Die beste Formel für den Erfolg

Technik und Abenteuer in der globalen Architektur

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In einer schon lange vergessenen Heldentat vor 70 Jahren flog der Oberst Ramon Franco, der jüngere Bruder des späteren spanischen Diktators, über den Südatlantik von La Rabida nach Buenos Aires und verband über den Luftweg zum ersten Mal die spanischen Länder der alten und der neuen Welt miteinander. Francos Leistung wurde in der spanisch sprechenden Welt mit einem Ausbruch der allgemeinen Begeisterung gefeiert, mit der auch im darauf folgenden Jahr Charles Lindberghs Flug von New York nach Paris begrüßt wurde und auf die 30 Jahre später noch immer die ersten Erdumrundungen von Yuri Gagarin trafen. Damals verglich man Franco mit Christoph Columbus und sein Flugzeug mit der Santa Maria - und diese Vergleiche waren nicht vordergründig. Der spanische Historiker Don Manuel de Siarot schrieb: "Wir können jetzt sehen, daß Don Quijote die Wissenschaft gelernt hat. Er kann die Phantasie zur Wirklichkeit machen, indem er Leben aus der Technik und dem Abenteuer schafft. Das ist wirklich die beste Erfolgsformel.

Wir können zwei Generationen später die "Erfolgsformel" leicht verstehen. Heute würde niemand mehr bestreiten, daß großräumige Düsenflugzeuge, Global Positioning Systeme und satellitengestützte Kommunikationsverbindungen die direkten Abkömmlinge des propellergetriebenen Flugschiffs und des Morseradios von Franco sind. Mit der Zeit hat sich die berauschende Mischung von Technik und Abenteuer weiter verbreitet. Nach den Flügen über große Entfernungen in den 20er Jahren dieses Jahrhunderts traten die Wissenschaftler, Chirurgen, Astronauten, Athleten und Designer der modernen Welt auf. Heute richtet sich die Bewunderung der Welt nicht mehr auf die Piloten von transatlantischen Fluglinien, sondern unsere großen Heroen sind globale Architekten, die so einzigartig sind wie Frank Gehry, Cesar Pelli, Sir Norman Foster oder Rem Koolhaas.

Die Luftfahrt und die elektronische Kommunikation haben seit langem das Problem gelöst, die fünf Kontinente zu einem einzigen vernetzten Ganzen zu verschmelzen. Die neue Aufgabe ist die Schaffung von neuen Identitäten für das Patchwork der alten und neuen Städte, die in dem Eine-Welt-Netzwerk der globalisierten Zukunft verwoben sind. Es ist kein Zufall, daß Frank Gehrys Museum in Bilbao wegen der von ihm geschaffenen neuen Identität ebenso überschwenglich gepriesen wurde wie der Flug von Oberst Franco. Ähnlich ist die neue Identität, die von den Petronas-Türmen und der Commerzbank geschaffen wurde, ein unschätzbares Geschenk.

In den Architekturzeitungen sehen wir jeden Monat Gebäude aus aller Welt, die nach der besten Formel für den Erfolg von Manuel de Siarot errichtet wurden. Wenn die abenteuerlichen Flüge der großen Luftfahrtpioniere die symbolischen Ereignisse am Beginn des Zeitalters der Globalisierung gewesen waren, so sind die Werke der heutigen globalen Architekten die Symbole seiner Reife.

Die heutige globale Architektur ist dezentralisiert und über Städte verstreut, die durch das Raum-Zeit-Kontinuum elektronischer Kommunikation verbunden sind. Weltarchitekten wie Foster, Pelli, Gehry, Nouvel oder Koolhaas können zwar mit schnellen Flugzeugen durch die Welt reisen, aber sie lassen Techniker in den Büros zurück, die mit Satellitenverbindungen über die Zeitzonen hinweg zusammenarbeiten. Ihre Kunden sind Regierungsbehörden und multinationale Unternehmen, deren Namen überall bekannt sind. Diese Kunden leben in einem globalen Universum. Sie schaffen, verkaufen oder verarbeiten Produkte und Dienstleistungen auf jedem Kontinent.

Die Kunden sind anspruchsvoll und verlangen über Nacht tiefgreifende Veränderungen. Um einer solchen plötzlichen Ungeduld gewachsen zu sein, hat der globale Architekt gelernt, ein ehrfurchtgebietendes Aufgebot an Brain Power zu mobilisieren. Was auch immer die Herausforderung sein mag, so kann eine Expertengruppe zu deren Lösung zusammengestellt werden. Das ist nicht nur ein Architektenteam, sondern das sind Bautechniker, Planer, Produktdesigner, Bauwirtschaftler, Rechtsexperten, Baugesetzanalysten, Immobilienentwicklungsstrategen, Kommunikationsexperten, Unterhändler, Visualisierer, Modellbauer und andere. Sie stehen alle nicht auf eine kurze Benachrichtung zur Verfügung, sondern sie sind organisiert, um ihre Dienste in einer Abfolge von der Strategie vor dem Baubeginn über erste Skizzen und detaillierte Pläne, Baugenehmigungen, Finanzierung, Baudurchführung bis hin zur Fertigstellung und Berichten nach der Fertigstellung anbieten. Und ebenso wie die neueste Linienmaschine von Boeing immer noch ein Flugzeug ist, wie es das primitive Flugschiff des Oberst Franco war, ist auch diese ganze vielfältige Kapazität noch Architektur. Durch Fachwissen, Erfahrung, Organisation und Genie schafft sie die Wegmarken einer neuen globalen Geographie mithilfe einer alten Kunstform.

Die 1997 erfolgte Umfrage zu den 500 Topfirmen in der Zeitschrift World Architecture ergab, daß es mindestens sechzehn voll globalisierte Architektenfirmen gibt. Alle zusammen setzen über 100 Milliarden US-Dollar um, und sechs von ihnen erzielen mehr als 50 Prozent ihrer Einnahmen außerhalb ihrer heimischen Märkte. Auch wenn die meisten eine starke nationale Präsenz aufrechterhalten, sind sie bereits seit langem ihren multinationalen Kunden ins Ausland gefolgt, haben Büros überall dort eingerichtet, wo es Aussichten gab, daß die Investitionen zu rechtfertigen sind, und die Synergie genutzt, die ein globales Netzwerk an Büros zur Aufteilung der sich ergebenden Arbeitsbelastung anbietet. Natürlich haben sie Hauptsitze, aber sie verfügen auch über halb-autonome Satelliten, die wie Asteroiden im Weltraum jeweils in einem eigenen Gravitationssystem verwurzelt sind.

Überraschend ist vielleicht, daß es auf dieser Ebene der Globalisierung eher weniger als mehr Konkurrenz gibt. Alle globalen Firmen, nicht nur die wichtigen Identitätserzeuger der Architektur, wurden durch die sich beschleunigende Geschwindigkeit der Kommunikation umgestaltet, die sich mit den Flugpionieren vor 70 Jahren angekündigt hatte. Heute können Bauten, die zuvor drei Jahren zur Realisierung benötigten, in zehn Monaten und weniger hergestellt und verbessert werden. Aber gleichzeitig ließ die Zusammenarbeit - nicht die Konkurrenz - die Aufstellung von Expertengruppen und die Aufteilung großer Aufträge zum Managen leichter werden. Technik und Abenteuer können in jedem großen Architekturprojekt stecken, aber beide werden durch die verborgene Vernetzung gesteuert, die alle Architekten verbindet.

Heute ist die Konkurrenz internalisiert, so daß die globalen Architekten miteinander zu konkurrieren scheinen, während sie in Wirklichkeit zusammenarbeiten. Während daher große globale Firmen die tiefen Gewässer in der Suche nach Monsterkommissionen durchqueren, versuchen sich kleinere lokale Firmen wie Pilotenfische nützlich zu machen. Durch Zusammenarbeit und Job-Sharing gewinnen alle. Das ist in der Tat die beste Formel für den Erfolg, von der der spanische Weise vor so vielen Jahren gesprochen hatte.

Aus dem Englischen übersetzt von Florian Rötzer