Die deutschen Rundfunkgebühren ab 2007

Überblick über die Gebührenpflichten durch den 8. Rundfunkgebührenstaatsvertrag

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Trotz heftigen und berechtigten Protesten sind ab 1. Januar 2007 nun auch PCs mit Internetzugang rundfunkgebührenpflichtig. Was hat dies in der Praxis für Folgen und wo dürfen überhaupt wirklich zusätzliche Rundfunkgebühren kassiert werden?

Die Drohung, Rundfunkgebühren speziell auf Datenfernübertragung, wie dies früher hieß, also auf Modems statt Fernsehern und Radios, kassieren zu wollen, auch wenn diese primär einen ganz anderen Zweck haben als darüber Radio zu hören und fernzusehen, lag seit 1996 in der Luft. Im Frühjahr 2005 wurde sie schließlich erfolgreich im achten Rundfunkgebührenstaatsvertrag zementiert, auch wenn immer noch Fernsehen über Internet im Büro als Kündigungsgrund zu gelten hat und auch das Radiohören über den Firmen-Internetanschluss normalerweise schon aus Kostengründen geblockt ist.

Hier werden nun auch für Internetanschlüsse Gebühren eingezogen (Bild: GEZ)

Lange reagierte jedoch niemand auf das bereits ziemlich geräuschlos in den Brunnen gefallene Kind: Erst im Sommer 2006 wurden die Medien schließlich auf das Problem aufmerksam, was dann zur Abkanzelung der Proteste als „demagogische Diskussion aus dem Sommerloch“ durch Dr. Markus Schächter, den Intendanten des Zweiten Deutschen Fernsehen, führte.

Immerhin wurde die Gebühr von der ursprünglich durch die GEZ angedachten Fernsehgebühr auf die vom Staatsvertrag auch nur abgedeckte Radiogebühr reduziert (Was zahlt man ARD und ZDF ab 2007 für den Zugang zum Internet?), allerdings im Gegensatz beispielsweise zur Schweiz keinesfalls auf explizite „Triple-Play“-Angebote beschränkt (Rob T-Online alone @ home) – nein, gerade der, der nicht spielen oder unterhalten werden will, sondern arbeitet, ist von der neuen „Vergnügungssteuer“ betroffen.

Der Internetzugang kostet nun Rundfunkgebühr

Die Folge: Wer nun der Oma eine E-Mail schicken will, muss dafür dümmstenfalls plötzlich monatliche Rundfunkgebühren zahlen – und Oma natürlich ebenso. Der Zugriff auf das Internet ist gebührenpflichtig geworden, das Internet gilt nun außerdem zwangsweise als Massenmedium. Absurd, denn es gibt auch Zeitungen und Zeitschriften, aber ebenso Briefe, doch es käme keiner auf die Idee, Papier deshalb nun als Massenmedium zu bezeichnen und darauf Gebühren zu kassieren.

Obwohl, hoppla, möglicherweise haben wir nun die Politiker, die uns auch die Internet-Rundfunkgebühr eingebrockt haben, auf eine dumme Idee gebracht – so manche düstere Zukunftsvision ist längst real geworden und wer weiß, ob man sich Überspitzungen und Satire bei diesem ernsten Thema nicht lieber verkneifen und lieber darauf hinweisen sollte, dass Papiernutzer sich laut Ansicht der GEZ weit besser zu benehmen wissen als Fernsehgucker

Um den drohenden Volksaufstand abzuwehren, haben ARD und ZDF sich geeinigt, für Computer mit Internetanschluss zunächst (man beachte: „zunächst“!) keine Fernseh-, sondern nur eine Radiogebühr zu kassieren, die auch in Unternehmen nur einmal fällig wird und nicht pro Gerät, wie bei Radios und Fernsehern. Wirkliche Änderung könnte erst der nächste Rundfunkgebührenstaatsvertrag in einigen Jahren bringen. Wer privat oder beruflich bereits mindestens ein Radio oder einen Fernseher angemeldet hat, muss also für den auf gleiche Art genutzten Computer nicht zusätzlich zahlen, was ARD und ZDF dann auch immer wieder lautstark betonen.

Die Rundfunkgebühr wird zur Telekommunikationssteuer

Wohl muss aber der ab 1. Januar 2007 zusätzliche Gebühren zahlen, der nur einen Computer mit Internetanschluss besitzt und kein Radio oder Fernsehen angemeldet hat. Ebenso der, der privat bereits Radio oder Fernsehen zahlt, den Computer aber in einem Arbeitszimmer beruflich nutzt oder beispielsweise in einem Jugendheim als Terminal aufstellt.

Es ergibt sich somit die absurde Situation, dass die Firma Siemens für ein Gebäude mit 10.000 PC-Arbeitsplätzen maximal eine zusätzliche Gebühr entrichten muss, falls sich in diesem Gebäude wirklich kein einziges angemeldetes Rundfunkgerät (Radio oder TV) befindet. Der Handwerker jedoch für seinen Büro-PC ebenso, auch wenn er für das Radio nebenan in der Privatwohnung bereits Rundfunkgebühren zahlt. Ein Büro mit vier selbstständigen Bildschirmarbeitern zahlt wiederum gleich viermal, auch wenn sie nur über einen gemeinsamen Internetanschluss arbeiten. Und auch der Arbeitslose, der sich mit gelegentlichem Webseitenbasteln legal ein Zubrot verdient, darf nun eine zweite Rundfunkgebühr zahlen.

Zukünftig wäre es auch rundfunkgebührenpflichtig: GEZ-Anmeldeterminal am Messestand der GEZ auf der Internationalen Funkausstellung (Bild: W.D.Roth)

Tatsächlich ist es gar nicht mehr möglich, auch nur die kleinste selbstständige Tätigkeit ohne Computer mit Internet-Zugang auszuüben, da die Steuererklärung bei Freiberuflern und Gewerbetreibenden mittlerweile online abzuliefern ist. Die Internet-Rundfunkgebühr verursacht also besonders ungerecht verteilte zusätzliche Kosten, auch wenn der Computer wirklich zum Arbeiten und nicht zum Vergnügen benutzt wird, was die Empörung bei den Betroffenen verständlich macht.

Die mittlerweile ziemlich unanschaulichen Gebührenregeln für Radios, Fernseher und Computer bei privater und beruflicher Nutzung in Deutschland kann man halbwegs verständlich so aufschlüsseln:

  1. Ein Radio kostet 5,52 Euro, ein Fernseher 17,03 Euro im Monat
  2. In einer Fernsehgebühr ist eine Radiogebühr bereits enthalten
  3. Ein Computer mit TV-Karte zählt als Fernseher
  4. Ein Computer mit Internetanschluss zählt als „neuartiges Empfangsgerät“ und ist zur Zeit in einer Radiogebühr (und damit auch einer Fernsehgebühr) bereits enthalten
  5. Ein CB-Funk-Gerät, ein Polizeifunkgerät, ein Handy oder ein Amateurfunkgerät sind gebührenfrei, wenn es keine Rundfunk- oder Fernsehbänder empfangen kann und keine Internetverbindung aufbauen kann. Andernfalls wird es entsprechend als Radio, Fernseher oder „neuartiges Empfangsgerät“ gebührenpflichtig.
  6. Ob ein reiner Fernsehtonempfang ein Gerät vom Radio zum Fernseher erhebt, ist fraglich
  7. Auch Videorekorder zählen als Fernseher, wenn sie einen funktionsfähigen Tuner enthalten
  8. Die Verwendung des Geräts ist unerheblich: Ein Fernseher, der im nur als Monitor zum Video ansehen benutzt wird, ist dennoch gebührenpflichtig, wenn der Tuner funktionstüchtig ist
  9. Die tatsächliche Empfangsmöglichkeit ist unerheblich: Auch ohne TV-Antenne und sogar ohne TV-Versorgung, z.B. in Tälern oder in reinen DVB-T-Gebieten, ist ein Fernseher oder Videorekorder mit Analogtuner fernsehgebührenpflichtig. Ebenso natürlich auch ein Gerät mit DVB-T-Tuner in einem nur analog versorgten Gebiet.
  10. Im Privathaushalt ist pro Bewohner nur eine Radio- oder Fernsehgebühr fällig, die dann auch Geräte im Auto enthält
  11. Die Geräte von Familienmitgliedern ohne eigenes Einkommen sind enthalten
  12. In Zweitwohnungen, Clubheimen, als Angestellter am Arbeitsplatz wird eine weitere Gebühr fällig
  13. In Firmen – ob für den Inhaber oder bei mitgebrachten Geräten von Angestellten – zählt jedes Gerät mit Ausnahme der „neuartigen Rundfunkgeräte“ einzeln, ebenso Autoradios, wobei jedem Fernseher ein Radio ohne Zusatzkosten zugerechnet werden kann, da die Fernsehgebühr eine Radiogebühr enthält
  14. „Neuartige Rundfunkgeräte“ zählen auch in Firmen nur einmal, aber wie bei Privatleuten gilt dies nur, solange sie auf einem Grundstück stehen und derselben Person/Firma gehören
  15. Tragbare Geräte erzeugen keine zusätzliche Gebührenpflicht, sofern sie nur gelegentlich auf ein anderes Grundstück verbracht werden, wohl aber, wenn sie dort dauerhaft stehen bleiben

Es kann sich also lohnen, aus den Geräten im Clubheim oder Firmen-Besprechungsraum die TV-Tuner auszubauen, wenn mit diesen definitiv kein normales Fernsehen empfangen werden soll. Bei einem Computer mit Internetzugang gibt es dagegen leider keine technische Möglichkeit, der Gebührenpflicht zu entkommen: Das Filtern der Websites von ARD und ZDF oder das Unterbinden des Audio- oder Video-Streamings hilft hier nicht weiter, da es nach Auffassung der GEZ zu leicht wieder rückgängig zu machen ist.

Allerdings haben die Rundfunkanstalten auch bereits zugegeben, dass es ihnen kaum möglich ist, nicht angemeldete Computer ausfindig zu machen, wenn der „Rundfunkgebührenbeauftragte“, der Kontrolleur, nicht ins Gebäude gelassen wird, wozu man keinesfalls verpflichtet ist. Eine Pflicht, aktiv Computer und Internetanschlüsse der GEZ zu melden, so wie bei Radios und Fernsehern („erst anmelden, dann einschalten“) existiert bislang ebenfalls noch nicht. Es ist jedoch damit zu rechnen, dass die GEZ-Schreiben im grünen Umschlag und die Kontrollen mit dem neuen Gesetz zunehmen und es beispielsweise ein Eigentor sein könnte, Fernsehen oder Radio scheinbar kostensparend online abmelden zu wollen.