierung von einer umlagefinanzierten Rente zum Kapitaldeckungsverfahren. Während nämlich bei der Umlagefinanzierung (d.h. die Vorsorgeverpflichtungen werden von der arbeitenden Generation zu den Rentenbeziehern direkt weitergegeben) das Geld im Konsumkreislauf verbleibt, wird es diesem beim Kapitaldeckungsverfahren (d.h. die Rentenanwärter zahlen in Fonds ein, von deren - möglicher aber nicht garantierter - Dividende sie im Rentenalter ihren Lebensunterhalt finanzieren sollen) entzogen.
Diese Mittel stehen der arbeitsmarktrelevanten Binnennachfrage nicht mehr zur Verfügung. Dies hat gravierende Konsequenzen, zumal zunächst ein ausreichender Kapitalstock angespart werden müsste, während gleichzeitig aus den selben Quellen die Umlagefinanzierung der laufenden Rente sichergestellt werden muss. So käme es über den gesamten Zeitraum des Ansparens (der immensen Summen wegen über Generationen hinweg) zu einer doppelten Belastung der Arbeitnehmer, die auf diesem Wege sowohl ihre eigene als auch die Altersversorgung der Vorgängergeneration zu sichern hätten.
Somit werden dem Binnenmarkt mit der Umstellung der paritätisch finanzierten auf die private Rente weitere Mittel verweigert - und das zu einer Zeit, wo der Mittelstand und die Arbeitnehmerschaft ohnehin mehr indirekte Steuern zu zahlen haben (wir erinnern uns: gerade die "Ökosteuer", von der freilich die besonders energieintensiven Industriesparten befreit sind, wurde schließlich zur "Gegenfinanzierung" der Renten eingeführt). Bislang war die sog. Riester Rente ein Flop (nur 15% der abhängig Beschäftigten haben eine solche abgeschlossen ) und profitiert haben in erster Linie die Versicherungen.
...und wenn sie nicht verhungert sind,...
Statt dessen erfährt man, dass sich der Bundeskanzler nicht über Steueroasen in der Karibik oder Verlegungen von Firmensitzen ins Ausland grämt, sondern sich mit der Nation über einen deutschen Sozialhilfeempfänger in Florida empört - während von der Bundesregierung dieses Jahr eine Amnestie (verbunden mit einem "Ehrenappell") für Steuerflüchtlinge und eine de facto Absenkung der Zinsabgeltungssteuer von 48,5% auf 25% beschlossen wurde, um illegal im Ausland geparktes Kapital wieder dem deutschen Fiskus zuzuführen - und dass Jürgen Peters dem "Traditionalisten-Flügel" der Gewerkschaften angehört, nur weil der mit der Mehrheit seiner Gewerkschaft und vielleicht auch noch mit zwei, drei anderen Menschen nicht hinnehmen will, dass die Sozialgesetzgebung Deutschlands hinter den Stand von Bismarcks Zeiten zurückfällt, während die Personen aus dem Arbeitgeberflügel, der genau dieses beabsichtigt, mitsamt ihren parteiübergreifenden Nick-Äffchen als schonungslose "Tabu-Brecher", kühne "Erneuerer" und mutige "Reformer" gelten.
Im Grunde genommen leben wir aber - trotz einer Politikerkaste, die es tatsächlich schafft, ausgerechnet nach einem Auftritt von Rudi Völler, der nicht nur den unsympathischen Wesenszug einer beleidigten Leberwurst, sondern auch einen Realitätsverlust Christoph Daumschen Ausmaßes offenbart, sich mit diesem solidarisch zu erklären und das genau zu einem Zeitpunkt, an dem sie dabei ist, Massen von Menschen in die Armut stürzen - in interessanten Zeiten: Das wirtschaftliche und damit verbunden das politische sowie das Sozialsystem befinden sich im Umbruch und noch ist nicht zu absehen, welchen Lauf die Entwicklung nehmen und wie die Welt in 20 bis 50 Jahren aussehen wird.
In dieser Entwicklung ist nicht viel mehr festgeschrieben, als dass sich die bürgerlichen Parteien mit einem vermutlich unüberwindlichen Dilemma konfrontiert sehen: Wenn sie weiter den Lebensstandard des Großteils der Bevölkerung dem Wirtschaftswachstum opfern, vergrößert sich die Schere zwischen arm und reich und es ist nicht unwahrscheinlich, dass dies letztendlich zu einer schweren Legitimationskrise führt; oder aber sie lassen die sozialstaatlichen Komponenten innerhalb der Warenwirtschaft bestehen und verschulden somit den Staat in einer für den Fortgang des Systems untragbaren Weise. Und klar ist noch dieses: Dass nichts mehr sicher ist und schon gar nicht die Positionen derer, die mit aller Übermacht der Medien versichern, dass es zu ihrem Tun, ihren Strategien und Theoremen keine Alternativen gibt.
Und es darf auch angezeigt werden, dass das bisherige Ende der Geschichte für das Gros der Weltbevölkerung nicht mehr nach einem Happy-End klingen muss: Sie waren unzufrieden und nicht glücklich, und wenn sie nicht verhungert sind, so darben sie noch heute.